Wie geht’s weiter bei den Grünen? Franziska Brantner will neue Parteichefin werden. Und erklärt im Interview, wie sie die Grünen aus dem Tief führen will.

Ihr Name fiel gleich zu Beginn. Als Ricarda Lang und Omid Nouripour vor drei Wochen ihren Rücktritt vom Vorsitz der Grünen erklärten, da war es Franziska Brantner, die eigentlich alle Parteifreunde als eine der Nachfolgerinnen nannten. Und das nicht nur, weil sie eine enge Vertraute des designierten Kanzlerkandidaten Robert Habeck ist.

Franziska Brantner gilt als durchsetzungsstark, fleißig und klug. Sie ist in der Partei gut vernetzt und nicht nur in ihrem Realo-Flügel beliebt. Das mit der Beliebtheit will sie nun auch für die Grünen wieder hinbekommen. Gemeinsam mit dem Parteilinken Felix Banaszak kandidiert sie auf dem Parteitag Mitte November für die Doppelspitze.

Welche Pläne hat Franziska Brantner für die Grünen? Das erklärt sie im Gespräch mit t-online.

t-online: Frau Brantner, Sie wollen Parteivorsitzende werden, was derzeit vor allem bedeutet, die Grünen aus ihrer tiefen Krise zu führen. Dazu gehört eine Fehleranalyse: Was ist schiefgelaufen in den vergangenen Jahren?

Franziska Brantner: Mein Ziel ist es, dass die Bündnisgrünen wieder die Kraft der Zuversicht werden. Wir sollten jene Menschen hinter uns versammeln, die sagen: Wir wissen, es sind keine einfachen Zeiten, aber wir verzweifeln nicht. Andere schlagen politisches Kapital aus Problemen. Wir überzeugen lieber mit politischen Lösungen.

Die Frage war aber, warum so viele Menschen den Grünen genau das nicht mehr zutrauen.

Um herauszufinden, warum Menschen das Vertrauen in die Grünen verloren haben, müssen wir uns fragen: Für wen stehen wir? Wer zählt auf uns? Für welche Werte können wir begeistern?

Brantner (Quelle: Philipp von Ditfurth/dpa/Archivbild/dpa)

Franziska Brantner, 45 Jahre alt, ist Parlamentarische Staatssekretärin im Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz unter Robert Habeck. Sie sitzt seit 2013 als Abgeordnete für die Grünen im Deutschen Bundestag. Vorher war sie von 2009 bis 2013 Abgeordnete im Europaparlament.

Wir sind die politische Heimat für alle, die sich in der Polarisierung unserer Zeit nicht mehr wiederfinden: Entweder Freiheit – oder Sicherheit. Entweder den Klimaschutz komplett abwickeln – oder die radikalsten Lösungen ohne Rücksicht auf Verluste durchziehen. So funktioniert das doch nicht. Viele Menschen machen sich Sorgen über den Klimawandel. Sie wollen aber auch nicht, dass der Klimaschutz zu mehr sozialer Spaltung führt. Diese Menschen fühlen sich veralbert, wenn die CDU fiktive Kulturkämpfe zur Verteidigung des Grillwürstchens anzettelt. Aber sie wollen ihre echten Alltagsprobleme verstanden sehen. Es gibt einfach eine große Sehnsucht nach mehr Wahrhaftigkeit und aufrichtiger Lösungssuche.

Und was heißt das für die Grünen?

Dass wir diese Sehnsucht aufgreifen sollten. Klamauk und Parolen können andere besser. Was wir stattdessen besser können: Echten Klimaschutz und soziale Gerechtigkeit zusammenbringen. Ein Beispiel: Hätten wir am Anfang der Wahlperiode, wie von uns gefordert, unser soziales Klimageld umgesetzt, wären manche Debatten danach anders verlaufen. Also den Ausgleich organisieren, um gemeinsam nach vorne zu kommen. Das bedeutet auch, den Menschen und ihrer Innovationskraft zu vertrauen.

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Gibt es bei den Grünen Denkverbote?

Nein, wir sind seit jeher eine debattierfreudige Partei.

Einige Parteifreunde aus Ihrem Realo-Flügel sehen das anders und kritisieren etwa in der Migrationspolitik grüne Denkverbote. Ist es ein sinnvoller Teil der Vergangenheitsbewältigung, sich solche Vorwürfe des politischen Gegners zu eigen zu machen?

Das müssen sie diejenigen fragen, die so argumentieren. Die Aufgabe von Politik ist es, reale Probleme zu lösen. Uns sollte beschäftigen, wie wir das am besten hinbekommen.

„Wir lösen die Probleme, statt sie nur zu bestaunen“ – das wird jetzt von vielen Grünen so oder so ähnlich formuliert. Ist Ihr Problem aber nicht, dass die Menschen den Grünen das gerade gar nicht mehr zutrauen? In Umfragen stehen Sie bei den Kompetenzwerten nicht gut da, selbst beim Klimaschutz sind Sie abgestürzt.

Wir haben viele konkrete Verbesserungen erreicht. Wir haben aber auch eine so große Baustelle geerbt, dass viele Erfolge sich erst später einstellen werden. Und natürlich bleibt viel zu tun, das müssen wir auch deutlich machen. Das wird nicht leicht und geht nicht schnell. Aber es hilft ja nichts: Irgendwer muss es machen. Ich bin bekannt als jemand, die sich nicht scheut, Probleme zu benennen, hart verhandelt, offen ist in den Wegen, um sie zu bewältigen, und die Ziele immer vor Augen hat. Ich bin in die Politik gegangen, um konkret etwas zu verbessern.

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