Am Kopf oder am Bauch?
So streichelt man einen Hund richtig
Aktualisiert am 27.06.2025 – 12:49 UhrLesedauer: 5 Min.
Hunde begegnen uns fast überall. Da ist die Verlockung groß, die kuscheligen Vierbeiner auch mal zu streicheln. Doch das ist nicht immer angemessen.
Beim Verlassen des Hauses kommt einem der neue Nachbarhund freudig entgegen. Während er am Hosenbein schnüffelt, tätschelt man ihm liebevoll über den Kopf. Die Nachbarin grüßt zwar freundlich, aber nimmt den Hund zur Seite. War das Streicheln keine gute Idee? Vor allem niedliche Hunde mit flauschigem Fell verführen viele Menschen dazu, sie zu berühren, ohne den Besitzer zu fragen.
Dabei sollte man das Streicheln lieber unterlassen: „Eine fremde Person sollte nicht ohne Weiteres auf einen Hund zugehen und ihn anfassen wollen“, sagt Barbara Schöning, Fachtierärztin für Verhaltenskunde und eine der Autorinnen von „Hunde – alles, was man wissen muss“.
Da man bei einem fremden Hund nicht wisse, an welchen Körperstellen er gern oder ungern gestreichelt wird, könne er sich bedroht fühlen: „Ich weiß nicht, ob der fremde Hund das Anfassen als Bedrohung interpretiert, dann Angst bekommt und eventuell aggressiv reagiert“, sagt Schöning.
Daher sollten fremde Hunde nur beobachtet werden. Das fällt vielleicht schwer, aber „Hunde sind nicht auf dem Planeten, damit wir sie anfassen können“, sagt Justina Lempe, Gründerin der freien Hundeschule Berlin und Autorin von „Mein Hund – mein Freund: Das Trainingsbuch für Jugendliche“.
Auch wenn ein Hund im Park auf einen fremden Menschen zugeht, bedeute das nicht zwangsläufig, dass er gestreichelt werden möchte. Hunde seien einfach neugierig. Daher solle man auch dann vermeiden, ihn anzufassen: „Ich würde einen fremden Hund schnüffeln lassen und dann gegebenenfalls weitergehen“, sagt Schöning. Auch wenn man sich gut mit den Vierbeinern auskennt, sollte man das Streicheln lieber lassen oder zumindest den Besitzer vorher um Erlaubnis fragen.
Doch was mache ich als Besitzer, wenn jemand ungefragt meinen Hund tätschelt und ich das nicht möchte? Schöning rät zu folgender Erklärung: „Mein Hund schätzt es nicht, wenn er gestreichelt wird.“ Allerdings akzeptieren manche Menschen diese Begründung nicht. „Da würde ich einfach sagen: Mein Hund hat Flöhe oder er beißt“, sagt Rene Luczyk, Inhaber der Hundeschule „Pfotentreff“ in Olfen. Auch Schöning findet in diesem Fall eine Notlüge in Ordnung.
Wenn man zu Besuch bei Hundebesitzern ist, ist der Kontakt zu den Tieren länger, der Hund nach einiger Zeit vertrauter. Dann könnte man versuchen, den Hund vorsichtig zu streicheln. Man sollte aber unbedingt auf ein paar Signale achten: Wenn er berührt werden möchte, dann erkenne man es laut Schöning daran, dass der Hund einen entspannten Eindruck mache, besonders im Gesicht, sich vielleicht auch an den Menschen herandrücke. Beim Streicheln solle der Körper des Hundes unter der Hand locker sein.
Sei der Hund dagegen angespannt, sollte man ihn auf keinen Fall streicheln. Dies zeige sich zuerst durch ein angespanntes Gesicht, häufig auch durch einen leicht abgewandten Kopf, bevor dann auch der Körper angespannt wird. „Sobald die Hunde sich wegdrehen, wollen sie aus der Situation raus“, erklärt Rene Luczyk. Ein weiteres Signal für die Ablehnung der Streicheleinheiten sei es, wenn der Hund sein Gewicht auf die andere Seite verlagere.
Auch zugekniffene Augen, nach hinten gerichtete Ohren oder völlig regungslose Hunde seien kein gutes Zeichen: „Viele Hunde frieren auch ein, wenn ihnen etwas unangenehm ist“, sagt Justina Lempe. Das sei ein eindeutiges Zeichen, welches viele aber nicht sehen würden und sich dann wundern, warum der Hund plötzlich zuschnappe. Lempe empfiehlt Hundeliebhabern zu warten, bis der Hund selbst Kontakt zum Menschen aufnimmt.
Wenn man beispielsweise bei Hundebesitzern zu Besuch sei, könne man sich an den Tisch setzen und schauen, wie der Hund reagiert. Dieser könne dann unter den Tisch kriechen und sich langsam an den Menschen herantasten. Da die Signale des Hundes für Menschen ohne Hundeerfahrung und Kinder nicht gut zu erkennen sind, sollten sie besonders vorsichtig sein. Das gilt auch bei Welpen, die laut Luczyk und Lempe gerne mal in die Hand beißen. „Junge Hunde wollen lieber spielen“, erklärt Justina Lempe.