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Zwei EU-Abgeordnete des BSW sind bei den Feierlichkeiten zum Tag der Befreiung in Moskau. Besonders einer pflegt engere Kontakte nach Russland als bislang bekannt.

Am 9. Mai jeden Jahres steht Russland still – zumindest für einen Moment. Dann wird an den „Tag des Sieges“ über Nazi-Deutschland im Jahr 1945 erinnert, einen der wichtigsten Feiertage des Landes. Die Gedenkveranstaltungen zum Ende des Zweiten Weltkrieges in Europa haben in Russland nicht nur historische Bedeutung. Sie sind Teil der nationalen Identität und der staatlichen Selbstinszenierung. Mit großen Paraden demonstriert Russland militärische Stärke und Stolz.

In Friedenszeiten konnte der Kreml dabei auf internationales Publikum zählen. Jährlich reisten Staatschefs aus aller Welt an, 2010 noch Angela Merkel. Selbst nach der Annexion der Krim ließ sich Deutschland durch seinen Botschafter bei den Feierlichkeiten vertreten. Diese Zeiten sind aber vorbei. Offizielle Gäste aus der Europäischen Union sind rar gesät. In diese Lücke stößt nun das Bündnis Sahra Wagenknecht.

Die EU-Abgeordneten Michael von der Schulenburg und Ruth Firmenich, beide BSW, feiern das Weltkriegsende in Europa bei Veranstaltungen in Moskau. Das bestätigte ein Sprecher des Bündnis Sahra Wagenknecht t-online. In einer Pressemitteilung der Partei hatte es zunächst lediglich geheißen, dass Mitglieder des BSW auch an „offiziellen Gedenkveranstaltungen“ teilnehmen. Erst in einer späteren Veröffentlichung der Partei stellte sich heraus, dass damit auch Veranstaltungen in Moskau gemeint sind.

Besonders für von der Schulenburg scheint dies nur konsequent. Nach Recherchen von t-online unterhält er engere Verbindungen zu offiziellen russischen Stellen als bislang bekannt.

Allein im letzten Dreivierteljahr traf von der Schulenburg mindestens drei Mal russische Diplomaten in Brüssel und Berlin: Am 15. Oktober 2024 und 18. Februar 2025 standen Besprechungen mit der permanenten Mission Russlands in der EU an. Am 15. Januar traf sich von der Schulenburg sogar mit Russlands Botschafter in Deutschland, Sergej Netschajew. Das geht aus von ihm selbst veröffentlichten Angaben auf den Seiten des EU-Parlaments hervor. Details zu den Gesprächsinhalten sind nicht bekannt. Lediglich heißt es, es sei um die diplomatischen Beziehungen gegangen.

Die sind sozusagen von der Schulenburgs politisches Steckenpferd: Er ist ein ehemaliger Diplomat der OSZE und der UN. Er vermittelte in Konflikten im Iran, Syrien und auch im Irak. Erst kürzlich offenbarte er in einem Interview mit der Wochenzeitung „Der Freitag“, er sei im Auftrag einer nicht genannten britischen Organisation auch an den russisch-ukrainischen Friedensverhandlungen in Istanbul 2022 beteiligt gewesen.

„Ich bin dann ausgestiegen, weil ich das Gefühl hatte, dass das eine sehr spezielle NGO ist, mit der ich wohl eher doch nicht so gern zusammenarbeite. Aber ich kenne die Vertragsentwürfe“, sagte er der Zeitung. Als Abgeordneter im EU-Parlament nahm er seit Mitte 2024 seine nun parteipolitisch begründeten diplomatischen Bemühungen wieder auf.

Das spiegelt sich auch in einer Personalie seines Büros wider: Dort arbeitet die ehemalige Pressereferentin der früheren irischen Abgeordneten Clare Daly. Die Politikerin galt bis zu ihrem Ausscheiden aus dem Parlament 2024 als eine der größten Fürsprecherinnen Russlands in Brüssel. Resolutionen zu Russland und zum Ukraine-Krieg lehnte sie regelmäßig ab, trat stattdessen in russischen Medien auf und pflegte Verbindungen zu russischen Lobbynetzwerken.

Laut Informationen von t-online suchten Mittelsmänner des putintreuen Oligarchen Viktor Medwedtschuk im Spätsommer und Herbst 2024 auch Kontakt zu Abgeordneten des BSW und der AfD, darunter von der Schulenburg. Mehrere AfD-Politiker fuhren daraufhin schließlich im November zu einer politischen Konferenz ins russische Sotschi, wo sie Putins Parteivorsitzenden Dimitri Medwedew trafen. Der damalige Europaabgeordnete Maximilian Krah reiste heimlich an und traf mutmaßliche russische Agenten, will aber an der Konferenz nicht teilgenommen haben.

Von der Schulenburg sagte seine Teilnahme an der Konferenz trotz Einladung ab. „Michael von der Schulenburg hatte mich darüber in Kenntnis gesetzt, dass er eine Einladung nach Sotschi erhalten habe, die er jedoch nicht wahrnehmen wollte, da die Zeit dafür nicht reif sei“, sagte damals Fabio De Masi, der BSW-Delegationsleiter im Europaparlament. Von der Schulenburg selbst äußerte sich auf Anfrage von t-online nicht zu den Gründen seiner Absage. Ebenso wenig wie zu den Kontaktleuten, über die die Einladung zustande gekommen war.

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