Die EM ist erst ein paar Tage alt und schon gibt es mehrere Vorfälle, bei denen Menschen angegriffen wurden. Doch die Verantwortlichen sehen die Lage unter Kontrolle.

Schon vor der Fußball-Europameisterschaft stand das Thema Sicherheit stark im Fokus der Organisatoren, aber auch der Öffentlichkeit. Zu präsent waren der Messerangriff in Mannheim mit einem getöteten Polizisten und die verstärkte Präsenz des Islamischen Staates (IS) mit zahlreichen Festnahmen in den vergangenen Monaten.

Nach den ersten Tagen kann festgehalten werden: Die Sorgen waren begründet. Ein großer Anschlag blieb bisher zwar aus, doch mehrere Vorfälle erschütterten die Öffentlichkeit. Im sachsen-anhaltinischen Wolmirstedt griff ein Mann mit einem Messer Menschen auf einer privaten EM-Party an, nachdem er zuvor einen anderen Mann getötet hatte.

In Hamburg schoss die Polizei auf einen 39-Jährigen, der mit Schieferhammer und Molotowcocktail bewaffnet auf der Reeperbahn Beamte bedrohte. Nur wenige Meter entfernt feierten Niederländer bei einem Fanmarsch, der Täter selbst wollte offenbar zum Public Viewing. Hat die noch junge EM also ein Sicherheitsproblem?

Tragische Ereignisse mit einem Bezug zur EM – für Terrorismus-Experte Hans-Jakob Schindler aber kein Grund zur Sorge. „Die Vorfälle sind im Bereich dessen, was zu erwarten war“, betont er. Solche Taten seien schwer zu verhindern.

Bereits unmittelbar vor der EM wies Schindler im t-online-Interview auf eine grundsätzliche Radikalisierung verschiedener Gruppen seit dem Hamas-Angriff auf Israel am 7. Oktober 2023 hin. Diese zeige sich nun auch während der EM. Zudem schaue die ganze Welt auf Deutschland, das biete eine Bühne. Lesen Sie hier das komplette Interview.

(Quelle: Uli Saounsis)

Hans-Jakob Schindler ist Senior Director der gemeinnützigen internationalen Organisation Counter Extremism Project (CEP). Sie verfolgt das Ziel, der Bedrohung durch extremistische Ideologien entgegenzuwirken. Bis 2018 war Schindler Chefberater des Sicherheitsrats der Vereinten Nationen zu unterschiedlichen Terrorgruppen und der Entwicklung der globalen terroristischen Bedrohung.

„Die Angriffe zeigen: Die Energie dazu ist vorhanden. Es besteht immer die Gefahr von Nachahmern“, prognostiziert er. Dabei sieht er die Vorfälle nicht unbedingt als eine direkte Reaktion auf die EM. Die Tat in Mannheim habe eine Welle von Angriffen losgetreten, die nun auch die EM treffe.

Der stellvertretende Vorsitzende der Gewerkschaft der Polizei (GdP), Michael Mertens, sagt, dass der Angreifer in Sachsen-Anhalt auf eine private EM-Party getroffen sei, sei „rein zufällig“ geschehen, „es hätte auch eine Goldene Hochzeit treffen können“, sagt der Polizist t-online. Er würde die Tat nicht direkt mit der EM in Verbindung bringen.

„Es kann immer Menschen geben, die ausrasten. So etwas lässt sich nicht verhindern“, führt Mertens aus. So habe es vor der EM ähnliche Angriffe gegeben und auch nach der EM werde es diese geben.

Beamte auf der Reeperbahn: Dort mussten sie einen Angreifer anschießen. (Quelle: Steven Hutchings/dpa-bilder)

Rainer Wendt, Vorsitzender der Deutschen Polizeigewerkschaft (DPolG), ergänzt: „Das Einzige, was man machen kann, ist schnell zu entscheiden und konsequent zu handeln.“ Dass die Beamten in Wolmirstedt und Hamburg auf die Angreifer geschossen haben, sei nach erfolglosem Versuchen anderer Strategien die Ultima Ratio gewesen. So habe Einsatz von Pfefferspray keinerlei Effekte erzielt, zum eigenen Schutz müssen die Beamten irgendwann zur Waffe greifen. Denn sich selbst sollten die Beamten nicht in Gefahr bringen, der Abstand zum Angreifer muss gewahrt werden. „Der persönliche Nahkampf ist ausgeschlossen. Das gibt es nur in Filmen.“

Was bei der Bewertung wichtig ist: Die Taten sind nicht in Stadien oder offiziellen Fanzonen passiert, Sicherheitskonzepte für die EM decken solche Vorfälle nicht ab. Das sei auch nicht möglich, verdeutlicht Experte Schindler: „Man kann Deutschland nicht für einen Monat in ein Militärlager verwandeln. Dazu gibt es nicht die Ressourcen und es würde dem Charakter einer EM als internationalem Fest widersprechen.“

Doch die Sicherheitslage bei der EM wird nicht nur von solchen Angriffen von Einzeltätern bestimmt. Vor allem die Fanlager müssen die Beamten stets im Auge behalten. „Dass es mal knallt, gehört dazu“, meint Wendt. Die Bilder seien meist dramatisch, das spiegele die Lage aber nur unzureichend wider.

Verwüstung in Gelsenkirchen: Bei einer Schlägerei zwischen englischen und serbischen Fans hat es ordentlich gekracht. (Quelle: IMAGO/Sebastian Frej/MB Media/imago)
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