Koalitionsbildung

Die Duz-Partner – Merz und Klingbeil zum Gelingen „verdammt“

Aktualisiert am 04.04.2025 – 05:05 UhrLesedauer: 4 Min.

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Vielleicht bald Vize und Kanzler?: Die Vorsitzenden von SPD und CDU, Lars Klingbeil und Friedrich Merz. (Archivbild) (Quelle: Michael Kappeler/dpa/dpa-bilder)

Jahrzehnte war die große Koalition ein Sonderfall in der bundesdeutschen Geschichte. Nun schmieden Union und SPD das fünfte gemeinsame Bündnis. Entscheidend ist auch das Verhältnis der Frontleute.

Eine Grundlage für die absehbare schwarz-rote Koalition ist gelegt: Friedrich Merz und Lars Klingbeil als wohl wichtigste Eckpfeiler sind nun per Du. „Wir wollen gar nicht beste Freunde werden, aber ein Vertrauensverhältnis ist gerade dabei zu wachsen“, sagte der SPD-Vorsitzende in der ARD-Sendung von Caren Miosga. Merz und Klingbeil schicken sich an, das fünfte Bündnis von Union und SPD zu schmieden, das fünfte Mal wären die Sozialdemokraten dabei die Juniorpartner.

Vor ein paar Wochen war schwer vorstellbar, dass beide zueinander finden. Im Wahlkampf hatten sie sich nichts geschenkt. Vor allem der Vorstoß von Merz, im Parlament beim Thema Migration auch eine Mehrheit mit der AfD zu suchen, erboste Klingbeil. Merz spalte die demokratische Mitte und begehe einen „Tabubruch“, kritisierte er damals. „Die Gräben zwischen Union und SPD sind tiefer geworden.“ Nun sagte der SPD-Chef in der ZDF-Sendung „Maybrit Illner“: „Wir haben diese Dinge klären können. Und das ist für mich das Entscheidende.“

Erstmals kamen Union und SPD 1966 zu einer – damals noch großen – Koalition zusammen. Für Jahrzehnte blieb das die Ausnahme. Die Ursache war ähnlich gelagert wie zuletzt. Das christlich-liberale Bündnis unter Kanzler Ludwig Erhard (CDU) war am Streit über die Finanzpolitik in einer Wirtschaftskrise zerbrochen. Neuer Kanzler wurde Kurt Georg Kiesinger (CDU), Vizekanzler und Außenminister Willy Brandt. Für den SPD-Politiker war das Außenamt das Sprungbrett für mehr. Nach der Bundestagswahl 1969 zog Brandt ins Kanzleramt ein.

Es dauerte 36 Jahre bis zu einer Neuauflage von Schwarz-Rot. 2005 lag die Union äußerst knapp vor der SPD. Die neue Regierungsachse bildeten Angela Merkel als Kanzlerin und Franz Müntefering als Vizekanzler. Zur Mitte der Legislaturperiode zog sich Müntefering aus der Regierung zurück, um mehr Zeit für seine kranke Frau zu haben. Den Vizekanzlerposten übernahm Außenminister Frank-Walter Steinmeier. Mit beiden Sozialdemokraten kam Merkel gut aus, auch wenn es am Ende der Legislaturperiode Konfliktpunkte gab. Schließlich wollte Steinmeier – im Herbst 2008 zum SPD-Kanzlerkandidaten gekürt – Merkel beerben. Es misslang.

Der FDP bekamen die Regierungsjahre von 2009 bis 2013 schlecht, sie flog aus dem Bundestag, und Merkel machte wieder mit der SPD gemeinsame Sache. Vizekanzler wurde SPD-Chef Sigmar Gabriel. Auch das Verhältnis der beiden war durch ein Grundvertrauen geprägt. Später lobte Gabriel mal, Merkel sei ein „feiner Mensch“. Er hob ihre Kollegialität hervor, bemängelte aber auch eine Sprunghaftigkeit der Chefin. Kanzlerkandidat aus dem Regierungsamt heraus wurde Gabriel nicht. Er verzichtete, Martin Schulz trat 2017 gegen Merkel an – und verlor.

Nach der Bundestagswahl 2017 war Schwarz-Rot nicht die erste Wahl. Wochenlang bemühten sich Union, Grüne und FDP, ein neuartiges Bündnis, eine sogenannte Jamaika-Koalition, zu bilden. Die Liberalen stiegen aus den Gesprächen mit einem Knall aus (FDP-Chef Lindner: „Es ist besser, nicht zu regieren, als falsch zu regieren.“). Mühsam rangen sich Union und SPD durch, wieder miteinander zu regieren. Merkel ging in ihre vierte Amtszeit, Olaf Scholz wurde Finanzminister und Vizekanzler. Aus dieser Position schaffte er es 2021 schließlich ins Kanzleramt.

Wichtig für die Regierenden ist auch, dass die jeweiligen Fraktionsvorsitzenden gut miteinander harmonieren. Zwar gilt der legendäre Spruch des einstigen SPD-Fraktionschefs Peter Struck, wonach kein Gesetz den Bundestag so verlässt, wie es eingebracht wird – das sogenannte Strucksche Gesetz. Gleichwohl müssen sie im Maschinenraum der Politik dafür sorgen, dass kein Sand ins Regierungsgetriebe kommt.

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