Arbeitsminister Heil will Hunderttausende Ukrainer schnellstmöglich in Arbeit bringen. Vier Monate nach der Ankündigung fällt die Bilanz des „Jobturbos“ aber recht mager aus. Dafür gibt es Gründe.

An großen Worten mangelte es nicht, als Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD) im vergangenen Herbst versprach: Hunderttausende ukrainische Kriegsflüchtlinge sollen schon bald reguläre Arbeit aufnehmen. Damit sollen auch Kosten beim Bürgergeld gespart werden. „Jobturbo“ nannte Heil sein Vorhaben, es sollte also schnell gehen.

Die Idee: Sobald die geflohenen Ukrainer ihre Sprach- und Integrationskurse absolviert haben, sollen ihnen die Jobcenter verstärkt Stellen anbieten – die die Unternehmen auch für jene Menschen schaffen sollten, die noch nicht perfekt Deutsch sprechen. Auf diese Weise, hieß es am 18. Oktober, dürften rund 200.000 Menschen schon bald eine Arbeit finden.

Exakt vier Monate und neun Tage später jedoch fällt die bisherige Bilanz recht mager aus. Der Januar-Bericht der Arbeitsagentur zeigt, dass unter den ukrainischen Flüchtlingen die Abgänge aus der Arbeitslosigkeit seit Oktober kaum zugenommen haben. Sie pendeln demnach konstant um einen Wert von rund 3.200 Menschen pro Monat. Und da im vergangenen Jahr noch einmal rund 50.000 Ukrainer mehr in Deutschland angekommen sind, ist die Abgangsquote im Januar sogar noch gesunken: Bei den Männern von 3,4 Prozent auf 2,4 Prozent, bei den Frauen von 1,7 Prozent auf 1,2 Prozent.

Heil: „Wir sind ja nicht in einer Planwirtschaft“

Heils Mission ist deshalb auch Erwartungsmanagement, als er am Dienstagmorgen die Hauptstadtpresse in den verschlafenen Berliner Ortsteil Mariendorf einlädt. Ort des Geschehens: ein Rewe-Supermarkt, wo zwei Ukrainerinnen jüngst eine Anstellung gefunden haben.

Heil schüttelt Hände, grüßt Kunden und Mitarbeiter, nimmt sich viel Zeit, um mit der 60-jährigen Olena Antonova und Anhelina Kirnadz, 27 Jahre, zu sprechen. Er will verstehen, was noch besser laufen kann, wo es noch hakt. Auch Daniela Büchel, Personalvorständin der Rewe-Gruppe, hört er aufmerksam zu, lächelt, nickt freundlich.

Das alles aber täuscht kaum darüber hinweg: Der Minister wirkt zerknirscht. Zwar hätten seit Kriegsbeginn insgesamt rund 160.000 Flüchtlinge in Deutschland eine Arbeit aufgenommen, sagt er anschließend, aber: „Ich bin nicht zufrieden mit der Integrationsquote, die wir haben.“

Heil wirbt deshalb um Geduld. „Wir brauchen ein bisschen Zeit, um auch Erfolge zu sehen.“ Wann er mit diesen rechne? „Im Sommer können wir eine Zwischenbilanz ziehen“, sagt Heil. Davor seien Wasserstandsmeldungen wenig hilfreich, nicht alle Faktoren ließen sich direkt beeinflussen, „wir sind ja nicht in einer Planwirtschaft“.

Fehlende Kitaplätze, schlechte ÖPNV-Anbindung

Was der Arbeitsminister damit auch meint: Ein Grund dafür, dass der Turbo nicht so schnell zündet, ist die maue Konjunktur. Weil die Wirtschaft schwächer ins Jahr gestartet ist als erwartet, gibt es in den Unternehmen weniger neue Jobs als gedacht.

Allerdings ergeben sich an anderer Stelle Hürden, von denen Rewe-Vorständin Büchel berichten kann. „Die Zusammenarbeit mit den Jobcentern läuft zwar gut, wir als großer Arbeitgeber haben auch einen eigenen Ansprechpartner an der Spitze der Bundesagentur für Arbeit“, sagt sie. „Oft liegen die Probleme aber auch in den Kommunen.“

Konkret gehe es etwa um die Anbindung von Lagerhäusern, in denen insbesondere Menschen ohne viel Deutschkenntnisse leicht eingesetzt werden können. „Da fährt aber nicht immer ein Bus hin“, so Büchel. Ein weiteres Hindernis sei – neben fehlendem Wohnraum in der Nähe der Arbeitsstellen – der Mangel an Kitaplätzen. „Gerade für die vielen geflüchteten Frauen, die sich um kleine Kinder kümmern müssen, ist das echt schwierig.“

„Ich will die Sprache noch besser lernen“

Wie wichtig ein Job trotz allem ist, zeigt das Beispiel von Olena Antonova. In ihrer Heimat war sie Diplom-Ingenieurin, heute sitzt sie bei Rewe an der Kasse, hat damit auch viel Kundenkontakt. Antonova spricht schon gut Deutsch, sagt dennoch: „Ich will die Sprache noch besser lernen, das geht auf der Arbeit leichter als nur im Sprachkurs.“

Heil findet diesen Punkt besonders wichtig, nicht zuletzt mit Blick auf die Unternehmen. An sie appelliert er, die Erwartungen ans Sprachniveau zurückzuschrauben: „Natürlich ist es wichtig, dass man im Arbeitsleben Deutsch kann. Aber es es muss kein perfektes Deutsch sein.“

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