Die Wall Street steht für den Aufschwung der 1920er Jahre in den USA. Darum sind diese besonders wertvollen Blue-Chip-Aktien bis heute begehrt. Wichtige Fragen und Antworten.
Die Boomphase der 1920er Jahre wurde auch als „Roaring Twenties“ (Die goldenen 20er) bezeichnet – eine Zeit des wirtschaftlichen Aufschwungs und Optimismus in den USA. Zum ersten Mal in der Geschichte beteiligten sich breite Bevölkerungsschichten am Aktienhandel. Es herrschte eine regelrechte Goldgräberstimmung. Viele Anleger kauften Aktien auf Kredit in der Hoffnung auf schnelle Gewinne.
Oft blieben die Börsen bis spät in die Nacht geöffnet, weil die Nachfrage nach Kursinformationen so groß war, dass die Nachrichtenticker oft hinterherhinkten. Die Börse war ein gesellschaftlicher Treffpunkt, an dem Geschäftsleute, Prominente und Politiker ein und aus gingen. Die Wall Street wurde zum Symbol für Reichtum und wirtschaftliche Macht. Erfolgreiche Börsenhändler genossen hohes gesellschaftliches Ansehen.
Trotz der außergewöhnlichen Euphorie und Dynamik war der Aktienhandel ein riskantes Geschäft. Viele Anleger verloren durch spekulative Geschäfte ihr gesamtes Vermögen. Doch schon in dieser Zeit kristallisierten sich so genannte Blue-Chip-Aktien heraus, die allerdings erst später so genannt wurden. Was hat es mit diesen Blue Chips auf sich? Die wichtigsten Fragen und Antworten.
Wahrscheinlich wurde der Begriff „Blue Chip“ 1923 Jahren vom Pokerspiel auf den Aktienmarkt übertragen und geht auf den Dow-Jones-Mitarbeiter Oliver Gingold zurück. Im Pokerspiel haben die blauen Jetons oder Chips den höchsten Wert unter den Spielechips.
Gingold habe angeblich beobachtet, dass bestimmte Aktien zuverlässig über 200 Dollar pro Stück gehandelt wurden und bezeichnete sie in Anlehnung an die hochwertigsten und teuersten Jetons im Spielcasino als „Blue Chips“. Der Name impliziert also Qualität, Stabilität und einen hohen Wert.
Die Analogie zum Pokerspiel unterstreicht, dass diese Aktien also besonders wertvoll und begehrt sind. Seitdem hat sich der Begriff „Blue Chip“ als feststehender Ausdruck für Aktien großer, etablierter und finanziell solider Unternehmen durchgesetzt.
Der Börsenwert von Blue Chips ergibt sich aus deren Marktkapitalisierung, auch Börsenwert genannt. Die Marktkapitalisierung berechnet man, indem man den aktuellen Aktienkurs mit der Anzahl aller frei handelbaren Aktien multipliziert.
Da Aktienkurse schwanken, ändert sich auch der Börsenwert täglich. Einen festen Schwellenwert für die Marktkapitalisierung von Blue Chips gibt es nicht. Ein allgemein akzeptierter Richtwert ist aber eine Marktkapitalisierung von zehn Milliarden US-Dollar.
Am entgegengesetzten Ende des Anlagespektrums befindet sich der sogenannte Pennystock. In Europa sind das in der Regel Unternehmen, deren Aktien für weniger als 1 Euro gehandelt werden und die eine Marktkapitalisierung von weniger als 100 Millionen Euro aufweisen. Beide Bedingungen müssen erfüllt sein, um als Pennystock eingestuft zu werden.
Blue-Chip-Unternehmen zeichnen sich durch folgende Charakteristika aus:
- Hohe Marktkapitalisierung, oft über zehn Milliarden US-Dollar
- Langjährige erfolgreiche Unternehmensgeschichte
- Starke Marktposition und hoher Bekanntheitsgrad, meist „Global Player“
- Hohe Umsätze, solide Bilanz mit gesunden Finanzkennzahlen
- Regelmäßige Dividendenzahlungen
- Notierung in renommierten Aktienindizes wie Dax, Dow Jones, S&P 500 oder Nasdaq 100
Beispiele für deutsche Blue Chips sind zum Beispiel SAP, Allianz oder Airbus. Diese sind im Dax 40 gelistet. Die folgende Tabelle ordnet deutsche Blue Chips nach deren Marktkapitalisierung (Stand: Oktober 2024).
Unternehmen | Marktkapitalisierung |
---|---|
SAP | 241 Mrd. Euro |
Siemens | 130 Mrd. Euro |
Allianz | 114 Mrd. Euro |
Airbus | 103 Mrd. Euro |
Deutsche Post | 44 Mrd. Euro |
Der US-Leitindex ist der Dow Jones. Darin enthalten sind die 40 größten US-amerikanischen börsennotieren Unternehmen. Die folgende Tabelle ordnet US-Blue-Chip-Aktien nach Marktkapitalisierung auf, die im Dow Jones notiert sind (Stand: Oktober 2024).
Unternehmen | Marktkapitalisierung |
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Apple | 3,12 Bil. Euro |
Microsoft | 2,92 Bil. Euro |
Amazon | 1,81 Bil. Euro |
JPMorgan Chase | 539 Mrd. Euro |
Coca-Cola | 277 Mrd. Euro |
Blue-Chip-Aktien bieten Anlegerinnen und Anlegern mehrere Vorteile. Sie zeichnen sich durch eine gewisse Stabilität und ein geringeres Risiko aus. Aufgrund ihrer Größe und Marktposition gelten sie als relativ krisensichern. Das liegt auch daran, dass ihre Produktpaletten oft stark diversifiziert sind und die Geschäfte auf internationalen Märkten stattfinden. Warum Blue Chip Aktien auch als „Aktien für die Ewigkeit“ bezeichnet werden, erfahren Sie hier.
Die Kurse von Blue Chips schwanken in der Regel weniger stark als die von kleineren Unternehmen. Diese sogenannten Mid Caps und Small Caps, auch Nebenwerte genannt, sind beispielsweise in Deutschland im kleinen MDax und SDax vertreten. Als Faustregel gelten zwei bis zehn Milliarden US-Dollar für Mid Caps und 250 Millionen bis zwei Milliarden US-Dollar für Small Caps. In den USA sind Nebenwerte zum Beispiel im Index Russel 2000 enthalten.
Die geringere Volatilität (Schwankung) können Sie am Volatilitätsindex einer Aktie ablesen. In Aktienbewertungsportalen finden Sie hier die entsprechenden Kennzahlen.
Große Unternehmen mit marktbeherrschender Stellung zahlen häufig zuverlässig Dividenden an ihre Aktionäre aus. Zudem können sie am Markt leichter höhere Preise für ihre Produkte und Dienstleistungen durchsetzen, sodass Blue Chips die Dividenden von Jahr zu Jahr anheben können. Solche Unternehmen, die ohne Unterbrechung jedes Jahr Dividenden zahlen, nennt man auch Dividendenaristokraten. Aber nicht alle Blue Chips schütten eine regelmäßig Dividende aus.