Mehr als drei Jahrzehnte nach der Wiedervereinigung besitzen immer noch Menschen in Ostdeutschland DDR-Versicherungen. Versicherer versuchen, die alten Verträge in Neuverträge umzuwandeln. Ist das sinnvoll?

Typisch für eine alte DDR-Versicherung ist die Haushaltsversicherung – ein Bündel aus Privathaftpflicht-, Hausrat- und Reisegepäckversicherung. Auch Wohngebäudeversicherungen stammen zum Teil noch aus der Zeit vor 1989. Sie waren weitverbreitet und boten oft Schutz gegen Elementarrisiken wie Naturkatastrophen und Überschwemmungen, was in neueren Verträgen gar nicht mehr angeboten wird. Vor allem bei der Oderflut 1997 und der Elbflut 2002 waren diese Policen existenzrettend.

Viele haben diese Versicherung nach der Wende zu einem neuen Anbieter mitgenommen. Fabian Herbolzheimer, Versicherungs- und Finanzexperte bei der Verbraucherzentrale Sachsen, weiß, dass neue Policen gerade im Bereich der Elementarschäden entweder sehr teuer oder manche Gebäude in gefährdeten Gebieten gar nicht mehr versicherbar sind.

In der DDR habe man das Haus noch versichert, wenn es halb in der Elbe stand, zitiert Herbolzheimer einen inzwischen pensionierten Hausbesitzer. Heute sei es schwierig, ein Haus zu versichern, wenn es an der Elbe stehe. Doch was sollten Eigentümer mit einer alten DDR-Versicherung tun – behalten oder wechseln?

DDR-Versicherungen: Viele Menschen haben noch immer Policen von vor 1989. (Quelle: huettenhoelscher / Getty/getty-images-bilder)

Die staatliche Versicherung der DDR war eine staatliche Versicherungsanstalt mit Sitz in Berlin. Sie war der einzige Anbieter für Privatkunden und hatte ein Monopol auf verschiedene Versicherungsarten, darunter auch Lebens- und Unfallversicherungen, sowie Kfz-Haftpflicht- und Kaskoversicherungen. Nach der Wiedervereinigung übernahm die Allianz die Privatkundensparten und benannte die Staatliche Versicherung der DDR in „Deutsche Versicherungs-AG“ und „Deutsche Lebensversicherungs-AG“ um.

Versicherer versuchen im Laufe der Zeit, die alten Verträge in Neuverträge umzuwandeln, berichtet etwa die Leiterin Jasmin Trautloft der Verbraucherschutzzentrale in Plauen. „Die Betroffenen reagieren darauf oft verunsichert und fragen vermehrt bei uns an, ob ein Wechsel Nachteile haben könnte“, sagt Trautloft.

Ein Wechsel der Versicherung kann aber durchaus sinnvoll sein, wenn sich daraus günstigere Beitragstarife ergeben oder ein größerer Leistungsumfang. Bei den alten DDR-Wohngebäudeversicherungen sollten Immobilienbesitzer jedoch genau hinschauen. Verbraucherschützer raten Eigentümern, ihre Versicherung vor allem dann zu behalten, wenn sie in einem Überschwemmungsgebiet wohnen oder in einer Region, in der andere Elementargefahren drohen.

„Wer mit einem Wechsel liebäugelt, sollte die alte Versicherung erst dann kündigen, wenn der neue Vertrag abgeschlossen ist. Sonst kann es sein, dass man ohne Versicherungsschutz für das Haus dasteht“, sagt Finanzexperte Herbolzheimer.

Haus steht unter Wasser: Bei der Hochwasserkatastrophe in Meißen (Sachsen) im Jahr 2013 wurden zahlreiche Gebäude durch das Hochwasser der Elbe stark beschädigt. (Quelle: jopelka)

In den Wohngebäudeversicherungen aus DDR-Zeiten waren oft nur die entstandenen Sachschäden versichert. Wenn das Haus beschädigt wird, entstehen aber noch weitere Kosten, zum Beispiel für die Beseitigung und Entsorgung von Schutt. Hier gibt es inzwischen Policen, die deutlich mehr Leistungen beinhalten als die alten Tarife. Auch Hotelübernachtungskosten, die durch die Unbewohnbarkeit einer Wohnung oder eines Hauses entstehen, können mitversichert werden.

Blick über die Elbe auf die Gemeinde Königstein in Sachsen: In Sachsen stehen viele Häuser sehr nahe an der Elbe und sind bei Hochwasser besonders gefährdet. (Quelle: RicoK69)

Außerdem können in einem neuen Vertrag Risiken versichert werden, die aufgrund des technischen Fortschritts in alten Verträgen nicht enthalten waren. Wer heute eine Photovoltaikanlage auf dem Dach installiert hat, eine Ladestation für Elektroautos oder eine Wärmepumpe im Keller besitzt, sollte seine Police auf jeden Fall erneuern.

Ein wesentliches Produkt der staatlichen Versicherung zu DDR-Zeiten war die Haushaltsversicherung. Mehr als 95 Prozent aller Haushalte in der DDR besaßen eine. Der Bund der Versicherten erklärt die hohe Marktdurchdringung damit, dass zur Haushaltsversicherung die Hausratversicherung für private Haushalte, die Haftpflichtversicherung und eine Reisegepäckversicherung gehörten. In der Haftpflichtversicherung waren sämtliche private Risiken abgedeckt, die hätten auftreten können.

Dem BdV zufolge weisen die alten DDR-Versicherungsverträge nach heutigem Versicherungsstandard viele Versicherungslücken auf. Beispielsweise fehle oftmals der Verzicht auf Einrede bei grober Fahrlässigkeit. Das bedeutet, dass die Versicherung Leistungen kürzen oder ablehnen kann, wenn der Schaden durch grobe Fahrlässigkeit verursacht wurde.

Mit dieser Klausel verpflichtet sich die Versicherung jedoch, den Schaden auch in solchen Fällen so zu regulieren, als ob keine grobe Fahrlässigkeit vorgelegen hätte. Die Verbraucherzentrale Sachsen rät deshalb, bei alten DDR-Versicherungen unbedingt das Kleingedruckte zu lesen. Insbesondere bei Elementarschäden wie Hochwasser, Sturmflut oder Erdrutschgefahr sei es wichtig zu klären, bis zu welchen Summen die Versicherung zahlt.

Nehmen Sie sich Zeit beim Vertragswechsel und unterschreiben Sie nicht sofort. Es ist ratsam, die Verträge in Ruhe zu lesen und gegebenenfalls von einem unabhängigen Experten oder einer Verbraucherzentrale prüfen zu lassen.

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