Während Deutschland 34 Jahre nationale Einheit feiert, fragen sich viele angesichts der Wahl des Ortes für den Nationalfeiertag durch die Kanzlerin, wie politisch harmonisch das Land angesichts der bevorstehenden Bundestagswahl im Jahr 2025 ist.

Am Donnerstag feierte Deutschland den 34. Jahrestag seiner Wiedervereinigung. Bundeskanzler Olaf Scholz nahm an einer Zeremonie im malerischen Schwerin, einer Stadt im ehemaligen Osten des Landes, teil.

Während einer Rede im Nordmecklenburgischen Staatstheater sagte der deutsche Staatschef, dass Deutschlands ehemals geteilter Westen und Osten nicht länger unterschieden werden dürfe.

Dies dürfte vor allem bei „jungen Menschen“ deutlich werden, sagte Scholz und fügte hinzu: „Die Lebenszufriedenheit der Deutschen in Ost und West hat sich weitgehend angeglichen.“

Ein Beweis dafür sei, dass „sich mittlerweile auch viele globale Technologieunternehmen in Ostdeutschland niederlassen“, erklärte er.

Trotz der Feierlichkeiten, die das Ende von 40 Jahren der politischen Binäre Bundesrepublik und Deutsche Demokratische Republik (DDR) markierten, mahnte die Kanzlerin, dass die Deutschen diese spaltende Zeit, die für viele Ostdeutsche zum „Zusammenbruch“ geführt habe, niemals vergessen sollten.

Nachdem 1990 vor dem Reichstagsgebäude in Berlin erstmals eine Flagge der Deutschen Einheit gehisst wurde, verloren Millionen Deutsche im Osten ihre Arbeit. Weitere Millionen waren gezwungen, auf der Suche nach besseren Möglichkeiten in den Westen auszuwandern.

Die Veranstaltungen zum Tag der Deutschen Einheit im Jahr 2024 unter dem Motto „Segel setzen als Einheit“ sollen dies hervorheben. Scholz bekräftigte in seiner Rede, dass dieser Verlust „niemals vergessen“ werden dürfe. Der Ort der Gedenkfeier stellt jedoch auch eine potenzielle Warnung dar: dass das Land Gefahr läuft, erneut gespalten zu werden, und zwar aufgrund ideologischer Gesichtspunkte.

Die Bedeutung Schwerins

Schwerin ist die Hauptstadt Mecklenburg-Vorpommerns und verfügt über ein Parlament mit 79 Sitzen. Fast die Hälfte dieser Sitze wird von einem der ältesten und wichtigsten politischen Gremien des Landes besetzt, der Sozialdemokratie (SPD), der auch Scholz angehört.

Aber die Opposition, bestehend aus einer relativ neuen und mächtigen politischen Kraft, der einwanderungsfeindlichen Alternative für Deutschland (AfD), ist repräsentativ für einen neuen rechtsextremen Wandel im deutschen Staat.

Die populistische, euroskeptische Partei gewann bei der letzten Landtagswahl in Mecklenburg-Vorpommern 14 Sitze und schlug damit die Christlich-Demokratische Union (CDU) mit rund 3 % der Stimmen.

Am Tag der Deutschen Einheit postete die AfD auf der Social-Media-Plattform X, dass trotz des Abrisses der Berliner Mauer eine neue ideologische Barriere versuche, „das Land zu spalten“. Dabei handelt es sich um den CDU-Bundesvorsitzenden Friedrich Merz, teilte die Partei mit.

„Die Menschen spüren die katastrophalen Auswirkungen der etablierten Politik längst in ihrem Alltag: Freibäder, Diskotheken und Straßen sind nicht mehr sicher“, heißt es in dem Beitrag.

