Das BSW fordert einen Untersuchungsausschuss im Bundestag, um die Coronazeit aufzuarbeiten. Die Chancen dafür sind gering, trotzdem steckt Sprengkraft in ihrem Antrag.

Das Bündnis Sahra Wagenknecht will einen Antrag auf einen Corona-Untersuchungsausschuss in den Bundestag einbringen – und nimmt dabei erstmals die Unterstützung der AfD in Kauf, die eine Aufarbeitung in der Vergangenheit immer wieder gefordert hatte. Der Antrag liegt t-online exklusiv vor und wurde an alle Abgeordneten des deutschen Bundestagstages gesendet.

Das BSW hat nur zehn Abgeordnete im Bundestag; sie sind deshalb keine Fraktion, sondern nur eine Gruppe – und können damit allein keinen Antrag auf die Tagesordnung setzen. Damit der Ausschuss tatsächlich zustande kommt, wäre daher die Zustimmung von mindestens 25 Prozent der Parlamentarier notwendig.

Auf den ersten Blick ist dem Ansinnen des BSW damit wenig Erfolg einzuräumen. Das nötige Viertel liegt angesichts der Größe des Bundestags bei 183 Abgeordneten. Selbst mit der Zustimmung aller 78 AfD-Abgeordneten würden die zehn BSW-Abgeordneten daher nicht einmal die Hälfte der notwendigen Stimmen erreichen. Für eine Diskussion und die potenzielle Einsetzung eines Ausschusses wären also weitere 95 Abgeordnete aus anderen Fraktionen notwendig, etwa aus der oppositionellen Union oder den Ampel-Fraktionen. Beides gilt als nahezu ausgeschlossen.

Trotzdem ist der Antrag auf von Brisanz. Bislang nämlich haben die AfD und BSW im Parlament noch nicht in dieser Form gemeinsam abgestimmt. Auch wenn es nur von symbolischer Bedeutung sein mag, könnte sich das jetzt ändern.

Denn: Auch in der in Teilen rechtsextremen AfD gibt es viele, die einen Untersuchungsausschuss befürworten. Der stellvertretende Bundessprecher der AfD, Stephan Brandner, sagte mit Verweis auf einen Antrag seiner eigenen Fraktion im Frühjahr: „Zur Aufarbeitung des politischen Vollversagens der Altparteien während der Corona-Pandemie gibt es lediglich zwei Mittel: das Strafrecht und den Untersuchungsausschuss.“

Beim BSW ist man sich dessen bewusst. Wagenknecht sagt t-online dazu: „Einen solchen Antrag nicht einzubringen, weil ihn auch die AfD unterstützen könnte, wäre kindisch und der Bedeutung des Anliegens nicht gerecht.“ Wie die AfD mit dem Vorhaben des BSW umgehen wird, blieb bis zuletzt offen.

Der Antrag der BSW-Gruppe jedenfalls ähnelt in Teilen sehr dem, was auch die AfD in der Vergangenheit in einem eigenen Untersuchungsausschuss-Antrag verfasste. Die Vorwürfe darin wiegen schwer. So sprechen die Autoren von „politischer Einflussnahme auf das Robert Koch-Institut“ oder der „Unterdrückung abweichender Positionen im öffentlichen Diskurs“. Den Gesetzesbeschluss des Deutschen Bundestages zum „Schutz der Bevölkerung bei einer epidemischen Lage von nationaler Tragweite“ kritisiert das BSW in dem Antrag scharf. „Damit wurde die Gewaltenteilung teilweise aufgehoben“, heißt es im Antrag.

Ihre Belege für die Einflüsse auf das RKI stützt das BSW auf die ungeschwärzten sogenannten „RKI-Files“, also die Protokolle des Corona-Krisenstabs, die das Medium „Multipolar“ im März veröffentlicht hatte. Diese hätten gezeigt, dass „Entscheidungen nicht auf wissenschaftlicher Grundlage erfolgten, sondern politisch vorgegeben wurden“, sagt Andrej Hunko, der gesundheitspolitische Sprecher des BSW im Bundestag.

Als Untersuchungsgegenstand nennt der Antrag das „Verhalten der Bundesregierung und ihrer Behörden“ in der Corona-Pandemie. Sie verlangen, den Zeitraum seit dem 1. September 2019 bis heute unter die Lupe zu nehmen. Doch das ist bis zum Ende der aktuellen Legislaturperiode im September 2025 nicht vollumfänglich möglich. Deshalb solle er als Vorbereitung dienen – für einen Untersuchungsausschuss nach der nächsten Wahl. Dann über die gesamten vier Jahre.

Die Aufarbeitung der Corona-Politik ist immer wieder Gegenstand von Diskussionen. Bislang konnte sich der Bundestag noch auf kein Verfahren einigen. Während AfD – und nun auch BSW – immer wieder einen parlamentarischen Untersuchungsausschuss als Instrument dafür ins Spiel bringen, sprechen sich die übrigen Fraktionen für andere Wege aus.

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