Verheerender Ausblick für die deutsche Wirtschaft: Läuft alles weiter wie bisher, erwartet die Bundesregierung bis 2028 kaum Wachstum.

Die Bundesregierung rechnet nicht nur für 2024, sondern auch für die kommenden Jahre nur mit einem Mini-Wachstum für die deutsche Wirtschaft – sofern nicht „zusätzliche Maßnahmen“ ergriffen werden. Das geht aus einem Entwurf des Jahreswirtschaftsberichts der Regierung hervor, der t-online vorliegt.

Demnach erwartet die Regierung für die Jahre bis 2028 „ein jährliches Potenzialwachstum von nur noch [0,6 bis 0,8] Prozent“. Die in eckige Klammern gefassten Angaben deuten dabei auf eine Art Korridor hin, in der finalen Fassung des Berichts werden diese voraussichtlich durch einen einzelnen Wert ersetzt. Zum Vergleich: In den Jahren 2010 bis 2019 wuchs die Wirtschaft im Schnitt um 1,9 Prozent.

Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) will den Jahreswirtschaftsbericht kommende Woche Mittwoch in Berlin vorstellen. Bei dem mehr als 100 Seiten umfassenden Schriftstück handelt es sich um eine Bestandsaufnahme des Wirtschaftsstandorts Deutschland, gepaart mit wirtschaftspolitischen Vorhaben der Regierung.

Habeck stampft Wachstumsprognose für 2024 ein

Bereits vor wenigen Tagen hatte Habeck am Rande einer Veranstaltung einen Bericht der Nachrichtenagentur Reuters bestätigt, dem zufolge die Regierung für 2024 nur noch von einem minimalen Plus beim Bruttoinlandsprodukt ausgeht. Statt der noch im Herbst erwarteten 1,3 Prozent Wachstum geht Habeck nun lediglich von einem BIP-Zuwachs von 0,2 Prozent aus, wobei diese Zahl in der Entwurfsfassung so noch nicht auftaucht.

Als Potenzialwachstum wird der erwartete prozentuale Zuwachs der Wirtschaftsleistung im Jahresvergleich bezeichnet. Da es sich dabei um eine Prognose handelt, braucht es Annahmen über einzelne Rahmenbedingungen, die sich natürlich ändern können. Die Berechnung ist darum mit Unsicherheiten behaftet.

Darauf weist im Entwurf zum Jahreswirtschaftsbericht auch die Bundesregierung hin. Aus der Luft gegriffen ist der Trend zum Mini-Wachstum allerdings nicht. Bereits Ende 2023 hatten die fünf „Wirtschaftsweisen“ eine ähnliche Prognose vorgestellt. Der Ökonomen-Sachverständigenrat, der die Bundesregierung in wirtschaftlichen Fragen berät, geht für die nächsten Jahre bis 2028 sogar von einem noch geringeren Potenzialwachstum in Höhe von nur 0,4 Prozent pro Jahr aus.

Ohne Wachstum drohen Verteilungskämpfe

Grund für die absehbare Wirtschaftsflaute ist dabei vor allem der demografische Wandel: Weil Millionen Vertreter der geburtenstarken Babyboomer-Jahrgänge in Rente gehen und nicht gleich viele jüngere Menschen in den Arbeitsmarkt nachrücken, sinkt das Arbeitsvolumen.

Dies betont auch der Jahreswirtschaftsbericht: „Anders als in den 1980er-Jahren geht es heute weniger darum, die Nachfrage nach Arbeitskräften zu erhöhen im Sinne einer Bekämpfung von Arbeitslosigkeit. Vielmehr ist angesichts des zunehmenden Fachkräftemangels eine Stabilisierung des vorhandenen Arbeitsangebots, der Hebung von Potenzialen sowie eine Erhöhung der Arbeitsproduktivität erforderlich.“

Warum ein höheres Wirtschaftswachstum so wichtig ist, hält das Ministerium von Robert Habeck ebenfalls fest: „Die Bundesregierung ist überzeugt, dass eine stetige und angemessene Wachstumsdynamik notwendig ist, um die drängenden Aufgaben ohne zunehmende verteilungspolitische Konflikte zu bewältigen.“ Heißt im Klartext: Wächst der Wohlstand nicht schnell genug – und mit ihm die Steuereinnahmen – kommt Deutschland in die Bredouille. Dann muss der Staat – wie schon zuletzt bei den Bauern – bei den einen Zuwendungen streichen, um andernorts Geld auszugeben, zum Beispiel für Steuersenkungen.

Unterschiedliche Auffassungen der Wirtschaftspolitik

Um die Wirtschaft zu beleben, um die Bedingungen zu verbessern und um so doch noch ein größeres Wirtschaftswachstum zu ermöglichen, „setzt die Bundesregierung insbesondere auf eine [transformative] Angebotspolitik“. Gemeint sind damit unter anderem verbesserte Standortfaktoren, die derzeit als Hindernis für die dynamische Entwicklung gelten, etwa der Fach- und Arbeitskräftemangel, die Lasten der Bürokratie und bezahlbarer Wohnraum.

Interessant an der Formulierung in der Entwurfsfassung ist dabei der abermals in eckige Klammern gesetzte Begriff „transformativ“. Hier scheint sich die Regierung, insbesondere das von Habeck geführte Wirtschaftsministerium und das von Christian Lindner (FDP) geführte Finanzministerium, noch nicht einig zu sein.

Denn während Habeck und die Grünen ein stark eingreifendes, interventionistisches Verständnis von Wirtschaftspolitik haben, das die Transformation der Wirtschaft lenkt, stehen die Liberalen und Lindner für einen Staat, der den Unternehmen gute Rahmenbedingungen setzt, sie aber weniger an die Hand nimmt und ihre Investitionen steuert.

Insgesamt führt der Jahreswirtschaftsbericht zehn Handlungsfelder auf, in denen sich die Regierung im Sinne des nötigen Wirtschaftsaufschwungs stärker engagieren will, darunter die Verkürzung von Genehmigungsverfahren und die Sicherung der Energieversorgung. Von Steuersenkungen für Unternehmen, wie sie Habeck selbst in Verbindung mit einem Sonder-Schuldentopf ins Spiel gebracht hatte, ist in der Entwurfsfassung, die t-online vorliegt, derweil noch nichts zu lesen.

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