Die Inflation in Deutschland sinkt. Doch die wirtschaftliche Prognose ist durchwachsen. Mehr noch: Andere Länder mit höherer Teuerungsrate stehen deutlich besser da.
Die Teuerungsspirale scheint endgültig durchbrochen zu sein. Mehrere Monate in Folge ist die Inflationsrate in Deutschland gesunken, im März erreichte sie mit 2,2 Prozent den niedrigsten Stand seit drei Jahren. In der Eurozone sank die Inflationsrate im selben Zeitraum auf 2,4 Prozent und damit stärker, als Experten erwartetet hatten.
Doch zum Aufatmen in der deutschen Wirtschaft reicht das nicht. Denn während Experten zwar mit einem weiteren Rückgang der Teuerungsrate in den kommenden Monaten rechnen und auch der Zielkorridor der Europäischen Zentralbank von zwei Prozent damit in greifbare Nähe rückt, sind die wirtschaftlichen Prognosen für Deutschland alles andere als rosig. Gleichzeitig rechnet die Industriestaatenorganisation OECD mit einem jährlichen Wirtschaftswachstum von gerade einmal 0,3 Prozent. Andere Prognosen fallen sogar noch niedriger aus. Im direkten Vergleich steht Deutschland deutlich schlechter da als Länder mit höheren Inflationsraten.
„Die deutsche Wirtschaft ist wie gelähmt. Im Vergleich zu anderen großen europäischen Ländern fällt Deutschland spürbar ab“, schreibt das ifo-Institut in seiner Frühjahrsprognose. Noch deutlicher ist der Unterschied im Vergleich zu den USA.
USA stehen besser da
Dort lag die Inflationsrate im Februar bei 3,2 Prozent. Prognosen gehen aber davon aus, dass sie im laufenden Jahr noch deutlich steigen wird. Gleichzeitig sieht es bei anderen ökonomischen Kennzahlen für die USA spürbar besser aus als in der EU und vor allem in Deutschland. So rechnet die OECD für die USA mit einem Wirtschaftswachstum von 2,1 Prozent in diesem Jahr.
Der Inflation Reduction Act (IRA), das von US-Präsident Joe Biden eingeführte Förderprogramm zur Ankurbelung der heimischen Wirtschaft, macht somit in den Augen vieler Wirtschaftsbosse einen entscheidenden Unterschied. Das führt dazu, dass Unternehmen, die auch in den USA aktiv sind, genau über die Verteilung künftiger Investitionen nachdenken.
Das trifft zwar Firmen aus ganz Europa, aber besonders deutsche Unternehmer fanden zuletzt deutliche Worte. Zum einen besteht zwischen Deutschland und den USA ohnehin ein enger Austausch. Investitionen können also ohne Weiteres in bestehende Werke deutscher Unternehmen in den USA und den Ausbau der dortigen Infrastruktur getätigt werden.
Hinzu kommen laut vielen Unternehmen noch andere Wettbewerbsnachteile: Etwa die weiterhin vergleichsweise hohen Energiepreise in Deutschland, die vor allem produzierende Unternehmen treffen. Und auch der zwar immer wieder von der Politik versprochene, bislang aber kaum spürbare Bürokratieabbau. „Während die europäische Förderung oft in der berüchtigten Bürokratie der Förderanträge untergeht, punkten die USA mit ihrem effizienten Pragmatismus“, sagte etwa RWE-Chef Markus Krebber dem „Handelsblatt“.
Trump dürfte an Förderprogrammen festhalten
In den USA stünden unternehmerische Chancen im Vordergrund, zitiert das „Handelsblatt“ Krebber weiter. Europa hingegen neige dazu, Technologien zu bestrafen, die als nicht grün genug angesehen werden. In den USA hingegen profitiert RWE bei all seinen Projekten zu erneuerbaren Energien direkt vom IRA. Belohnung statt Bestrafung, Chancen statt Verbote, so fassen auch andere Wirtschaftsbosse die Mentalitätsunterschiede zusammen.
Trotz der anstehenden Präsidentschaftswahl in den USA gehen Experten davon aus, dass das Förderprogramm weitergeführt werden wird – unabhängig davon, ob Biden Präsident bleibt oder Donald Trump die Wahl gewinnt. Denn bisher gingen die meisten Fördermittel in traditionell republikanische Staaten. Diese Unterstützung wird Trump seinen Wählern im Falle eines Wahlsieges wohl kaum direkt wieder entziehen wollen.
Für die deutsche Wirtschaft hingegen könnte die Wahl von Trump doppelt teuer werden. Eine Studie des arbeitgebernahen Instituts der deutschen Wirtschaft (IW) kommt zu dem Schluss: „Seine geplanten Zölle auf Importe könnten über eine vierjährige Amtszeit gerechnet insgesamt einen Verlust von bis zu 150 Milliarden Euro für die deutsche Wirtschaft bedeuten.“