Der Wirtschaftsrat der CDU lädt zu einem Vortrag mit einem Professor, der berüchtigt ist für Desinformation und Lügen rund um Corona. Plötzlich soll es aber um etwas anderes gehen.

Erst in dieser Woche verkündete er, er wolle lieber Krebs haben als die „Plörre von Biontec“, und schrieb dabei den Namen des Unternehmens prompt falsch. Jetzt soll der in der Coronapandemie mit Verzerrungen, Desinformation und Lügen aufgefallene Ruhestands-Professor Stefan Homburg beim Wirtschaftsrat der CDU sprechen.

Eingeladen hat ihn der Landesverband in Rheinland-Pfalz. Ausgerechnet in dem Bundesland also, wo Biontech seinen Sitz hat und die Forschungsleistungen und wo die Steuerzahlungen des erfolgreichen Unternehmens das Land erstmals zu einem Nettozahler im Länderfinanzausgleich gemacht haben. Trotz Kritik hält die Lobbygruppe aus der Wirtschaft an diesem Termin fest. Der Inhalt soll aber anders sein als angegeben, heißt es.

Stefan Homburg war einstmals gefragter Experte, ein Volkswirt mit Bilderbuchkarriere. Bereits mit 29 Jahren trat er an der für Ökonomie renommierten Universität Bonn seine erste Professur an, er ist Autor eines Standardwerks und saß in den 2000er-Jahren zeitweise an aufeinanderfolgenden Tagen als Gast in Talkshows von Johannes B. Kerner und Maybrit Illner. Homburg war zudem von 2004 bis 2007 Mitglied des Rates für nachhaltige Entwicklung der Bundesregierung unter Gerhard Schröder und Angela Merkel und gehörte der Kommission von Bundestag und Bundesrat zur Modernisierung der bundesstaatlichen Ordnung an.

Lockdown-Zweifel machten Homburg zu Galionsfigur

Schon in jener Zeit fiel er aber auch mit einer eigenwilligen Interpretation von Fakten auf: Als er mit einem vermeintlich krassen Beispiel Probleme beim Planverfahren zum Hochschulbau belegen wollte, zerlegte ihn anschließend die damalige Bundesbildungsministerin Edelgard Bulmahn (SPD). Grundlagen seiner Darstellung stimmten nicht, sie seien „nicht nachvollziehbar“.

Längere Zeit wurde es dann stiller um Homburg. Zu Beginn der Corona-Pandemie im Jahr 2020 bekam er unter anderem in der „Welt“ ein großes Forum, als er vermeintlich belegte, dass es wegen zurückgehender Infektionszahlen keinen Grund mehr für einen Lockdown gebe. Homburg wurde damit zum Hoffnungsträger derjenigen, die die Maßnahmen ablehnten. Er lieferte ihnen Belege mit wissenschaftlichem Anstrich, gewann so auch 140.000 Follower auf X, von denen ihn bis heute viele energisch gegen jede Kritik verteidigen.

Schon im Mai 2020 distanzierte sich die Spitze der Universität Hannover von Homburg, wo er Direktor des Instituts für Öffentliche Finanzen war: Senat, Präsidium und Hochschulrat warfen ihm in einer gemeinsamen Stellungnahme „eine unerträgliche Verharmlosung der Geschehnisse im Jahr 1933“ vor, weil er entsprechende Parallelen zu den Corona-Maßnahmen gezogen hatte. Darüber sagt Homburg heute verächtlich, was „ein paar Funktionäre“ gesagt hätten, die „auf den Pandemieschwindel hereingefallen sind“, interessiere nur „Impfnarzissen“ (sic!). Seriöse Medien gaben Homburg kein Forum mehr.

Umso größer ist Verwunderung, weil seit am Mittwoch der Termin des Wirtschaftsrats im Netz Kreise zieht. Im Kurznachrichtendienst X warf Ruprecht Polenz, früher CDU-Generalsekretär, ironisch ein, demnächst gebe es dann in dieser Reihe beim Wirtschaftsrat der CDU auch Veranstaltungen wie „Chemtrails und ihre Auswirkungen auf unsere Gesundheit“. Aufhänger für den lustigen Spruch war der Gastredner, der den Wirtschaftsrat demnach am 23. April besuchen soll: Stefan Homburg.

Krebspatienten empört über Homburg-Äußerung

Beim Wirtschaftsrat handelt es sich um eine Lobbyorganisation für Unternehmen, die mit Duldung der Partei den Zusatz „der CDU“ im Namen führt. Dem Wirtschaftsrat geht es vor allem darum, Wirtschaftsinteressen in die CDU zu tragen – die CDU wiederum profitiert umgekehrt vom Wirtschaftsrat, weil sich in ihm zahlungskräftige Unterstützer und Spender organisieren.

Zwar hat der Verein nicht den Status einer Vereinigung oder Sonderorganisation innerhalb der Union. Auf X schrieben Nutzer dennoch hochrangige CDU-Politiker und sogar Parteichef Friedrich Merz an, wieso Homburg eine Bühne gegeben werde.

Und Homburg goss am Donnerstag Öl ins Feuer: Er schrieb nicht nur, er wolle lieber Krebs als die Impfung von Biontech gegen Krebs – die zur Behandlung von an Krebs erkrankten Patienten nach einer Analyse des jeweiligen Tumors gedacht ist. Er löste so auch empörte Reaktionen von Menschen aus, die an Krebs erkrankt sind oder Angehörige durch Krebs verloren haben.

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