„Tag der Arbeit“
Die blutige Geburtsstunde eines Feiertags
Aktualisiert am 29.04.2024 – 11:10 UhrLesedauer: 4 Min.
Der 1. Mai – auch „Tag der Arbeit“ oder Maifeiertag genannt – ist in Deutschland ein gesetzlicher Feiertag. Seine politischen Wurzeln hat er allerdings in den USA.
Das Wichtigste im Überblick
Nicht nur in Deutschland, sondern auch in vielen anderen Ländern weltweit – von Argentinien bis Zimbabwe, von der Türkei bis Tansania – gibt es den „Tag der Arbeit“ am 1. Mai. In vielen Staaten ist er zudem ein gesetzlicher Feiertag.
Ursprung 1. Mai: Schlechte Arbeitsbedingungen
Sein Ursprung geht zurück auf die US-amerikanische Arbeiterbewegung. Am 1. Mai 1886 riefen Handel- und Arbeitergewerkschaften zu einem mehrtägigen Generalstreik auf. Hauptgründe waren die schlechten Arbeitsbedingungen und die miese Bezahlung der Industriearbeiter.
Dass die Aktion auf diesen Termin gelegt wurde, war allerdings kein Zufall. Am 1. Mai, dem sogenannten „Moving Day“, liefen in den USA traditionell alte Arbeitsverträge aus und es wurden neue geschlossen.
Achtstündiger Arbeitstag
Hauptsächlich ging es den Streikenden darum, dass die tägliche Arbeitszeit auf acht Stunden verkürzt wird. Dafür kämpfte die Arbeiterbewegung in den USA bereits seit den 1860er-Jahren. Damals gelang es den Gewerkschaften zwar, die Arbeitszeit von dreizehn auf zehn Stunden zu verkürzen.
Dennoch malochten die Arbeiter weiterhin unter schlechten Bedingungen für das Land, das in der zweiten Welle der Industrialisierung zur weltweit führenden Wirtschaftsmacht aufstieg. Um den Achtstundentag endgültig durchzusetzen, beteiligten sich am ersten Tag des Generalstreiks in den USA rund 400.000 Beschäftigte aus 11.000 Betrieben. Ein Kundgebungsort war die Arbeiterstadt Chicago.
Bombenexplosion in Chicago
Am dritten Streiktag – es war der 3. Mai 1886 – kam es dort am Chicagoer Haymarket Square bei einer Kundgebung zu einem blutigen Zwischenfall. Nach offiziellen Angaben warfen Anarchisten und linke Radikale eine Splitterbombe auf Polizeibeamte. Das Chaos brach aus. Die Polizei eröffnete das Feuer. Einige Demonstranten schossen zurück.
Am Ende des Tages waren sieben Polizisten und mindestens vier Arbeiter tot sowie Dutzende verletzt. Der Zwischenfall hatte ein juristisches Nachspiel. In einer Gerichtsverhandlung, der sogenannten „Haymarket Affair“, wurden sieben Todesurteile gegen die Anführer gefällt, vier wurden vollstreckt.
Das blutige Ende des Streiks führte letztendlich doch dazu, dass ein Teil der Forderungen umgesetzt wurde. Seit dem 1. Mai 1890 haben die US-Amerikaner nach acht Stunden Arbeit frei.
Demonstrationen in Berlin, Dresden und Hamburg am 1. Mai
Nach dem Haymarket-Zwischenfall von 1886 wurde der 1. Mai zum Kampftag für den Achtstundentag – auch in Europa. In Deutschland beteiligten sich 1890 bereits rund 100.000 Arbeiterinnen und Arbeiter an den Demonstrationen, zum Beispiel in Berlin, Dresden und Hamburg – trotz des sogenannten „Sozialistengesetzes“.
Das seit 1878 gültige Dekret verbot sozialistische, sozialdemokratische und kommunistische Versammlungen, bei denen die soziale Lage angeprangert und das politische System infrage gestellt wurde.
In Hamburg kam es zu einem besonders hart geführten Streik, an dem sich zeitweise bis zu 20.000 Arbeiter beteiligten. Er zog sich bis in den Sommer 1890 hin, jedoch ohne dass die Forderungen nach einem Achtstundentag durchgesetzt werden konnten.
Gesetzlicher Feiertag in Deutschland
In den folgenden Jahrzehnten engagierte sich die Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD) dafür, den 1. Mai als gesetzlichen Feiertag durchzusetzen. Im April 1919 war es schließlich so weit: Die Nationalversammlung der Weimarer Republik erklärte den „Tag der Arbeit“ erstmals deutschlandweit zum gesetzlichen Feiertag – allerdings nur für das geltende Jahr.