„Obwohl der Angeklagte im Auftrag seiner Vorgesetzten gehandelt hatte, war sein Handeln weder nach bundesdeutschem Recht noch nach dem damals in Ostdeutschland geltenden Recht gerechtfertigt“, sagte der leitende Richter vor Gericht.

„Vielmehr ging es dem Angeklagten darum, die Staatsdoktrin der DDR zu erfüllen, nämlich die Ausreise von Bürgern der DDR und ihrer sogenannten Bruderstaaten um jeden Preis zu verhindern“, fügte der Richter hinzu.

Das Urteil ist das erste Mal seit dem Fall der Berliner Mauer, dass ein ehemaliger Stasi-Agent des Mordes für schuldig befunden wurde. Es sei jedoch nicht zu erwarten, dass das Urteil eine Welle ähnlicher Fälle im Zusammenhang mit Stasi-Vergehen einläuten werde, sagte Michael Kubiciel, Professor für Strafrecht an der Universität Augsburg.

„Ich gehe davon aus, dass die Ermittlungen in anderen Fällen bereits abgeschlossen sind, und erwarte daher nicht, dass sich aus diesem Urteil neue Verfahren ergeben.“

Mehr als 100.000 Ostdeutsche versuchten zwischen 1961 und 1988 nach Westdeutschland zu fliehen. Mehr als 600 von ihnen kamen dabei ums Leben, oft wurden sie von ostdeutschen Grenzsoldaten erschossen.

Wenige Wochen nachdem Martin N. Kukuczka erschossen hatte, ehrte ihn der DDR-Staat für die „Unschädlichmachung“ des Opfers.

Dokumente, die in Stasi-Archiven aufgetaucht seien, seien für die Urteilsfindung von wesentlicher Bedeutung gewesen, hieß es in einer Stellungnahme des Gerichts.

Das Opfer hatte zuvor versucht, mit einer gefälschten Bombe zur polnischen Botschaft in Ostberlin aus Ostdeutschland zu fliehen. Später wurden ihm Ausreisepapiere ausgehändigt und er wurde zum Grenzübergang gefahren, schaffte es aber nie auf die andere Seite.

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