Deutsche Einheit
Bundesverfassungsgericht: Soli darf bleiben – noch
Aktualisiert am 26.03.2025 – 12:05 UhrLesedauer: 3 Min.
Ja oder Nein zum Soli? Seit Jahren schwelt ein Streit um die umstrittene Abgabe, einst gedacht für die Kosten der Wiedervereinigung. Nun hat das Bundesverfassungsgericht entschieden.
Der Solidaritätszuschlag darf erst einmal weiter erhoben werden. Das entschied das Bundesverfassungsgericht und wies damit eine Beschwerde von mehreren FDP-Politikern zurück. Die bisher noch von dem Abschlag betroffenen Steuerpflichtigen – Unternehmen, Kapitalanleger und Gutverdienende – müssen die Abgabe also weiter zahlen.
Der künftigen Bundesregierung dürfte nun angesichts der ohnehin schwierigen Haushaltslage ein Stein vom Herzen fallen. Denn über die Abgabe fließen bisher Jahr für Jahr zweistellige Milliardenbeträge in den Etat. Hätte Karlsruhe den Soli gekippt, hätte sich ein erhebliches Loch im Etat aufgetan. (Az. 2 BvR 1505/20)
Einen Freibrief für die Abgabe bedeutet dies aber nicht: Der Senat wies sehr deutlich darauf hin, dass eine Ergänzungsabgabe wie der Soli nicht zeitlich unbegrenzt erhoben dürfe und immer wieder geprüft werden müsse. Denn die Abgabe werde verfassungswidrig, wenn der „aufgabenbezogene Mehrbedarf“ – in diesem Fall die zusätzlichen Kosten für die Deutsche Einheit – offensichtlich wegfällt. Heute sei das noch nicht der Fall, urteilten die Richterinnen und Richter. Der Bund müsse das aber im Blick behalten.
Gericht: Keine Ungleichbehandlung
Der Soli wird als Zuschlag auf die Einkommens- und Körperschaftsteuer sowie Kapitalerträge erhoben und beträgt 5,5 Prozent der jeweiligen Steuer. Das sei keine unzumutbare Besteuerung, betonte Richterin Christine Langenfeld. Auch liege dadurch, dass nur noch ein kleiner Teil der Steuerpflichtigen den Soli abgeben müsse, keine Ungleichbehandlung der Steuerzahler vor. Damit hatten unter anderem die klagenden FDP-Politiker argumentiert.
Einer von ihnen, der ehemalige Fraktionsvorsitzende Christian Dürr, betonte, die Beschwerde sei zwar zurückgewiesen worden. „Aber der Senat hat dem Steuerstaat heute klare Grenzen gesetzt.“ Der wohl künftige Bundeskanzler Friedrich Merz müsse jetzt handeln: „Wer sich 1,5 Billionen Euro Schulden genehmigt, sollte auch in der Lage sein, 13 Milliarden Euro jährliche Entlastung für Betriebe, Leistungsträger und Sparer umzusetzen. Eine politische Entscheidung ist heute umso notwendiger geworden“, so Dürr.
Die Union pochte nach dem Urteil auf Steuererleichterungen. „Wir akzeptieren das Urteil. Gleichwohl bräuchten wir jetzt dringend steuerliche Entlastungen für die Unternehmen und für die arbeitende Mitte, damit der Standort Deutschland im internationalen Vergleich wieder wettbewerbsfähig wird und wir auf einen Wachstumskurs zurückkehren“, sagte der CDU-Haushaltspolitiker Mathias Middelberg der Deutschen Presse-Agentur. Wirtschaftsverbände forderten Union und SPD auf, den Solidaritätszuschlag abzuschaffen.
Der geschäftsführende Finanzminister Jörg Kukies begrüßte die Karlsruher Entscheidung. Damit sei Klarheit geschaffen für die Aufstellung des Bundeshaushalts.
Ursprünglich war der Soli eingeführt worden, um die Kosten für die deutsche Wiedervereinigung zu finanzieren. Zunächst galt er befristet, seit dem Jahr 1995 wurde er dauerhaft eingeführt. Die Abgabe fließt ausschließlich dem Bund zu. Für 90 Prozent der Steuerpflichtigen wurde sie im Rahmen des „Gesetzes zur Rückführung des Solidaritätszuschlags 1995“ abgeschafft.
Sechs FDP-Politiker, seinerzeit in der Opposition, hatten wegen der umstrittenen Abgabe schließlich das oberste deutsche Gericht angerufen. Sie waren der Meinung, der Zuschlag sei Ende 2019 mit Auslaufen des Solidarpakts II, über den Transferleistungen an die ostdeutschen Bundesländer flossen, verfassungswidrig geworden. Dem widersprach der Senat ebenfalls deutlich. Es komme nicht auf bestimmte zeitliche Fristen an, sondern allein darauf, ob es noch einen Mehrbedarf gebe oder nicht.
Das Bundesverfassungsgericht berief sich in seinem Urteil auch auf ein im Verfahren vorgelegtes Gutachten, nach dem der Bundeshaushalt noch bis 2030 in bestimmten Bereichen durch die Einheit belastet werde. Dass die in der Verhandlung im November angehörten Ökonomen keine einheitliche Bewertung dazu hatten, deutete das Gericht als Zeichen dafür, dass zumindest nicht von einem offensichtlichen Wegfall der Mehrkosten ausgegangen werden könne.