Mehr als 30 Menschen ermordete die Rote Armee Fraktion, nun konnte die Polizei mit Daniela Klette eine lange gesuchte RAF-Terroristin ausfindig machen. Doch was unterscheidet die drei „Generationen“ der Terrorgruppe?

An Entschlossenheit mangelte es Ulrike Meinhof nicht. „Wir sagen natürlich, die Bullen sind Schweine“, erklärte die Journalistin 1970 im Nachrichtenmagazin „Spiegel“. „Wir sagen, der Typ in Uniform ist ein Schwein, das ist kein Mensch.“ Aus dieser verqueren „Logik“ leitete die Mitgründerin der linksextremistischen Terrorgruppe Rote Armee Fraktion eine „Erkenntnis“ für den „Umgang“ mit der Polizei ab: „Natürlich kann geschossen werden.“

Worten sollten Taten folgen. Am 22. Oktober 1971 ermordete die RAF in Hamburg den Polizisten Norbert Schmid, zwei Monate später fiel bei einem Banküberfall in Kaiserslautern ein weiterer Polizeibeamter den Kugeln der Terroristen zum Opfer. Mit Hans Eckhardt tötete die RAF am 2. März 1972 in Hamburg dann einen weiteren Kriminalbeamten, den Leiter der Sonderkommission „Baader/Meinhof“. Denn zunächst war die Terrortruppe Rote Armee Fraktion als „Baader-Meinhof-Bande“ berüchtigt, drei sogenannte RAF-Generationen sollten die Bundesrepublik Deutschland schließlich erschüttern.

Prozess in Stammheim

Führungsfiguren der sogenannten ersten Generation der RAF waren besagte Ulrike Meinhof, Andreas Baader und Gudrun Ensslin. Das Trio, politisch sehr weit links stehend, hatte sich in den 1960er-Jahren radikalisiert und schließlich zum „Kampf“ gegen das System entschlossen. Als ein Gründungsdatum der RAF gilt dabei der 14. Mai 1970. An diesem Tag befreiten Meinhof, Ensslin und andere Mittäter Andreas Baader aus der Haft. Ein Schwerverletzter blieb zurück.

Dem Staat sagte die RAF den Kampf an, als eine „Stadtguerilla“ sollte dieser geführt werden. An seinem Ende, so das Ziel der Terroristen, sollte die Vernichtung des „staatlichen Herrschaftsapparats“ stehen.

Als Vorbild diente der ersten RAF-Generation dabei unter anderem Fidel Castro, der auf Kuba ein sozialistisches Regime errichtet hatte. Die RAF-Terroristen wähnten sich in einem Unrechtsstaat: „Sich der Waffen des Systems im Kampf gegen das System“ zu bedienen, galt dieser RAF-Generation entsprechend als Rechtfertigung für ihre Verbrechen.

Derer gab es zahlreiche: Überfälle, um Geld zu erbeuten, dazu Anschläge auf Hauptquartiere der amerikanischen Armee in Deutschland sowie auf den Axel-Springer-Verlag in Hamburg. Doch der Staat erwies sich als wehrhaft, die Fahndung nach den Terroristen war erfolgreich. 1975 erwarteten Baader, Meinhof und Ensslin in Stuttgart-Stammheim ihren Prozess.

Zu dieser Zeit hatte sich bereits die zweite Generation der RAF gebildet: noch skrupelloser, noch tödlicher. Brigitte Mohnhaupt und Christian Klar gehörten ihr an. Die Haft der Führungsfiguren der ersten Generation gab der zweiten Generation dabei das Ziel vor: die Freipressung der einsitzenden RAF-Mitglieder. 1975 nahmen RAF-Terroristen Geiseln in der deutschen Botschaft in der schwedischen Hauptstadt Stockholm.

Deutschland im Terrorjahr

1977 ermordete dann ein RAF-Kommando mit Siegfried Buback den Generalbundesanwalt. Jürgen Ponto, Chef der Dresdner Bank, wurde Wochen später erschossen. Weiter eskalierte der Terror 1977 mit dem Kidnapping von Hanns Martin Schleyer, dem Arbeitgeberpräsidenten, und der Entführung der Lufthansa-Maschine „Landshut“ nach Mogadischu. Als Deutscher Herbst gingen diese Ereignisse in die Geschichte ein.

Ihr Ziel erreichte die zweite Generation der RAF, die bei ihren Attentaten keine Rücksicht auf Unbeteiligte mehr nahm, dabei nicht: In der sogenannten Todesnacht von Stammheim vom 18. Oktober 1977 hatten sich die RAF-Anführer Andreas Baader, Gudrun Ensslin und Jan-Carl Raspe das Leben genommen. Denn die Bundesregierung unter Helmut Schmidt (SPD) hatte sich angesichts der Terrorwelle als unnachgiebig gezeigt. Ulrike Meinhof hatte bereits 1976 Suizid begangen.

Einen neuen Kurs, eine andere Ideologie verfolgte diese zweite RAF-Generation nicht. „Bei der zweiten Generation der RAF fällt zunächst auf, dass sie die Programmatik der RAF nicht weiterentwickelte“, urteilte etwa der Politologe Christopher Daase. Bemerkenswert ist der Dissens zwischen erster und zweiter Generation über die Art und Weise der terroristischen Gewaltanwendung. So habe Andreas Baader die Entführung der „Landshut“ abgelehnt. „Die Idee der Stadtguerilla war endgültig der Logik des Terrorismus gewichen“, resümiert Daase über den Wechsel von der ersten zur zweiten „Generation“ der RAF.

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