Die „Letzte Generation“ ist für ihre radikalen Protestformen bekannt. Jetzt will die Gruppe ins EU-Parlament. Ein Ende des Widerstands ist damit aber nicht in Sicht.

Was erhofft sich die Gruppe von der Kandidatur für das EU-Parlament, und ist diese, so kurz vor der Wahl im Juni, überhaupt noch möglich? t-online hat mit Carla Hinrichs gesprochen. Sie ist eine der Pressesprecherinnen der Gruppe.

t-online: Frau Hinrichs, warum tritt die „Letzte Generation“ bei der Europawahl an?

Carla Hinrichs: Für uns ist es ein logischer Schritt: Wir wollen den Widerstand in alle Bereiche der Gesellschaft tragen. Wir werden die Parlamente herausfordern und das natürlich auch in Brüssel.

Aber kritisierte Ihre Gruppe nicht in der Vergangenheit immer wieder den Parlamentarismus?

Richtig, wir kritisieren das derzeitige Parteiensystem. Die Krisen überschlagen sich und die Parlamente haben keinen Plan, uns aus diesen Krisen zu führen.

Heißt das, Ihre Mitglieder gehen eigentlich nicht wählen?

Wir sind im Herzen demokratisch – natürlich gehen wir wählen. Deshalb wollen wir auch zur Europawahl antreten. Wir haben es satt, unsere Kreuze beim geringsten Übel setzen zu müssen. Wir wollen keine Parteien mehr wählen, die wir im Grunde eigentlich kritisieren. Mit unserer Kandidatur wollen wir Menschen die Möglichkeit geben, ein Kreuz dort zu setzen, wo sie sich vertreten sehen, woran sie glauben.

Ist die „Letzte Generation“ also bald nur noch eine Partei?

Wir haben eine politische Vereinigung gegründet, keine Partei. Zur Europawahl können wir damit antreten. Aber es ist wichtig, ganz klar zu sagen: Wir sind jetzt nicht weg von der Straße.

Wir werden diesen Frühling trotzdem zum Widerstandsfrühling machen. Wir werden weiter stören. Wir werden unignorierbar bleiben. Unseren Protest werden wir aber nicht mehr nur auf die Straßen tragen, sondern auch an die Orte der Zerstörung bringen. Und wir werden auch Politiker unterbrechen. Das wird alles parallel zu dem Versuch passieren, das Parlament aufzumischen.

2024-02-28 13:40:52.128 – 1709127652128

Widerstand nach Brüssel tragen, das klingt für mich nicht nach konstruktiver parlamentarischer Arbeit – wie soll das aussehen?

Es geht uns nicht darum, ein Teil des Systems zu werden oder in diesem System mitzuspielen. Es geht uns darum, dieses System wachzurütteln. Das ist unsere Aufgabe als Protestbewegung, und diese werden wir erfüllen. Wir haben eine ganz andere Zielsetzung als andere Parteien, die dort antreten.

Also haben Sie neben dem reinen Widerstand keine politischen Ziele?

Die Krisen sind seit Jahrzehnten bekannt. Wir sind der Überzeugung, dass es eine fundamentale Verwandlung unseres Systems braucht, um diese zu bewältigen. Unser Parteiensystem ist anscheinend nicht in der Lage, das zu tun. Aber wir haben einen Ausweg, für den wir kämpfen.

Können Sie das konkretisieren?

Es müssen mehr Menschen dazu geholt werden. Wir wollen die Demokratie wieder demokratischer machen. Wir müssen alle Menschen in Gesellschaftsräten zusammenbringen, um an einem Plan gegen die Klimakrise zu arbeiten. Das ist unser Hauptziel, und wir wollen uns auch im Parlament dafür einsetzen, dass die Macht mehr in die Hände der Menschen gelegt wird.

Haben Sie auch konkrete Forderungen in Ihrem Wahlprogramm?

Neben den bereits erwähnten Gesellschaftsräten setzen wir uns für einen schnelleren Ausstieg aus den fossilen Brennstoffen ein – bis 2030 muss damit Schluss sein. Außerdem wollen wir Bewegungen, also den Menschen, die sich bereits heute für eine bessere Welt einsetzen, den Rücken stärken.

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