Europas Kulturhauptstädte sollen Akzente abseits von Politik und Bürokratie setzen. 2024 zählen Estland, Norwegen und Österreich je eine Kulturhauptstadt.

Der Titel „Kulturhauptstadt Europas“ soll einen Querschnitt durch den Reichtum und die Vielfalt der Kulturen zeigen und auch Orte in den Blickpunkt rücken, die sonst von prominenten Metropolen überstrahlt werden.

Insofern macht der Titel, den die Europäische Union regelmäßig vergibt, die Städte auch über das Festjahr hinaus interessant. Bislang haben rund 70 Städte die Auszeichnung erhalten. Athen war 1985 die erste Kulturhauptstadt Europas, 2025 wird mit Chemnitz die Reihe wieder an Deutschland sein.

In diesem Jahr tragen mit Tartu in Estland, Bodø in Norwegen und der Region Bad Ischl Salzkammergut in Österreich gleich drei Orte den Titel. In jeder Destination gibt es zahlreiche Veranstaltungen.

Kaffee, Kunst und Keramik: Bad Ischl Salzkammergut, Österreich

„Kultur ist das neue Salz“. So lautet der Slogan der alten Salzabbauregion für das Festjahr, das mit 500 Programmpunkten gespickt ist – verteilt auf 23 Gemeinden. Der Begriff „Kulturhauptstadt“ passt da also nicht ganz. Und Touristen-Magneten wie das von tausenden Tagesgästen besuchte Hallstatt am Hallstättersee bräuchten gewiss keinen PR-Anschub.

Doch vielerorts sind engagierte Initiativen entstanden, die bei einer Reise durch die von Bergen, Seen und idyllischen Dörfern geprägten Region um Bad Ischl erst das Salz in der Suppe darstellen.

Koch Christoph Held coacht das Projekt „Wirtshauslabor“, bei dem das verlassene Bahnhofsgasthaus in Bad Ischl durch Schüler der örtlichen Tourismusschule Wiederauferstehung feiert. „Wir wollen in diesem Jahr mindestens 40 Tage öffnen, plus ähnlich viele Tage mit Pop-ups mit anderen Gastronomen“, sagt Held. Pop-ups sind zeitlich begrenzte Aktivitäten, bei denen die Gastronomen Angebote wie Verkostungen ermöglichen.

Damit, so der 39-Jährige, wolle man ein Zeichen gegen das Wirtshaussterben auf dem Land setzen und demonstrieren, was die Jugend in Zeiten von Fachkräftemangel auf die Beine stellen kann.

Der Kurort Bad Ischl ist an Rampenlicht gewohnt. Die Kaiservilla bewahrt die Erinnerungen an Franz Joseph und Sissi, einst fand in Hotels und Kaffeehäusern die Wiener High Society zusammen. Im ehemaligen Sudhaus läuft die Hauptausstellung „Kunst mit Salz und Wasser“, bestückt mit Skulpturen, Installationen und Videokunst. Kurator Gottfried Hattinger hat Werke von Künstlern aus zwölf Ländern zusammengestellt.

Die Keramikstadt Gmunden zeigt zwischen April und November drei hochkarätige Keramikkunstausstellungen im neuen Kunstquartier Stadtgarten. Eva Fürtbauer, die städtische Projektleiterin für Keramik, erhofft sich diverse Anstöße: „Eine Anlaufstelle für den Nachwuchs und einen Künstlertreffpunkt über 2024 hinaus.“

Zudem wolle man den Fremdenverkehr im Zeichen der Kultur ankurbeln, denn: „Der Kulturtourist ist ein guter Gast.“

Tor zum Süden: Tartu, Estland

Aus dem Schatten der Metropole Tallinn dürfte Tartu wohl nie heraustreten, aber zumindest den Blick auf den Südteil Estlands weiten. Denn auch das Umland ist bei den Feierlichkeiten, die über tausend Termine umfassen, quasi eingemeindet.

„Wir sind das Tor in den Süden, was ein Viertel des Landes bedeckt, wo sich bis heute eine einzigartige traditionelle Kultur lebendig hält“, so Kommunikationsexpertin Kaidi-Lisa Kivisalu und führt als Beispiel die fünf Lokalsprachen an.

Tartu selbst besitzt die älteste Universität im Baltikum. Dynamisch geht es in der Hochschulstadt zu, die 100.000 Einwohner zählt und ebenso für ihr historisches Zentrum wie für ihre Start-ups bekannt ist.

Laut Kivisalu erwarte man eine Million Besucher, davon sieben bis zehn Prozent aus dem Ausland. Das Leitmotiv lautet „Künste des Überlebens“ und ist geknüpft an „das Wissen, die Fähigkeiten und die Werte, die uns helfen werden, ein gutes Leben in der Zukunft zu führen“, heißt es von Veranstalterseite.

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