Am heutigen 30. September wäre Udo Jürgens 90 Jahre alt geworden. Der Künstler, der Millionen begeisterte, musste einst um sein Ansehen fürchten. Erinnern Sie sich?

Dass die sterblichen Überreste von Udo Jürgens erst fast ein halbes Jahr nach seinem Tod am 21. Dezember 2014 beigesetzt wurden, hat mit seinem Grabstein zu tun. Und mit der Eigensinnigkeit eines Ausnahmekünstlers, der immer mehr sein wollte als ein seichter Schnulzensänger.

Der Entertainer war an einem Sonntagnachmittag bei einem Spaziergang mit seinem persönlichen Assistenten Billy Todzo und seinem Hund Lucky urplötzlich zusammengebrochen. Nach erfolglosen Wiederbelebungsmaßnahmen wurde er im Krankenhaus seines letzten Wohnortes Münsterlingen im schweizerischen Kanton Thurgau für tot erklärt.

Nach seinem Tod ging die Asche des österreichischen Superstars auf eine letzte Tournee. Im Januar 2015 wurde die Urne in Wien, Zürich und Berlin aufgestellt, um seinen Fans die Möglichkeit zu geben, sich persönlich von ihm zu verabschieden. Zu diesem Zeitpunkt war Jürgens‘ hinterbliebene Familie bereits damit beschäftigt, dem letzten Willen des Sängers auf angemessene Weise entgegenzukommen. Dieser wollte unter keinen Umständen seine letzte Ruhestätte unter der Erde finden. Auch nach seinem Ableben wollte er Teil des oberirdischen Weltgeschehens bleiben.

Diesem letzten Wunsch kam maßgeblich sein jüngerer Bruder Manfred Bockelmann nach. Der in Österreich sehr bekannte Maler und Fotograf entwarf eine Grabstätte, die dem Wunsch des Bruders Rechnung tragen und zudem dessen Status eines deutschsprachigen Weltstars monumental verdeutlichen sollte.

Bei der offiziellen Beisetzung am 9. Mai 2015 auf dem Wiener Zentralfriedhof wurde klar, warum unterdessen fast sechs Monate vergangen waren. Die Umsetzung des Grabstättenentwurfs durch den renommierten Bildhauer Hans Muhr hatte eben seine Zeit gebraucht. Dabei handelte es sich um die rund sechs Tonnen schwere Skulptur eines mit einem Tuch verhüllten Konzertflügels, dessen Flanke der goldene Namenszug „Udo Jürgens“ ziert. In der Mitte des Marmorblocks ist die Urne eingelassen und findet somit wie erbeten oberirdisch ihre letzte Ruhestätte.

Während sich an der ästhetischen Bewertung der marmornen Gruft die Geister schieden, schlug eine weitere Kuriosität um das Legendengrab mediale Wellen, die bei dem verstorbenen Künstler vermutlich für Amüsement und Genugtuung gesorgt hätte.

Wie „Bild“ seinerzeit berichtete, fand sich bereits bei der Beisetzung auf einer dem Marmorflügel vorgesetzten Grabplatte eine falsch zitierte Textzeile des Udo-Jürgens-Songs „Ich lass‘ Euch alles da“ aus dem Jahr 1999. Statt der Zeile „Ihr seid das Notenblatt, das alles für mich war“, war dort „Ihr seid das Notenblatt, das für mich alles war“ zu lesen. Bei der Neugravur schlich sich dann prompt ein weiterer Fehler ein. Nun hieß es in den weiteren Refrain-Zeilen statt „Ich lass‘ Euch alles – ich lass‘ Euch alles da“ fälschlicherweise „Ich lass‘ Euch alles da – ich lass‘ Euch alles da“. Auch dieser Fehler wurde umgehend korrigiert, sodass der Text auf der goldenen Grabplatte nun endlich korrekt wiedergegeben wird.

Denn Udo Jürgens kam es auf die Texte an, schließlich war er nicht nur Interpret, sondern oft auch sein eigener Komponist und Songwriter. Hinsichtlich seiner Liedtexte galt Jürgens als sehr pedantisch. Und für seine Texte ging er in seiner langen Karriere ein hohes Risiko ein, um sich selbst treu zu bleiben. Es war sogar einer der Gründe dafür, warum Jürgens um sein Ansehen fürchten musste – denn einer seiner Songs löste einen Skandal aus.

Nach seinen musikalischen Anfängen im klassischen Schlagerbereich sprengte er später zunehmend die engen Grenzen des Genres und sprach in seinen Liedtexten oft aktuelle gesellschaftliche Themen an. Über die Jahrzehnte produzierte er so auch eine Art Soundtrack zur Geschichte.

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