Schwindel nach dem Essen kann viele Ursachen haben. Oft steckt ein plötzlicher Blutdruckabfall dahinter. Wichtig ist, die Beschwerden abklären zu lassen.
Wenn einer Person nach dem Essen schwindlig wird, sie sich benommen fühlt oder sogar ohnmächtig wird, kann dies mit einem starken Blutdruckabfall zusammenhängen. Fachleute sprechen dann von einer postprandialen Hypotonie (postprandial = nach dem Essen, Hypotonie = niedriger Blutdruck). Fast ausschließlich ältere Menschen sind davon betroffen – darunter auch solche, die sonst einen zu hohen Blutdruck haben.
Schätzungen zufolge hat bis zu ein Drittel aller Seniorinnen und Senioren eine postprandiale Hypotonie.
Die Symptome einer postprandialen Hypotonie treten in der Regel innerhalb von zwei Stunden nach dem Essen auf. Der Blutdruck sinkt dabei plötzlich um mindestens 20 Millimeter Quecksilbersäule (mmHg). Dies führt zu Beschwerden wie:
- Schwindel
- Unwohlsein, Schwäche
- Benommenheit
- Ohnmachtsanfällen
- Sehstörungen
- Übelkeit
Aufgrund des Schwindels und der Ohnmachtsneigung ist das Risiko für Stürze und ihre Folgen erhöht.
Dass Schwindel nach dem Essen häufig auf einen schlagartig sinkenden Blutdruck zurückzuführen ist, hat mit dem Verdauungsprozess zu tun.
Um die aufgenommene Nahrung zu verarbeiten, benötigen Magen und Dünndarm zusätzliches Blut. Hierfür verengen sich die Blutgefäße in anderen Körperbereichen (wie etwa Herz oder Gehirn). Zugleich erhöht das Herz seine Pumpleistung. Auf diese Weise gelangt mehr Blut aus fernen Körperregionen in den Verdauungstrakt. Normalerweise gleicht der Körper die damit verbundenen Blutdruckschwankungen rasch aus.
Bei manchen Menschen ist die Blutdruckregulation jedoch gestört. Dadurch kann es nach dem Essen zu einem starken Blutdruckabfall außerhalb des Verdauungstrakts kommen, der sich unter anderem durch Schwindel bemerkbar macht.
Vermutlich spielen bei der Entstehung einer postprandialen Hypotonie unter anderem hormonelle Einflüsse, Störungen des vegetativen Nervensystems, Schäden an den Nerven und/oder eine sehr schnelle Magenentleerung eine Rolle.
Gefährdet sind vor allem ältere Menschen mit Bluthochdruck, Diabetes und/oder Parkinson. Bei diesen Gruppen liegen oft Veränderungen an den Blutgefäßen oder den Nerven vor. Bei Bluthochdruck können sich die Gefäße zum Beispiel nicht ausreichend zusammenziehen und entspannen, um den Blutdruck zu regulieren. Auch ein Unfall mit Schäden an den Nerven oder ein zurückliegender Schlaganfall erhöht das Risiko.
Bei akutem Schwindel und/oder drohender Ohnmacht nach dem Essen gilt es, die Person zu stabilisieren und Stürzen durch eine entsprechende Sitz- oder Liegeposition vorzubeugen. Um den Blutdruckabfall auszugleichen, kann es helfen, den Betroffenen einige Minuten hinzulegen und dabei dessen Beine so hoch zu lagern, dass sie etwa 30 Zentimeter höher liegen als das Herz.
Wurde die Person ohnmächtig, ist es wichtig, einen Rettungswagen zu rufen. Denn hinter einer Ohnmacht können auch andere, bisweilen ernste Ursachen stecken, die es rasch abzuklären gilt.
Wenn feststeht, dass der Schwindel nach dem Essen tatsächlich durch einen Blutdruckabfall ausgelöst wird, lässt sich den Beschwerden oft entgegenwirken. Betroffene Personen können etwa:
- mehrere kleine Portionen über den Tag verteilen, anstatt wenige große Mahlzeiten einzunehmen
- sich beim Essen Zeit lassen
- rund 15 Minuten vor dem Essen 1 bis 2 Gläser trinken, etwa Wasser oder Kräutertee
- zu den Mahlzeiten keinen Alkohol trinken
- wenig schnell verdauliche Kohlenhydrate aufnehmen (etwa Weißbrot, weißen Reis oder zuckerhaltige Getränke), da diese sehr rasch verdaut werden, was den Blutdruckabfall begünstigt
- viele Ballaststoffe (etwa Vollkornprodukte) zu sich nehmen, da dadurch der Verdauungsprozess langsamer abläuft
- vor den Mahlzeiten Körperübungen machen, welche den Blutdruck stabilisieren
- nach dem Essen für einige Zeit ausruhen
Mit sportlichen Aktivitäten zur Stabilisierung des Kreislaufs lässt sich der postprandialen Hypotonie entgegenwirken. Reichen diese Maßnahmen nicht aus, ist ärztlicher Rat gefragt.
Für Personen, die blutdrucksenkende Arzneimittel einnehmen, kann es gegebenenfalls hilfreich sein, die Medikamente nicht direkt vor dem Essen einzunehmen. Dies sollte jedoch nur nach ärztlicher Absprache passieren.
Benommenheit und Schwindel nach einer Mahlzeit können viele weitere Ursachen haben. Dazu zählen etwa Nahrungsmittelallergien oder -unverträglichkeiten. Beschwerden durch eine Nahrungsmittelallergie können sehr unterschiedlich sein. Sie reichen von Symptomen im Mund- und Rachenraum über Magen-Darm-Beschwerden bis hin zu Atemproblemen. Bei einer anaphylaktischen Reaktion kann der Blutdruck nach dem Essen stark abfallen, was zu Schwindel und Bewusstlosigkeit führen kann.
Selten ist eine Unterzuckerung bei Menschen ohne Diabetes der Auslöser für Schwindel nach dem Essen. Diese sogenannte reaktive Hypoglykämie macht sich einige Stunden nach dem Verzehr von schnell verdaulichen Kohlenhydraten (insbesondere nach glukose- und traubenzuckerhaltigen Lebensmitteln oder Getränken) bemerkbar. Die Beschwerden treten auf, wenn der Körper mehr Insulin produziert hat, als er eigentlich benötigt. Dadurch fällt der Blutzuckerspiegel stark ab, was zu Schwindel, Schwäche und Zittern führen kann.
Bei Menschen mit Diabetes kann es durch die Mahlzeiten zu Blutzuckerschwankungen kommen, die möglicherweise ebenfalls mit Schwindel verbunden sind.
Welche Ursachen tatsächlich für den Schwindel verantwortlich sind, lässt sich letztlich nur durch eine ärztliche Untersuchung herausfinden.
Wer nach dem Essen immer wieder unter Schwindel, Benommenheit und anderen Beschwerden leidet, sollte die Symptome untersuchen lassen – bei einer Ohnmacht zeitnah. Eine postprandiale Hypotonie ist nur eine von vielen möglichen Ursachen.
Um herauszufinden, ob hinter den Beschwerden wirklich ein Blutdruckabfall steckt, kann die Ärztin oder der Arzt den Blutdruck vor und nach dem Essen messen. Auch weitere Untersuchungen, etwa eine Langzeitblutdruckmessung, können hilfreich sein. Ist tatsächlich eine postprandiale Hypotonie die Ursache, reichen die bereits genannten Maßnahmen oft aus, um eine Besserung zu erzielen. Wenn nicht, kommen gegebenenfalls Medikamente infrage.