Das gekippte Verbot des Magazins „Compact“ stellen die Macher vor allem als Sieg für die Meinungsfreiheit dar. Zugleich können sie jetzt Kasse machen: Nancy Faeser kurbelt das Geschäft an.
Es war alles vorbereitet, für alle Fälle. Ins Bundesverwaltungsgericht hatte Jürgen Elsässer ein T-Shirt mitgebracht mit dem Aufdruck „Bundesregierungbesieger“ – die Redaktion war hingegen darauf eingestellt, dass die Bundesregierung nach der Urteilsverkündung zur Durchsuchung anrückt. Eben je nach Ausgang des Verfahrens um das Verbot des rechtsextremen „Compact“-Magazins, das Nancy Faeser im Juli 2024 erlassen hatte.
„Ich hatte alle Fenster und Türen offengelassen, damit die Polizei reinkommt, ohne etwas kaputtzumachen“, erzählt vor dem Gerichtssaal André Poggenburg. Vor 2018 war er als Weggefährte von Björn Höcke im formell aufgelösten Flügel und Landesvorsitzender der AfD Sachsen-Anhalt einer der bekanntesten rechtsextremen Politiker, heute ist er weniger bekannt als Jürgen Elsässer und wirkt auch eher im Hintergrund. Poggenburg ist zehnprozentiger Gesellschafter und der Prokurist der Compact-Magazin GmbH. Auf seinem Rittergut Nöbeditz im Städtchen Stößen im Burgenlandkreis hat die Firma ihren Sitz. Im vergangenen Jahr bei der Razzia zum Verbot wurde bei ihm etwa die Bühne sichergestellt, mit der „Compact“ auf „Blaue Welle“-Tour zur Unterstützung der AfD ging.
Die Polizei wird nach der Entscheidung des sechsten Senats des Bundesverwaltungsgerichts nicht zu Razzia und Beschlagnahme anrücken, es war Zeit für Elsässers T-Shirt: Als das Gericht verkündet hatte, dass das Bundesinnenministerium zwar das Vereinsrecht zum Verbot nutzen durfte, die Gründe aber nicht ausreichen, da zog Elsässer schnell Jackett und weißes Hemd aus. Für triumphale Bilder trug er das schwarze T-Shirt mit dem weißen Slogan zur Schau. „Wir sind der Bundesregierungsbesieger“, sagte er.
Die Idee geht auf den links verorteten FC St. Pauli zurück. Als der im Februar 2002 den FC Bayern München sensationell und nach aufopferungsvollem Kampf 2:1 bezwungen hatte, gab der Klub zunächst 400 Shirts mit dem Aufdruck „Weltpokalsiegerbesieger“ heraus, mehr als 100.000 waren zehn Jahre später verkauft, und das Shirt findet sich heute noch im Fanshop. „Compact“ will jetzt ähnlich Kasse machen. Nach der Hausdurchsuchung hatte die Firma Morgenmäntel verkauft, wie ihn Elsässer trug, nun wird es die Shirts geben.
„Wir wären ja blöd, wenn wir die Chance nicht nutzen würden“, sagt Poggenburg. „Wir sind ein Medienunternehmen mit Betonung auf Unternehmen, wie wir das auch im Prozess klargemacht haben.“ Da hatte Jürgen Elsässer manche krasse Äußerung damit erklärt, es brauche Aufmerksamkeit und PR, um Leser und Käufer zu finden, nicht alles sei so gemeint. Es ging etwa um den Satz, dass sich „Compact“ für den „Sturz des Regimes“ starkmache. Oder dass man mit Pegida, AfD, „Identitärer Bewegung“ und „Ein Prozent“ fünf Finger einer Faust bilde, die man nicht brechen könne.
Auch das Gericht kam deshalb zum Schluss, der „Elsässer-Kreis“ sei nicht nur ein Presse- und Medienunternehmen, sondern verstehe sich als Teil einer Bewegung, für die er auf eine Machtperspektive hinarbeite. Elsässer hatte das wegwischen wollen mit der Erklärung, man habe aus Marketing-Gründen die eigene Rolle überhöht.