Das Glas Wasser zum Kaffee oder Espresso hat mehrere ernste Hintergründe, die zwar heutzutage nicht mehr aktuell, aber dennoch wissenswert sind.

Eigentlich hatten Sie nur einen Kaffee oder Espresso bestellt. Doch die Servicekraft stellt Ihnen sowohl die Kaffeespezialität als auch ein Glas Wasser auf den Tisch. Was hat es damit auf sich? Sollen Sie den Espresso etwa verdünnen? Oder sollen Sie mit dem Wasser der entwässernden Wirkung von Koffein entgegenwirken?

Weder noch. Studien belegen, dass Kaffee dem Körper keine Flüssigkeit entzieht. Das Glas Wasser zum Espresso oder dem Kaffee dient demnach nicht dazu, Ihren Wasserhaushalt nach dem Espresso-Genuss wieder auszugleichen.

Auch das Verdünnen des Espressos wäre fatal. Zum einen, weil Sie sich explizit einen Espresso und keinen Americano gewünscht haben. Zum anderen, weil Espresso, wenn überhaupt, nur mit heißem Wasser (Espresso : Wasser =1:2) verdünnt wird.

Hinter dem Glas Wasser verbergen sich zwei andere geschichtliche Zusammenhänge.

Vor einigen Jahrzehnten war das Wasser kaum genießbar. Neben Schadstoffen tummelten sich auch eine Vielzahl von Bakterien und Viren in ihm. Das klingt nicht nur unappetitlich, das war es auch. Bevor das Wasser trinkbar war, musste es immer erst abgekocht werden.

Das änderte sich, als in größeren Städten die ersten Trinkwasserleitungen verlegt wurden, in denen ausschließlich reines und somit sauberes Trinkwasser floss. Diese Flüssigkeit war nicht mit Krankheitserregern kontaminiert und konnte problemlos direkt ohne Abkochen getrunken werden.

Cafés, die mit den neuen Trinkwasserleitungen ausgestattet waren, waren darauf sehr stolz. Um ihren Gästen zu zeigen, dass das Wasser, mit dem ihr Kaffee zubereitet wird, genießbar und nicht keimbelastet ist, reichten sie ein Glas hiervon zum Heißgetränk dazu. Und diese Gepflogenheit wird in vielen Cafés auch heute noch weitergelebt.

Eine weitere Erklärung entspringt der arabischen Tradition. Hier war und ist es Usus, ein Glas Wasser zum Kaffee zu reichen und beide Flüssigkeiten in einer besonderen Reihenfolge zu sich zu nehmen. Und zwar: Zuerst das Wasser, dann den Kaffee. Der Schluck Wasser sollte sowohl den Durst löschen als auch den von dem Wüstenklima ausgetrockneten Mund anfeuchten und von unangenehmen Geschmäckern befreien. Erst danach konnte der Kaffee mit all seinen Aromen genossen werden.

Vielen ausländischen Spionen – vor allem Europäer – war dieser Brauch unbekannt. Sie griffen meist erst zum Kaffee – schließlich war er ihr Hauptanliegen – und danach zum Wasser. Durch diese kleine Änderung im Ablauf erkannten die Anwesenden trotz Wüstenkleidung genau, wer zu ihnen gehört und wer nicht.

Das Glas Wasser hat heute noch einen sehr nützlichen Aspekt: Es neutralisiert die Geschmacksnerven. Zumindest, wenn es vor dem Espresso getrunken wird. Ist der Mund nun gereinigt, kann sich das Aroma der Kaffeebohnen hierin vollkommen ausbreiten und wird nicht verfälscht.

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