Erst eine Talentshow – dann ein TikTok-Video: Die Geschichte dieser Zwillingsschwestern ist außergewöhnlich. Und wirft ein dunkles Licht auf die Geschichte Georgiens.

Über Jahrzehnte sollen Babys aus georgischen Krankenhäusern entführt und anschließend verkauft worden sein. Zwei dieser Kinder sind die Zwillingsschwestern Amy Khvitia und Ano Sartania, die bei ihrer Geburt getrennt wurden und sich nur durch skurrile Zufälle wiedergefunden haben. Über die Geschichte der Kinderverschleppungen und die der beiden Zwillingsschwestern berichtete der britische Nachrichtensender BBC.

Bis sie zwölf Jahre alt war, ahnte Amy demnach nicht, dass sie noch eine Zwillingsschwester hatte. Dann habe sie bei ihrer Großmutter in Georgien ihre Lieblingsfernsehshow, „Georgia’s Got Talent“, gesehen – die georgische Fassung vom Supertalent. Im Programm habe ein junges Mädchen getanzt, dass genauso aussah wie Amy.f

Amy erklärt der BBC: „Alle haben meine Mutter angerufen und gefragt: ‚Warum tanzt Amy im Fernsehen mit einem anderen Namen?'“ Jedoch habe ihre Mutter nur erwidert, dass jeder einen Doppelgänger habe.

TikTok-Video als Glücksbringer

Sieben Jahre später habe Amy dann ein Video auf dem sozialen Netzwerk TikTok hochgeladen, in dem sie sich ihre Augenbraue piercen lässt. Dieses Video habe Amys zu diesem Zeitpunkt unbekannte Zwillingsschwester Ano Sartania von einer ihrer Freundinnen geschickt bekommen. Im Gespräch mit dem britischen Nachrichtensender erinnert sich Ano: „Ich war überrascht, das Mädchen im Video sah mir gestochen ähnlich.“

Daraufhin habe Ano versucht, das Mädchen von TikTok ausfindig zu machen – jedoch zunächst ohne Erfolg. Schließlich habe sie sich dazu entschieden, das Video in einer WhatsApp-Gruppe ihrer Universität zu teilen, um ihre Doppelgängerin doch noch zu finden. Tatsächlich habe eine Person an ihrer Universität Amy gekannt und die beiden über Facebook miteinander vernetzt.

Viele Ungereimtheiten, noch weniger Antworten

Wie die BBC berichtet, habe Amy direkt gewusst, wer ihr geschrieben habe – nämlich das Mädchen aus der Fernsehsendung von vor sieben Jahren. Über die nächsten Tage und nach unzähligen Chatnachrichten hätten die beiden Teenagerinnen festgestellt, wie viel sie gemeinsam haben. Jedoch seien den beiden Mädchen schon bald viele Ungereimtheiten aufgefallen.

Demnach seien beide in der Kirtskhi-Geburtsklinik in Westgeorgien geboren worden, die heute gar nicht mehr existiere. Auch ihre Geburtstage seien laut ihren Geburtsurkunden nur wenige Wochen voneinander entfernt – sie könnten also keine Schwestern, gar Zwillingsschwestern sein.

Trotzdem sei ihnen vieles eigenartig vorgekommen: Wie sie der BBC sagen, mögen sie die gleiche Musik, haben die gleiche Frisur und sogar die gleiche genetisch-bedingte Knochenkrankheit, nämlich Dysplasie. „Jedes Mal, wenn wir etwas Neues voneinander erfuhren, wurden die Dinge eigenartiger“, sagte Amy der BBC.

Treffen in Tiflis

Die beiden Schwestern hätten kurz darauf beschlossen, sich in Anos Heimatstadt Tiflis zu treffen. „Es war so, als ob ich in einen Spiegel schauen würde: genau das gleiche Gesicht, die gleiche Stimme – ich bin sie und sie ist ich“, sagte Amy der BBC. Unmittelbar nach dem ersten Treffen mit Ano sei Amy klar gewesen, dass sie Zwillinge sein müssten.

Nachdem die beiden Schwestern ihre Familien konfrontiert hätten, sei die Wahrheit über ihre Vergangenheit ans Licht gekommen. Sowohl Amy als auch Ano seien separat voneinander adoptiert worden, nur mit wenigen Wochen Abstand.

Amy erzählt BBC, sie sei aufgebracht gewesen und hätte sich so gefühlt, als ob ihr gesamtes Leben eine Lüge sei. „Es so eine verrückte Geschichte, aber sie ist wahr“, so die 19-Jährige. Auch Ano sei sauer auf ihre Familie gewesen, aber habe die Sache so schnell es geht aus der Welt schaffen wollen.

Falsche Geburtsurkunden und ein dunkles Geheimnis

Überdies seien die Geburtsurkunden der Zwillingsschwestern – samt Geburtsdatum – falsch gewesen. Amys Mutter sagte der BBC, sie selbst sei unfruchtbar und habe von einer Freundin gehört, dass es in der örtlichen Geburtsklinik Neugeborene gäbe, die zur Adoption freigegeben seien. Gegen eine Geldzahlung an die Ärzte sei es möglich gewesen, Amy mit nach Hause zu nehmen und als eigenes Kind groß zu ziehen. Anos Mutter berichtete der BBC das Gleiche.

Keine der beiden Familien hätte gewusst, dass die beiden Mädchen Zwillinge seien und trotz der großen Geldzahlungen sei ihnen ebenso wenig bewusst gewesen, dass ihre Handlungen illegal seien. Beide Familien hätten der BBC nicht offenlegen wollen wie viel Geld sie damals bezahlt haben.

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