Ab Sonntag trifft sich die CDU für vier Tage zum Parteitag in Berlin. Neben der Wiederwahl des Vorsitzenden steht auch das neue Grundsatzprogramm auf der Agenda. JU-Chef Johannes Winkel hofft auf einen Kurswechsel und übt Kritik an einem Ministerpräsidenten.

Freitagmittag vor dem CDU-Parteitag, ein Telefonat mit dem Vorsitzenden der Jungen Union, Johannes Winkel. Seine Erwartungen an die bevorstehenden Tage? Definitiv hoch. Gerade ist Winkel noch in Nordrhein-Westfalen. Trotzdem dreht sich der Großteil seiner Gespräche schon jetzt um den Parteitag in Berlin. „Die Leute sollen wieder wissen, wofür wir stehen“, sagt Winkel. Dafür müsse die CDU wichtige Kurskorrekturen vornehmen.

Dass manch einer vorhersagt, es werde ruhig, harmonisch, gar langweilig, kann der JU-Chef nicht nachvollziehen. „Ich wünsche mir eine leidenschaftliche Debatte“, sagt er. Das mache eine demokratische Partei aus.

t-online: Herr Winkel, Montag beginnt der CDU-Parteitag, was erwarten Sie von den drei Tagen?

Johannes Winkel: Ich erwarte einen Aufbruch der CDU. Denn die fehlende inhaltliche Klarheit war einer der wesentlichen Gründe, warum die letzte Bundestagswahl schiefgegangen ist. Die Leute sollen wieder wissen, wofür wir stehen. Dafür müssen wir wichtige Kurskorrekturen vornehmen.

Welche Kurskorrekturen meinen Sie?

Vor allem das Thema Migration. Wir diskutieren seit neun Jahren ohne ein einziges Ergebnis, dafür mit umso mehr moralischer Aufladung. Auch in der CDU haben wir lange gestritten. Jetzt sind wir in der Frage klar und geschlossen: Migration in den Arbeitsmarkt befürworten wir. Die irreguläre Migration in die Sozialsysteme werden wir beenden.



Jetzt zu sagen, wir wollen den Parteitag narkotisieren, das wäre genau das falsche Signal.


Johannes Winkel


Dabei ist sich die Partei längst nicht überall einig. Etwa beim Thema Schuldenbremse. Glauben Sie, das kommt auf dem Parteitag noch einmal auf?

Ich hoffe nicht nur auf eine Debatte zur Schuldenbremse, sondern fordere dazu auf! Die Junge Union hat hier eine klare Haltung. Deshalb haben wir auch einen ganzen Absatz dazu in die Präambel des Grundsatzprogramms gestellt. Der ein oder andere hat sich dazu kritisch geäußert, ich denke konkret an die Beiträge von Kai Wegner. Ich kann deshalb nur jeden dazu ermutigen, diese Position dann auch auf dem Bundesparteitag zu vertreten.

Glauben Sie, dass es da zum Streit auf offener Bühne kommt? Viele erwarten das Gegenteil.

Ich wünsche mir eine leidenschaftliche Debatte um politische Themen. Streit in den großen Debatten muss sein, das macht doch gerade eine demokratische Partei aus! Jetzt zu sagen, wir wollen den Parteitag narkotisieren, das wäre genau das falsche Signal. Nehmen wir das Thema Schuldenbremse: Jeder soll seine Meinung sagen, keine angezogenen Handbremsen. Am Ende wird abgestimmt. Danach muss natürlich klar sein, dass wir diese Positionen geschlossen vertreten. Es bringt schließlich nichts, wenn wir etwas beschließen und am Ende doch jeder macht, was er will. Dann kann man sich Parteitage auch sparen.

Nochmal zur Schuldenbremse, heißt, sie hielten auch eine Reform für falsch?

Niemand, der Politik pragmatisch statt ideologisch macht, kann für alle Ewigkeiten eine Reform ausschließen. Aber aktuell müssen wir doch zwei Dinge sehen: Erstens haben wir Rekordsteuereinnahmen. Aber viel wichtiger ist zweitens: Fast alle Probleme unseres Landes sind struktureller Natur und selbstgemacht. Bürokratie und Berichtspflichten, fehlende Anreize in der Arbeitsmarktpolitik oder eine aberwitzige Energiepolitik. Wir müssen also dringend über eine Reform unseres Staates sprechen. Die CDU braucht den Mut der Agenda 2010 – mindestens! Eine Aufgabe der Schuldenbremse wäre gleichzeitig die Aufgabe aller notwendiger Reformen. Bestehende Probleme mit Geld zuzuschütten, ist nicht nur denkfaul, sondern vor allem nutzlos, weil man damit nicht an die Ursache geht. Die Schuldenbremse zwingt die Politik, diese Strukturprobleme anzugehen. Für diese Strukturreformen wünsche ich mir mehr Mut, auch von dem ein oder anderen in der CDU.

Ist es die Aufgabe des Vorsitzenden das Thema bis zur Bundestagswahl abzuräumen?

Wir müssen bei dem Thema sowohl im Bund als auch in den Ländern geschlossen sein.

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