„Vor diesem Hintergrund wird immer mehr Bürgern klar, dass sich unser Land keine weiteren ‚Brandschutz‘-Linksregierungen mehr leisten kann. Die Mauer muss weg – und ein politischer Wandel mit der AfD muss kommen!“

Die CDU revanchierte sich mit einem eigenen Social-Media-Beitrag und erklärte, dass „Einheit“ ein seit der Gründung der Partei im Jahr 1945 festgelegtes Ziel sei.

Der kometenhafte Aufstieg der AfD ist ein Beleg für eine breitere rechte Tendenz auf dem gesamten europäischen Kontinent österreichisch, Niederländisch Und Wahlen zum Europäischen Parlament Es zeigt sich, dass der öffentliche Appetit auf einwanderungsfeindliche, nationalistische und fiskalkonservative Regierungen zunimmt.

Sie ist auch repräsentativ für eine wachsende politisch gespaltene Bevölkerung in den östlichen Bundesländern – besonders ausgeprägt in Sachsen, Thüringen und Brandenburg – und zeigt sich in den jüngsten Wahlergebnissen.

Auch im ostdeutschen Bundesland Thüringen hat die AfD Anfang September eine zweite Sperrminorität errungen und ist nun wahlberechtigt Verfassungsrichter im Staat.

Wochen später erreichte die AfD bei der Landtagswahl in Brandenburg den zweitgrößten Stimmenanteil, wobei der Wahlkampf auch die höchste Wahlbeteiligung verzeichnete (73 %) seit der Wiedervereinigung.

Diese gewaltigen östlichen Gewinne für die rechtsextreme Strömung ergeben sich aus den Forschungsergebnissen.

Eine aktuelle Studie hat Wahlkampfdaten ausgewertet, um die steigende Popularität der AfD im Osten Deutschlands zu ermitteln. Forscher fanden heraus, dass bei der Bundestagswahl 2017 im Osten ein etwas höheres Maß an nativistischer und populistischer Stimmung herrschte als im Westen.

Diese Gefühle waren besonders bei älteren Bürgern verbreitet, was der Untersuchung zufolge auch bei Deutschen der Fall war, die während der „Teilung“ der Nachkriegszeit 1945 starke politische Ideale entwickelten.

Die linke und rechte Trennung

Eine weitere interessante Akteurin im Osten Deutschlands ist Sahra Wagenknecht von der kürzlich gegründeten Sahra Wagenknecht Alliance (BSW).

Die selbstbeschriebene „linkskonservativ„, und ein ehemaliges Mitglied der Linken (Linkspartei), kündigte im Oktober 2023 an, dass sie ihre eigene politische Partei gründen werde. Monate später kündigte sie ihren Wunsch an, Teil der neuen Regierungen der östlichen Regionen Deutschlands zu werden

Bei der heiligen Dreifaltigkeit der östlichen Landtagswahlen in Deutschland – Sachsen, Thüringen und Brandenburg – belegte der BSW den dritten Platz, was Kommentatoren in ganz Deutschland ebenso schockierte wie die jüngsten Wahlsiege der AfD.

Trotz der vielen scheinbaren Unterschiede zwischen der extremen Rechten und der extremen Linken haben AfD und BSW unter anderem Gemeinsamkeiten darin, dass sie die militärische Unterstützung Deutschlands für die Ukraine drosseln und gegen die Migration vorgehen wollen.

Auch auf Bundesebene gewinnen die Parteien an Zulauf: Bei der Bundestagswahl 2021 sicherte sich die AfD 12,6 % der Stimmen und ist damit die drittstärkste Partei im Bundestag.

Scholz kündigte im Juli an, dass er sich im Jahr 2025 zur Wiederwahl stellen will. Viele rätseln darüber, ob er und seine regierende Ampelkoalition – bestehend aus SPD, Grünen und FPÖ – gewählt werden ein anderer Begriff.

Noch wichtiger ist, dass sich viele fragen, ob die traditionell herrschenden großen Parteien, insbesondere im Osten des Landes, angesichts der wachsenden Popularität der politischen Polarisierung überleben werden.

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