Roboter übernehmen immer komplexere Aufgaben – und leisten längst mehr als stupide Fließbandarbeit. Während die einen um ihre Jobs fürchten, könnten Anleger von der Entwicklung profitieren.
Was früher wie Science-Fiction klang, ist heute Industriealltag: In der Automobilfertigung, in der Lagerlogistik, bei Operationen im OP-Saal oder sogar im Supermarkt – Roboter übernehmen längst Aufgaben, die einst Menschen vorbehalten waren. Für Tom Riley, Investmentexperte bei AXA IM und Leiter der Robotech-Strategie, ist das erst der Anfang.
„Die Technologie hat sich von der Idee zur tragenden Wirtschaftskraft entwickelt“, sagt er im Interview mit t-online. Vom smarten Einkaufswagen bis zur KI-gestützten Krebstherapie – Roboter finden in immer mehr Lebens- und Arbeitsbereichen ihren Platz. Und das weltweit: Die USA, Japan, Südkorea, China und Deutschland treiben die Entwicklung mit Nachdruck voran.
Besonders dynamisch zeigt sich die Branche dort, wo der Mangel an Fachkräften wächst und Effizienz gefragt ist – etwa in der Pflege, Bauwirtschaft oder Landwirtschaft. Klar ist: Die Entwicklung ist nicht aufzuhalten. Und sie bietet enormes Potenzial – auch für Anleger.
„Robotech bietet eine Vielzahl an Einsatzmöglichkeiten, vom Gesundheitswesen über die industrielle Fertigung bis hin zu alltäglichen Anwendungen“, sagt Riley. Besonders gefragt seien robotische Assistenzsysteme, die Pflegepersonal unterstützen oder bei Operationen helfen. Aber auch autonome Fahrzeuge, intelligente Logistiksysteme und Industrieroboter in Fabriken zählen zu den Wachstumstreibern.
Dabei geht es längst nicht mehr nur um physische Maschinen: Auch Software-Roboter, sogenannte Bots, übernehmen repetitive Aufgaben in der Buchhaltung oder im Kundenservice. Riley erklärt: „Die Entwicklungen im Bereich Künstliche Intelligenz treiben die Leistungsfähigkeit und Einsatzbreite weiter voran.“ Gleichzeitig werden aber auch neue Berufe und ganze Industriezweige geschaffen.
Riley weist darauf hin, dass Robotik in der Medizin kein neues Konzept sei. Bereits 1985 führte die Programmable Universal Machine for Assembly (PUMA 200) die erste robotergestützte Operation an einem Menschen durch – eine neurochirurgische Biopsie. In den folgenden Jahren wurde die Technologie weiterentwickelt, da Roboter zunehmend präzisere Eingriffe ermöglichten.
Mit der Fernsteuerung von Roboterarmen wuchs das Potenzial dann erheblich. Seitdem expandiere die Branche, angetrieben von technologischen Fortschritten in Hard- und Software sowie der steigenden Nachfrage nach sicheren, präzisen und innovativen Gesundheitslösungen für eine wachsende und alternde Weltbevölkerung.
„Gerade mit Blick auf die Chirurgie zeigt sich das enorme Potenzial der Robotik im medizinischen Anwendungsbereich“, sagt Riley. Zu den führenden Anbietern gehöre hier Intuitive Surgical, ein Hersteller robotergestützter chirurgischer Medizingeräte.
Dank jahrzehntelanger Forschung und kontinuierlicher Weiterentwicklung ist die Plattform Da Vinci inzwischen in ihrer fünften Generation und zählt zu den führenden Roboterchirurgie-Systemen weltweit.
„Um das auch mal in Zahlen auszudrücken: 2024 wurden ca. 2,7 Millionen Operationen mit ihr durchgeführt. Die aktuelle Version nutzt KI mit der 10.000-fachen Rechengeschwindigkeit ihres Vorgängers, verarbeitet enorme Datenmengen und optimiert so Training, OP-Techniken und Ergebnisse für präzisere, minimalinvasive Eingriffe“, sagt Riley.
Arbeitsmarkt im Wandel: Gefahr oder Chance?
Doch während viele Anwendungen faszinieren, bleibt die Sorge um Arbeitsplätze. Können Menschen mit der Effizienz der Maschinen mithalten? Werden Arbeitsplätze wegautomatisiert? Für Riley ist klar: „Die Robotik schafft nicht nur neue Effizienzgewinne, sondern eröffnet auch ganz neue Tätigkeitsfelder.“
Insbesondere dort, wo Arbeiten wiederholend oder gefährlich sind, könnten bereits in naher Zukunft KI-gestützte Roboter viele Aufgaben übernehmen. Büroangestellte dürften in dieser Entwicklung eher eine unterstützende Rolle übernehmen, da ihre Aufgaben oft kreatives Denken und zwischen menschliche Interaktionen erfordern.
KI-Technologien könnten hier administrative Prozesse erleichtern und so mehr Raum für strategische und innovative Tätigkeiten schaffen. Es werde eher eine Umgestaltung der Arbeitsaufgaben geben als einen vollständigen Ersatz, glaubt Riley.
Genau hier liegen laut dem Experten auch die Chancen für Investoren: „Unternehmen, die Roboterlösungen entwickeln oder integrieren, könnten erheblich profitieren – und damit auch deren Anleger.“
Ein Blick auf die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen zeigt: Robotech ist kein kurzfristiger Hype, sondern Teil eines langfristigen Trends. „Wir beobachten eine zunehmende Integration dieser Technologien in traditionelle Geschäftsmodelle“, sagt Riley. „Die Nachfrage wird von mehreren Faktoren getragen – unter anderem vom demografischen Wandel, dem Fachkräftemangel und dem steigenden Effizienzdruck in Unternehmen.“