Den ersten Top-Drei-Spieler besiegte Alexander Zverev am Mittwoch, am Freitag soll der nächste folgen. Eine mindestens genauso schwierige Aufgabe.
Es dauerte kurz, bis Daniil Medwedew realisierte, was er soeben erreicht hatte. Dann sank er zu Boden und blieb wie ein toter Fisch auf dem Boden liegen, ehe er sich aufrappelte und die Glückwünsche seines Kontrahenten entgegennahm.
Den 13. September 2021 wird der Russe nie vergessen. Bis heute markiert dieses Datum den größten Erfolg seiner Karriere, den erstmaligen Gewinn eines Grand-Slam-Turniers. Seit jenem Tag darf er sich US-Open-Sieger nennen. Ein großer Erfolg, und das nicht gegen irgendwen.
Medwedew bezwang den zu jenem Zeitpunkt schier unbezwingbaren Novak Djokovic. Der Serbe war mit drei Grand-Slam-Triumphen im Gepäck nach New York gereist. Ein Mann mit der Mission, der erste Spieler seit Rod Laver 1969 zu werden, der es schafft, den „Grand Slam“ zu holen. Medvedev stellte sich in den Weg, gewann mit 6:4, 6:4, 6:4 glatt in drei Sätzen – und zerstörte Djokovics größten Traum.
Duell der Hardcourt-Spezialisten
Mehr als zwei Jahre später steht der Russe noch immer bei diesem einen Grand-Slam-Titel. Ein weiterer großer Triumph blieb ihm bislang verwehrt. In Australien will der 27-Jährige das ändern. Dazu muss er am Freitag allerdings Alexander Zverev schlagen, in dem Carlos Alcaraz, aktuelle Nummer zwei der Welt, im Viertelfinale seinen Meister fand.
Zverev gegen Medwedew: Es ist das Duell zweier Hardcourt-Spezialisten. Gemeinsam erreichten beide bislang fünf Grand-Slam-Finals (Medwedew vier, Zverev eins) – alle auf Hartplatz. Bereits zwei Mal stand Medwedew davon in Australien im Endspiel, beide Male zog er den Kürzeren. Unvergessen dabei bis heute: das dramatische Finale gegen Rafael Nadal vor zwei Jahren, als er sich trotz 2:0-Satzführung nach 5 Stunden und 24 Minuten dem spanischen Top-Spin-Giganten doch noch geschlagen geben musste.
Das Duell der beiden Top-10-Spieler ist aber auch das mit einer brisanten Vorgeschichte. 18 Mal standen sich die beiden bereits auf der ATP-Tour gegenüber, elfmal verließ dabei Medwedew den Platz als Sieger. Schaut man nur auf das vergangene Jahr, sieht die Statistik noch deutlicher aus – zugunsten Medwedews. Von sechs Aufeinandertreffen gewann Zverev nur eins.
Besondere Vorgeschichte zwischen Zverev und Medvedev
Das im Nachgang turbulenteste Duell der beiden fand im April 2023 bei den ATP Masters in Monte-Carlo statt. Zverev unterlag nach drei Sätzen in einem unfassbar engen Achtelfinale auf Sand mit 3:6, 7:5, 7:6 (9:7) – und ließ nach dem Match gehörig Dampf ab.
„Er ist einer der besten Tennisspieler der Welt, aber er gewinnt nicht mit Tennis. Er ist einer der unfairsten Spieler, die wir auf der Welt haben“, kritisierte Zverev seinen Kontrahenten. Medwedew hatte unter anderem bei einem Seitenwechsel eine Netzstütze entfernt und sich weitere Ablenkungsmanöver geleistet, nahm eine lange Toilettenpause.
Medwedew kämpft mit allen (legalen) Mitteln. Im Halbfinale der Australian Open 2022 legte er sich gegen Ende des zweiten Satzes mit dem Schiedsrichter an, attackierte ihn gar verbal („Bist du dumm?“).
Auf diese „Mind Games“ muss Zverev vorbereitet sein, sagt auch dessen Bruder Mischa, der wie Freundin Sophia Thomalla vor Ort ist und Zverev aus der Box heraus unterstützt. „Die Schläge werden nicht schön sein, nicht schnell sein. Die Zuschauer werden ein Faktor werden. Für ihn geht es darum, sich nicht ablenken zu lassen“, prognostiziert der 36-Jährige bei „Eurosport“ ein enges Duell. „Sascha muss cool bleiben und sein Ding durchziehen.“