Die Lokführergewerkschaft GDL legt ab Mittwoch den Bahnverkehr lahm. Betroffen sind in erster Linie die Reisenden – einige davon sind ziemlich wütend. Stimmen aus Bayern.

Er will nur Abschied nehmen von seinem Großvater, der Ende 2023 gestorben war. Doch der Bahnstreik macht Dieter Schelter nun wohl einen Strich durch die Rechnung. Der 28-jährige Nürnberger ist auf die Bahn angewiesen, um an diesem Mittwoch zur Beisetzung nach Hof in Oberfranken zu fahren, wo die Beerdigung stattfindet.

Doch die Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer (GDL) hat zu einem sechstägigen Arbeitskampf aufgerufen, der ab Mittwoch den Personenverkehr weitgehend lahmlegt. „Mir wird nun von der GDL die Möglichkeit genommen, mich von meinem Opa zu verabschieden, ich bin tieftraurig und zugleich sehr wütend auf die streikenden Lokführer“, sagt Schelter im Gespräch mit t-online.

Er ist einer von vielen Bahnkunden in Bayern, die unter dem Streik leiden. Die GDL fordert eine Arbeitszeitreduzierung für Schichtarbeiter von 38 auf 35 Stunden pro Woche bei vollem Lohnausgleich. Zudem 555 Euro mehr pro Monat sowie eine Inflationsausgleichsprämie bei 12 Monaten Laufzeit.

Die Deutsche Bahn bietet den GDL-Mitgliedern 4,8 Prozent mehr Geld ab August 2024 und weitere 5 Prozent mehr ab April 2025. Die Verhandlungen sind festgefahren, die GDL will mit dem langen Streik Druck machen. Doch die Leidtragenden sind die Fahrgäste, die ihre Reisen verschieben, stornieren oder auf andere Verkehrsmittel ausweichen müssen.

Bahnkunde: „Forderungen der GDL sind unverschämt“

„Ich habe nicht viel Geld, keinen Führerschein, kein Auto, ich bin auf die Bahn angewiesen“, verdeutlicht Dieter Schelter. Die Bahnfahrer sind seiner Meinung nach „in der Geiselhaft der Gewerkschaft GDL“. Die Deutsche Bahn werde auf dem Rücken der Kunden erpresst. „Ich verstehe, dass die Lokführer einen Inflationsausgleich haben wollen, aber die Forderungen von solchen Lohnerhöhungen sind schon ziemlich unverschämt, welcher Arbeiter bekommt das?“

Auch Saskia R. aus Österreich ärgert sich wie der Nürnberger: Sie wollte am Mittwoch eine wichtige Geschäftsreise von Salzburg über Bayern nach Mainz antreten. Doch wegen des gebuchten Sparpreises könne sie ihre Bahntickets nicht zurückgeben. Nun muss sie auf das Flugzeug umsteigen und dafür nach eigenen Angaben 1.400 Euro ausgeben. „Ist das euer verdammter Ernst? Das ist an Absurdität nicht zu überbieten und ein unfassbares Armutszeugnis für Deutschland“, schreibt sie unter einem Beitrag der Deutschen Bahn auf Facebook.

Familie muss 85. Geburtstag wegen Bahnstreik absagen

Für Melanie Kohl aus dem Landkreis München kommt der Lokführerstreik zur Unzeit. Ihre Mutter wird am Mittwoch 85 Jahre alt. „Wir hatten alles geplant, dass sie zu uns kommt, wir dann gemeinsam mit der Bahn zu einem Konzert weiterfahren – das alles wurde nun zunichtegemacht. Und das Geld für die Konzerttickets ist auch weg“, erzählt sie t-online. „Ich werde versuchen, der GDL das in Rechnung zu stellen“, sagt die Frau, die aber vermutet, nur ein „müdes Lächeln“ zu bekommen.

Vielfach machen in den sozialen Medien zudem Handballfans aus Bayern ihrem Ärger Luft, die zum Beispiel von München aus am Wochenende zum Halbfinale und Finale der Europameisterschaft fahren wollten. „Das ist wohl ein Witz! Die Bahn ist offizieller Mobilitätspartner der Handball-EM, und nun komme ich nicht mit eben jener Bahn nach Köln. An Idiotie nicht zu übertreffen“, schreibt etwa ein Münchner.

GDL-Streik: Wie komme ich zu meiner Prüfung nach Karlsfeld?

Eva Lina hat wegen des Streiks ebenfalls ein Problem: „Ich muss am Donnerstag zur Prüfung nach München. Ich glaube, ich muss zu Fuß. Karlsfeld Ostbahnhof – für 17 Kilometer brauche ich 3,5 Stunden“, schreibt sie auf Facebook. Sie sei im vergangenen Sommer bereits nach Santiago gelaufen, die längste Etappe war 29 Kilometer lang. Sie denke, die 17 Kilometer nach Karlsfeld wären machbar. „Da kann ich nebenbei die Notizen für die Prüfung durchgehen“, meint sie ironisch.

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