Er war der vierte Deutsche auf der ISS: Der Aufenthalt im All hat Esa-Astronaut Matthias Maurer verändert. Warum er jetzt zum Mond will, erzählt er im Interview.

Ins All ist Matthias Maurer mit einer SpaceX-Rakete geflogen, zu t-online kam er mit der U-Bahn: Der Esa-Astronaut war der zwölfte Deutsche im All und der vierte Deutsche auf der Internationalen Raumstation ISS. Für das „Artemis“-Programm der Nasa gilt er als möglicher Kandidat für einen der geplanten bemannten Flüge zum Mond.

Der gelernte Materialwissenschaftler erzählt im Interview, warum er zum Mond fliegen will, weshalb ISS-Astronauten ein Flimmern sehen, wenn sie im Dunkeln die Augen schließen, wie der Ukraine-Krieg vom All aussieht und ob die Besatzung der Internationalen Raumstation auch Sportereignisse wie die Fußball-Europameisterschaft live verfolgt.

t-online: Herr Maurer, Sie leben den Traum unzähliger Menschen. Zehntausende hatten sich bei der letzten Rekrutierungsphase der Esa beworben. Ganz blöd gefragt: Wie fühlt es sich denn so an, ein Astronaut zu sein?

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Matthias Maurer: Das ist ein tolles Gefühl. Der beste Moment eines Astronauten ist zwar, wenn man eine Mission vor sich hat und nicht hinter sich. Aber wenn man einmal im All war, hat man diese Euphorie während der gesamten Mission erlebt. Und dann versucht man hier auf der Erde, dieses Glücksgefühl immer wieder zu reproduzieren, was natürlich sehr schwer ist. Denn was gibt es hier schon, das das noch einmal übertreffen und steigern könnte?

Sie können ja in ein paar Jahren auch wieder im All danach suchen, denn Sie wollen mit einer der von der Nasa geplanten Artemis-Missionen zum Mond. Warum wollen Sie dorthin?

Ganz einfach, als Astronaut möchte ich natürlich ins All fliegen. Und was liegt dann näher als der Mond, den man jeden Abend am Himmel sieht? Dort hinzufliegen, ich glaube, dieser Wunsch steckt in jedem kleinen Jungen. Vermutlich auch in vielen Menschen, die diesen Jungen in sich wach halten. Ich frage mich zum Beispiel, wie werde ich mich fühlen, wenn ich dort ankomme und den Mond erkunde? Was gibt es dort oben alles?

(Quelle: Esa)

Matthias Maurer ist ein deutscher Esa-Astronaut. Er wurde am 18. März 1970 in St. Wendel im Saarland geboren. Nach seinem Abitur studierte Maurer Materialwissenschaften an der Universität des Saarlandes. 2008 bewarb er sich bei der Esa als Astronaut, wurde aber vorerst nicht ins Europäische Astronautenkorps aufgenommen, was sich 2017 änderte. Nach einer umfassenden Astronauten-Ausbildung flog Maurer im November 2021 als Teil der Mission „SpaceX Crew-3“ zur Internationalen Raumstation ISS. Während seines dortigen Aufenthalts war er an zahlreichen wissenschaftlichen Experimenten beteiligt und führte einen Außeneinsatz (Weltraumspaziergang) durch.

Was denken Sie denn, was es dort oben gibt?

Vor Kurzem ist mit William Anders der Astronaut gestorben, der mit Apollo 8 vom Mond aus das weltbekannte Bild vom Erdaufgang gemacht hat. Anders hat gesagt: Wir sind zum Mond geflogen, um den Mond zu erkunden, und entdeckt haben wir die Erde. Wenn ich mir das vorstelle, vom Mond aus die Erde zu sehen, die so klein ist, dass ich sie mit dem Daumen verdecken kann, dann bekomme ich Gänsehaut.

Da spricht die Privatperson Matthias Maurer, aber was will der Wissenschaftler dort?

Der Mond ist unser Sprungbrett zum Mars. Weil er sich sinnbildlich direkt bei uns vor der Haustür befindet, können wir dort alles erproben, was wir brauchen, um zum Mars zu fliegen.



Ich frage mich zum Beispiel, wie werde ich mich fühlen, wenn ich dort ankomme und den Mond erkunde?


Matthias Maurer


Wir müssen herausfinden, wie wir Sauerstoff auf einem anderen Planeten erzeugen können. Und wie sich Wasser aus dem produzieren lässt, was wir dort auf dem Mars finden. Wie wir ein Haus auf dem Mond oder dem Mars bauen können. Und wie sich dort etwas anbauen lässt, das wir essen können. Das alles können wir schließlich nicht erst herausfinden, wenn wir auf dem Mars ankommen, sondern müssen das vorher erproben. Dafür eignet sich der Mond hervorragend.

Die „Artemis“-Mission der Nasa zielt darauf ab, nach über 50 Jahren wieder Menschen zum Mond zu bringen. Das Programm ist nach der griechischen Göttin Artemis benannt, der Zwillingsschwester von Apollo, was symbolisch an die früheren Mondmissionen des „Apollo“-Programms anknüpft. Die erste bemannte Mission ist „Artemis 2“, die im September 2025 starten soll. Ihr Ziel ist es, dass Astronauten den Mond umrunden. Erst mit „Artemis 3“ sollen Astronauten wieder auf dem Mond landen. Bei weiteren Missionen steht der Aufbau einer Mondstation im Vordergrund. Das langfristige Ziel ist ein Flug zum Mars.

Das sehen auch die Chinesen so, die derzeit Gesteinsproben von der Rückseite des Mondes auf die Erde bringen. Offenbar gibt es noch weitere Gründe, dort zu forschen.

Der Mond ist ein Teil unserer Erde gewesen. Irgendwann in früher Vorzeit ist ein Himmelsobjekt mit der Erde kollidiert und daraus ist der Mond entstanden. Wenn ich in die Vergangenheit unseres Planeten schauen will, dann bietet der Mond dafür die besten Voraussetzungen, weil er sich nicht wie die Erde in den letzten Jahrmillionen durch Vulkanismus und Klima verändert hat. In den Gesteinsproben vom Mond kann ich Spuren von Sonnenaktivitäten finden, indem ich die Anzahl der Partikel aus den Proben auswerte. Das hilft uns, den Beginn unseres Sonnensystems und unseres Planeten ein bisschen besser zu verstehen.

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