Der thüringische Ministerpräsident Bodo Ramelow erklärte bei „Caren Miosga“, was ihn am BSW irritiert und warum er aktuell viel Gewicht verliert.
Schon weit vor den im September dieses Jahres stattfindenden Landtagswahlen in Sachsen, Thüringen und Brandenburg richtet sich der Blick auf jenen Teil der Bundesrepublik, der sich oft übersehen und nicht selten auch übergangen fühlt: den Osten.
Die hohen Umfragewerte der AfD in den drei Bundesländern ziehen die Aufmerksamkeit besonders auf sich. Aber auch das Agieren neuer Akteure und die grassierende Ausschließeritis im Vorfeld der Wahlen werden kritisch verfolgt.
Ramelow äußert sich zu Vorwurf, am Sessel zu kleben
Moderatorin Caren Miosga hatte den thüringischen Landesvater am Sonntagabend in ihrer ARD-Talkshow zu Gast und fragte ihn: „Wird der Osten unregierbar, Herr Ramelow?“ Der 68-Jährige musste bei seinem Auftritt zugeben, dass die angekündigten und dann doch nicht erfolgten Neuwahlen in Thüringen die Politik sowie ihn persönlich Vertrauen gekostet hätten. Seitdem werde ihm vorgeworfen, an seinem Sessel zu kleben, erklärte Ramelow. Gleichzeitig hätten die Coronamaßnahmen eine Spaltung in der Gesellschaft befeuert, die bis heute anhalte.
- Bodo Ramelow (Linke), Ministerpräsident Thüringens
- Katharina Warda, Soziologin
- Thomas de Maizière (CDU), ehemaliger Verteidigungs- und Innenminister
Seine eigene Partei machte der erste und bislang einzige Ministerpräsident der Linken dafür durchaus mitverantwortlich. „Mir fehlt die Pluralität einer starken Linken“, sagte Ramelow hinsichtlich der Abspaltung Wagenknechts. Wenn die Linke sich durch Teilung reduziere, begehe sie denselben Fehler wie andere europäische Linksparteien, etwa die italienische Rifondazione Comunista, von denen heute kaum noch Spuren zu finden seien.
Ramelow kritisiert Personenkult bei BSW
„Jetzt ist es so, dass Sahra ihren Weg gegangen ist und eine Partei gebildet hat, die ihren Namen trägt. Das ist für mich, sagen wir mal, ein wenig irritierend, eine derartige Zugespitztheit auf eine einzelne Person als Programm zu haben“, bemängelte der Linke-Politiker. Er gestand aber auch ein: „Wir haben in der Gesellschaft eine Vertretungslücke, und da müssen wir aufpassen, dass uns Demokratie nicht am Ende komplett zwischen den Fingern zerrinnt.“
Dass das Wagenknecht-Bündnis BSW entgegen aller vorgebrachten Kritik für Linke Anziehungskraft besitzt, machte ein Einspieler deutlich, in dem die Eisenacher Oberbürgermeisterin Katja Wolf ihren Wechsel von der Linkspartei erläuterte. Man habe nicht das Gefühl vermittelt, die Partei der kleinen Leute zu sein, zentrale Probleme seien in der Linken halbherzig angegangen worden. Am Ende werde sie als Teil des Problems und nicht der Lösung wahrgenommen, so Wolf. Um ein weiteres Erstarken der AfD zu verhindern, brauche es stattdessen eine pragmatische Politik, die Aufbruchsstimmung ausstrahle und Menschen, die von der etablierten Politik enttäuscht seien, ein neues demokratisches Angebot mache.
De Maizière nimmt kein Blatt vor den Mund
Die Skepsis des ehemaligen Bundesinnenministers Thomas de Maizière konnte dieser „Werbeblock“, wie er ihn nannte, nicht beseitigen. „Frau Wagenknecht ist vor allem von sich überzeugt, sie ist vor allem an ihrem Schicksal interessiert, ich glaube weniger am Schicksal des Landes“, so der missbilligende CDU-Politiker. Personell und inhaltlich passe in der Partei vieles nicht zusammen. Trotz dieser Einschränkungen prognostizierte de Maizière: „Bei der Europawahl wird sie großen Erfolg haben.“
Den Abgrenzungsbeschluss seiner eigenen Partei in Richtung AfD und Linke verteidigte der Christdemokrat. Man dürfe diesen keineswegs als Gleichsetzung missverstehen. „Wenn ich Eisbein nicht mag und Kohlroulade nicht mag, dann sind doch nicht Eisbein und Kohlroulade dasselbe“, argumentierte er.
De Maizière nennt Gründe für Russophilie im Osten
Auch für die Tatsache, dass die Waffenlieferungen an die Ukraine im Osten weniger Unterstützung erhielten als im Westen, hatte de Maizière eine Erklärung parat. Es gebe in Ostdeutschland einen tief sitzenden Antiamerikanismus sowie die Neigung, sich aus internationalen Konflikten herauszuhalten und sich möglichst nicht mit den Russen anzulegen.