Ständiges Piepen, Pfeifen und Klingeln sind für Tinnitus-Betroffene oft extrem belastend. Was den Umgang mit den Ohrgeräuschen erleichtert.
Jeden Tag mit Ohrgeräuschen leben zu müssen, ist für Tinnitus-Betroffene eine enorme Herausforderung. Es gibt jedoch Strategien, die dabei helfen, besser mit den nervigen Tönen im Ohr umzugehen. Fünf Tipps, die den Umgang mit Tinnitus erleichtern können, möchten wir Ihnen vorstellen.
Der medizinische Fachbegriff „Tinnitus“ umfasst alle Formen von Ohrgeräuschen, die von Betroffenen wahrgenommen werden, ohne dass eine äußere Schallquelle vorhanden ist. Der Deutschen Tinnitus-Liga e. V. (DTL) zufolge hat jeder Vierte schon einmal Geräusche im Ohr wahrgenommen. Während sich der akute Tinnitus innerhalb von drei Monaten zurückbildet, begleitet die chronische Form Betroffene oft über viele Jahre hinweg. Etwa 250.000 Deutsche bekommen jährlich einen chronischen Tinnitus. Das Erleben von Tinnitus ist so individuell wie der Betroffene selbst. Manche hören die Ohrgeräusche nur sehr leise, andere sehr laut.
Während der leise, eher unauffällige Tinnitus von den Betroffenen oft gut ausgeblendet werden kann, ist der schwere Tinnitus ein belastender Dauerbegleiter. Rund 1,5 Millionen Menschen hierzulande leiden laut der DTL sehr unter ihren Ohrgeräuschen. Die ständigen Töne im Ohr schränken die Lebensqualität stark ein. Betroffene können oft nicht schlafen, sind in ihrer Konzentration deutlich beeinträchtigt oder sogar psychisch stark belastet. Stark ausgeprägter Tinnitus kann unter anderem Angstzustände und Depressionen begünstigen.
Experten unterteilen Tinnitus in verschiedene Schweregrade – abhängig vom Leidensdruck der Betroffenen. Bei einem kompensierten Tinnitus nimmt die betroffene Person die Ohrgeräusche zwar wahr, fühlt sich von ihnen in ihrem Alltag aber nicht oder nur gering beeinträchtigt. Bei dem dekompensierten Tinnitus verspürt die betroffene Person einen erheblichen Leidensdruck und fühlt sich durch die Ohrgeräusche stark beeinträchtigt. Je stärker der Tinnitus in das Leben eingreift, desto wichtiger sind Unterstützungsangebote, die dabei helfen, die Aufmerksamkeit von den Ohrgeräuschen abzulenken. Fünf Hilfen im Umgang mit Ohrgeräuschen.
Sind Betroffene von Tinnitus stark belastet, empfiehlt sich die therapeutische Begleitung im Rahmen einer kognitiven Verhaltenstherapie. Die kognitive Verhaltenstherapie ist die Behandlung der Wahl bei belastendem Tinnitus. Die Verhaltenstherapie verfolgt den Ansatz, dass die Belastung weniger von der Lautstärke der Ohrgeräusche abhängt als davon, wie man damit umgeht. Im Rahmen der Therapie lernen Betroffene, die Geräusche besser in ihr Leben zu integrieren, und erfahren Unterstützung auf dem Weg hin zu einem stabileren Umgang mit dem Tinnitus.
Sie entwickeln Bewältigungsstrategien, die zu ihren Bedürfnissen passen, und erfahren dadurch Selbstwirksamkeit. Das hilft, Gefühle wie Hilflosigkeit, Kontrollverlust und Angst zu lindern. Auch gibt die Therapie Halt, wenn die Belastung durch die Geräusche im Ohr besonders intensiv ist und dadurch das Risiko für Angststörungen und Depression steigt.
Die Tinnitus-Bewältigungs-Therapie (TBT) hat das Ziel, den durch die Ohrgeräusche hervorgerufenen Stress zu lindern. Die TBT setzt an der Tinnitus-Gewöhnung (Habituation) an und fördert die Akzeptanz und damit das mögliche „Vergessen“ des Tinnitus. Zugleich werden Ablenkungsstrategien und Methoden zur Stressbewältigung vermittelt. Die TBT ist in der Patientenleitlinie „Chronischer Tinnitus“ als Hilfe zur Selbsthilfe bei Tinnitus empfohlen. Eine Tinnitus-Bewältigungs-Therapie könne „die Habituation des Ohrgeräusches verbessern, jedenfalls bei längerfristigem Einsatz“. Das sogenannte Tinnitus-Counseling umfasst:
- Aufklärung und Beratung der Betroffenen zu Tinnitus
- Erarbeitung von Bewältigungsstrategien zum Umgang mit den Ohrgeräuschen
- Abbau von Stress und Unsicherheiten
- Neuorientierung und Einstellungsänderung
- Übungen zur Aufmerksamkeitslenkung und Achtsamkeit
- Wahrnehmungstraining
- Akzeptanztraining
Ebenso empfiehlt die Tinnitus-Patientenleitlinie die Teilnahme an Selbsthilfegruppen. Die damit verbundene Anleitung zur Selbsthilfe sei für viele Betroffene ein wirksames und unterstützendes Moment der Behandlung. Durch den Austausch finden Betroffene Hilfe und Halt. Sie erfahren: Anderen ergeht es ähnlich wie mir – ich bin nicht allein. Ebenso können sich Betroffene gegenseitig darüber austauschen, welche Methoden ihnen helfen, besser mit dem Tinnitus umzugehen. Die Akzeptanz des Tinnitus nimmt zu, wenn Betroffene in einem stützenden Netzwerk unterwegs sind.
Betroffene berichten immer wieder, dass ihnen Entspannungstechniken wie Meditation, Qigong, Yoga oder Progressive Muskelentspannung guttun. Auch wenn wissenschaftliche Belege zur Wirksamkeit derzeit fehlen, können Entspannungsverfahren einen Versuch wert sein. Sie können stresslindernd wirken, Unruhe dämpfen und das innere Gleichgewicht unterstützen. Da Meditation in Stille oft als zu belastend empfunden wird, können wohltuende Klänge zur akustischen Stimulation eingesetzt werden. Sie lenken die Aufmerksamkeit vom Ohrgeräusch weg. Das können Entspannungsmusik, ein Zimmerbrunnen, eine Klangschale oder Naturgeräusche wie Vogelzwitschern, Meeresrauschen, Bachplätschern oder Regenprasseln sein.