Ständig müde und ausgelaugt
Chronisches Fatigue Syndrom: Was dahinterstecken kann
Aktualisiert am 25.11.2024 – 17:21 UhrLesedauer: 5 Min.
Wer sich über lange Zeit und schon nach kleinen Anstrengungen ausgelaugt fühlt, könnte unter dem Chronic Fatigue Syndrom leiden. Das steckt dahinter.
Müdigkeit ist für viele Menschen ein ständiger Begleiter. Viele kommen haben nicht nur Probleme damit, morgens aus dem Bett zu kommen, sondern fühlen sich auch den ganzen Tag über erschöpft. Die Ursachen, die dahinter stecken können, sind vielfältig. Eine davon ist das Chronic Fatigue Syndrom (Chronisches Erschöpfungssyndrom). Eine Ärztin erklärt, welche Symptome typisch sind und welche Behandlungsmöglichkeiten es gibt.
Das Chronic Fatigue Syndrom – kurz CFS – oder auch Myalgische Enzephalomyelitis genannt, wurde in der älteren medizinischen Literatur oft als „chronisches Erschöpfungssyndrom“ beziehungsweise „chronischen Müdigkeitssyndrom“ bezeichnet. Sievgilt wegen ihres breiten Spektrums an Beschwerden als schwer zu diagnostizieren. Betroffene leiden über längere Zeit unter chronischer Müdigkeit und Erschöpfung, auch Fatigue genannt, die sich nicht „wegschlafen“ lässt.
Typisch ist auch die auf einen Infekt folgende schwere Erschöpfung, die mit ausgeprägten körperlichen und kognitiven Symptomen einhergeht. Selbst kleine Anstrengungen führen – oft erst am Folgetag – zu einer Zunahme der Beschwerden, die tage- oder sogar wochenlang anhalten können. Im Verlauf der Erkrankung werden viele Betroffene arbeitsunfähig, manche sogar bettlägerig und in der Folge pflegebedürftig.
Anfangs wird die Krankheit darum häufig mit Depressionen oder Burn-out verwechselt. Aktuelle Studien sehen jedoch körperliche Faktoren als ursächlich, die das Immunsystem und das autonome Nervensystem beeinträchtigen.
„Es spricht viel dafür, dass es sich bei CFS um eine Autoimmunerkrankung handelt“, sagt Prof. Dr. Carmen Scheibenbogen. Sie leitet die Ambulanz für Patienten mit Immundefekten in der Charité Berlin sowie das Charité Fatigue Centrum, an dem auch die Erkrankung CFS erforscht wird. „Patienten haben unter anderem häufiger Begleiterkrankungen, die wir auch von anderen Autoimmunerkrankungen kennen. Zudem finden wir diese auch in der Familiengeschichte häufiger“, erklärt Scheibenbogen.
Womöglich ist CFS aber keine einheitliche Erkrankung. So erkranken viele Patienten nach einer Infektion, ein Teil aber auch ohne offensichtlichen Auslöser. Aktuelle Zahlen aus den USA gehen davon aus, dass 0,5 Prozent der Bevölkerung von CFS betroffen sind. Damit wären in Deutschland 400.000 Menschen an CFS erkrankt.
Der Bundesverband Chronisches Erschöpfungssyndrom e. V. definiert das Beschwerdebild wie folgt:
„Der Begriff Chronisches Erschöpfungssyndrom beschreibt das zentrale Symptom der Krankheit, deren Ursache medizinisch bisher noch nicht abschließend geklärt ist. Man spricht davon, wenn die Leistungsfähigkeit gegenüber dem gesunden Zustand permanent um mehr als 50 Prozent verringert ist und diese Situation mehr als sechs Monate besteht.“
Das US-amerikanische Institute of Medicine (IOM) wertete 2015 mehr als 9.000 wissenschaftliche Arbeiten zu CFS aus und definierte als Leitsymptome neben der maßgeblichen Einschränkung im Alltagsleben eine Kränklichkeit nach Anstrengungen („post-exertional malaise“) und einen nicht erholsamen Schlaf („unrefreshing sleep“) sowie kognitive Einschränkungen oder Kreislaufbeschwerden über mindestens ein halbes Jahr.
Prof. Dr. Carmen Scheibenbogen ist Hämato-Onkologin und leitet die Ambulanz für Patienten mit Immundefekten in der Charité Berlin sowie das Charité Fatigue Centrum, an dem unter anderem die Erkrankung CFS erforscht wird. Das Fatigue-Zentrum wurde 2018 begründet und ist bislang das einzige Zentrum seiner Art in Deutschland für Erwachsene.
CFS wird häufig erst spät diagnostiziert, weil viele Symptome denen anderer Erkrankungen gleichen und viele Ärzte nicht ausreichend über die Erkrankung informiert sind. Über Laborergebnisse oder andere Diagnoseverfahren mit objektiven Parametern lässt sich die Krankheit bislang nicht nachweisen. CFS beginnt oft plötzlich und wird meist chronisch.
Ein Leitsymptom ist die Belastungsintoleranz. Die Patienten kommen oft schon bei leichten Aktivitäten wie etwa fünf Minuten Spazierengehen an ihre Belastungsgrenzen und erleben danach oft einen dramatischen Zusammenbruch und liegen tagelang im Bett.
„Wenn man Patienten fragt, was passiert, wenn sie Sport machen, dann schildern sie eindrucksvoll die ausgeprägte Zustandsverschlechterung oft für Tage oder Wochen“, sagt Carmen Schreibenbogen. Neben dieser sogenannten Fatigue haben die Patienten schwere Konzentrationsstörungen und Schmerzen.
Die meisten Patienten haben schwere Schlafstörungen. Viele haben auch Vitamin- und Eisenmangel und häufig starke Schmerzen, leiden an einem Reizdarm, weil sie viele Nahrungsmittel nicht mehr vertragen. Oft ist die Muskelkraft deutlich vermindert und die Patienten sind anfälliger für Infekte und bekommen schwere Allergien. Viele Betroffene sind zudem stark reizempfindlich, halten normale Geräusche, Temperaturschwankungen und Licht nicht mehr gut aus.
- geringe Belastbarkeit
- Stimmungsschwankungen, Ängste, Panikattacken
- Konzentrationsschwäche und Gedächtnisstörungen
- Chronische Erschöpfung (Fatigue) bis hin zur Bettlägerigkeit
- starke Schlafstörungen und nicht erholsamer Schlaf
- Vitamin- und Eisenmangel
- Reizdarm
- verminderte Muskelkraft
- starke Allergien
- Infektanfälligkeit
- Halsschmerzen und geschwollene Lymphknoten
- Kopf- und Gliederschmerzen
- Muskel- und Gelenkschmerzen
- Licht-, Temperatur- und Geräuschempfindlichkeit
- Übelkeit und Magen-Darm-Beschwerden
- Herz-Kreislaufbeschwerden
- Kurzatmigkeit