Viele Showcars, jede Menge große Reden: Seit Jahren stimmt uns BMW auf die Neue Klasse und die Zukunft ein. Doch so neu ist die gar nicht – im Gegenteil.

Die Zukunft von BMW parkt in der Klassik-Garage. Denn wer bei den Bayern nach der Neuen Klasse Ausschau hält, sucht sie beim Händler vergeblich. Dabei will Entwicklungsvorstand Frank Weber mit ihr den nächsten großen Schritt gehen, das Modellportfolio auf neue Beine stellen und die Firma für eine elektrische Zukunft fit machen.

Die Ingenieure arbeiten noch mit Hochdruck an der neuen Architektur. Diese soll mehr Effizienz, mehr Reichweite und mehr Ladetempo denn je ermöglichen. Die Designer wollen die Neugierde darauf mit einer Studie nach der anderen schüren. Doch im Museum steht schon längst eine Neue Klasse zwischen Oldtimern wie dem 507 oder dem 502.

Alles schon mal da gewesen – auch die Neue Klasse

Wie in der Mode gilt auch für die bayerische Modellfolge: Alles schon mal da gewesen. Wirklich neu war die Neue Klasse nämlich 1961, als sie ihren Einstand auf der Internationalen Automobilausstellung (IAA) in Frankfurt gab. Und auch damals war sie eine Wette auf die Zukunft, nur mit sehr viel höherem Einsatz.

Denn in den 1960er Jahren waren die Bayern fast pleite, sollten gar von Mercedes übernommen werden. Die Neue Klasse und mit ihr der Weg in ein neues Segment war so etwas wie ihre letzte Hoffnung. „Und die hat sich erfüllt“, sagt Entwicklungsvorstand Frank Weber in der Rückschau. Er erzählt von langen Schlangen auf dem Messestand und von bis zu einer halben Stunde Wartezeit für die damals obligatorische Sitzprobe.

„Alles, was irgendwie auf dem weitläufigen Ausstellungsareal zu tun hatte, fühlte sich hingezogen zu dem Stand“, beobachtete auch eine große deutsche Illustrierte, „genauer gesagt: Zu dem neuen BMW-Mittelklassewagen, der bis dahin geheime Werkssache war und nun auf dem BMW-Stand zum ersten Male besichtigt werden durfte.“

Sportlich und schnittig statt Barockengel – BMW zeigte den 1500

Was sie da als BMW 1500 zu sehen bekamen, war eine Limousine so sportlich und schnittig, wie man sie bis dato allenfalls aus Italien erwartet hätte. Aber nicht von einem deutschen Hersteller. Und erst recht nicht von den Bayerischen Motorenwerken, die damals noch für Autos wie den Barockengel standen. Die Neue Klasse dagegen war leicht, fast filigran.

Sie war zudem das erste Auto mit dem bis heute charakteristischen „Hofmeister-Knick“ in der C-Säule – benannt zu Ehren des damaligen Designchefs Wilhelm Hofmeister. Der findet sich übrigens auch bei den heutigen Studien zur neuen Neuen Klasse wieder.

Wie überhaupt die gesamte Designsprache der kommenden Modelle ein wenig zurückblickt, nicht mehr ganz so dick aufträgt wie beim aktuellen 7er oder den X-Modellen und so nicht von Ungefähr an die Neue Klasse von damals erinnert.

Aus heutiger Sicht wirkt das Cockpit leer und reduziert

Und die Parallelen gehen innen weiter. Denn im Oldtimer schweift der Blick über ein wunderbar analoges und vor allem leeres Cockpit – und ausgerechnet das wird uns wohl bald so oder so ähnlich wieder begegnen: Auch wenn zwischen der alten und der neuen Neuen Klasse mehr als 60 Jahre und solch bahnbrechende Erfindungen wie das Digitaldisplay, das Smartphone und das Internet liegen, predigt BMW einen neuen Purismus und ersetzt die allermeisten Anzeigen durch ein Panoramic Vision-Display, das die Frontscheibe auf voller Breite als Projektionsfläche nutzt.

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