Der IWF warnt vor zunehmenden Wachstumsunterschieden zwischen den USA und Europa und fordert höhere öffentliche Investitionen in Europa. Während die Wachstumsprognosen für die USA angehoben wurden, sieht sich die Eurozone mit Herabstufungen konfrontiert, wobei wichtige Volkswirtschaften wie Deutschland und Italien Schwierigkeiten haben, Schritt zu halten.

Der Internationale Währungsfonds (IWF) warnte und forderte größere öffentliche Investitionen in Europa, um die Produktivität zu steigern und die Wettbewerbsfähigkeit aufrechtzuerhalten.

In seinem Weltwirtschaftsausblick vom Oktober hob der IWF ein stärker als erwartetes Wachstum in den Vereinigten Staaten hervor, während die Eurozone weiterhin mit anhaltenden wirtschaftlichen Herausforderungen konfrontiert ist. Ökonomen warnen davor, dass Europa ohne eine deutliche Steigerung der Investitionen – insbesondere in Infrastruktur und grüne Technologien – Gefahr läuft, in der Weltwirtschaft noch weiter zurückzufallen.

„Die Gegensätze zwischen der Eurozone und den Vereinigten Staaten sind wichtig“, stellte der Fonds fest.

Wachstumsprognosen: Stärke der USA, Schwierigkeiten in der Eurozone

Für 2024 hat der IWF seine Prognose für das US-Wirtschaftswachstum auf 2,8 % angehoben, was einem Anstieg von 0,2 %** gegenüber der Juli-Schätzung entspricht. Diese Aufwärtskorrektur spiegelt robuste Verbraucherausgaben und starke Unternehmensinvestitionen wider, die beide weiterhin die US-Wirtschaft ankurbeln. Auch die Prognose für 2025 wurde auf 2,2 % angehoben, was einem Anstieg von 0,3 % gegenüber früheren Prognosen entspricht.

Im krassen Gegensatz dazu hat der IWF die Wachstumsaussichten für den Euroraum herabgestuft. Die Eurozone wird im Jahr 2024 voraussichtlich nur noch um 0,8 %** wachsen, was einem Rückgang von 0,1 % im Vergleich zur Juli-Prognose entspricht. Für 2025 soll sich das Wachstum im Euroraum leicht auf 1,2 % beschleunigen, die Prognose wurde jedoch um 0,3 % gesenkt.

Trotz der positiven Aussichten für die USA rechnet der IWF mit einer Verlangsamung des Wachstums auf 2,2 % im Jahr 2025, da die Finanzpolitik straffer wird und sich der Arbeitsmarkt abkühlt.

Wichtige EU-Volkswirtschaften: Deutschland und Italien werden unterdurchschnittlich abschneiden

Unter den größten Volkswirtschaften Europas dürften Deutschland und Italien deutlich unterdurchschnittlich abschneiden. Es wird prognostiziert, dass die deutsche Wirtschaft im Jahr 2024 um 0,3 % schrumpfen wird, wobei das Wachstum im Jahr 2025 bei 0 % stagnieren wird. Italien hingegen wird im Jahr 2024 voraussichtlich um 0,7 % wachsen, unverändert gegenüber den Schätzungen vom Juli, mit einem leichten Rückgang auf 0,6 %. im Jahr 2025.

„Die anhaltende Schwäche im verarbeitenden Gewerbe belastet das Wachstum von Ländern wie Deutschland und Italien stark“, erklärte der IWF und verwies auf die anhaltenden Belastungen in der Industrieproduktion und im Immobiliensektor.

Während Italien voraussichtlich vom von der EU finanzierten Nationalen Konjunktur- und Resilienzplan profitieren wird, sieht sich Deutschland dem kombinierten Druck der Haushaltskonsolidierung und eines starken Rückgangs der Immobilienpreise gegenüber, die beide die Wirtschaftsleistung voraussichtlich dämpfen werden.

Im Gegensatz dazu wird für Frankreich sowohl in den Jahren 2024 als auch 2025 ein stabiles Wachstum von 1,1 % prognostiziert, obwohl die Prognose für 2025 leicht um 0,2 % nach unten korrigiert wurde.

Spanien sticht als Top-Performer hervor: Die Wachstumsprognose für 2024 wurde um 0,5 % auf 2,7 % angehoben und für 2025 wird ein stetiges Wachstum von 2,9 % erwartet.

Fordert höhere öffentliche Investitionen in der EU

Um Europas schleppendes Wachstum in den Griff zu bekommen, fordert der IWF eine Erhöhung der öffentlichen Investitionen in der gesamten Europäischen Union.

Ein von Mario Draghi geleiteter Bericht mit dem Titel „Die Zukunft der europäischen Wettbewerbsfähigkeit“ unterstreicht die Notwendigkeit höherer Ausgaben, insbesondere für Infrastruktur, grüne Technologien und produktivitätssteigernde Projekte.

Der Draghi-Bericht biete eine „klare Einschätzung der verschlechterten Aussichten in der Region – und der damit verbundenen Herausforderungen“, erklärte der IWF.

Die Analyse des Fonds stützt diese Ergebnisse und legt nahe, dass ein Anstieg der öffentlichen Investitionen um 1,5 % von 2025 bis 2030 das BIP der Eurozone bis 2030 um bis zu 2,5 % über den Basisprognosen steigern könnte.

Dieser Investitionsschub würde durch eine Kombination aus höheren Defiziten und einer Umverteilung bestehender Staatsausgaben finanziert. Der IWF prognostiziert, dass eine solche Strategie die Produktivität erheblich steigern, private Investitionen anziehen und dazu beitragen könnte, den Inflationsdruck zu begrenzen.

Obwohl die Inflation in der Eurozone im Zeitraum 2025–2030 aufgrund erhöhter öffentlicher Investitionsausgaben um etwa 40 Basispunkte steigen könnte, geht der IWF davon aus, dass die langfristigen Vorteile eines höheren Wachstums und einer höheren Produktivität diese Inflationsrisiken überwiegen würden.

Divergente Wachstumstrends: Europa in Gefahr

Da die wirtschaftliche Divergenz zwischen den Vereinigten Staaten und der Eurozone anhält, fordern Ökonomen die europäischen politischen Entscheidungsträger auf, sich mit den zugrunde liegenden strukturellen Herausforderungen zu befassen.

Während erwartet wird, dass die USA ihre Wachstumsdynamik beibehalten, steht Europa vor einem schwierigeren Weg.

Ohne erhebliche Steigerungen der öffentlichen Investitionen – insbesondere in kritischen Sektoren wie grüner Energie und digitaler Infrastruktur – besteht für Europa die Gefahr, in eine längere Phase schwachen Wachstums und wirtschaftlicher Stagnation zu geraten.

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