Der Außenminister vollzieht einen komplizierten diplomatischen Spagat, bleibt aber bei den Fragen von Journalisten an ihn und seinen israelischen Amtskollegen eher defensiv. Wadephul erklärt, dass auch Deutschland Israels Kampf gegen die Hamas mit Waffenlieferungen unterstützen sollte und dass die israelische Regierung nicht gegen das Völkerrecht verstoße. Es ist ein Moment, der nahelegt, dass der CDU-Politiker sich nicht mit Kritik allzu sehr aus dem Fenster lehnen möchte, abseits seiner vorbereiteten Rede. Denn in der Diplomatie gibt es viele Unwägbarkeiten: Jedes Wort zählt, jede Aussage muss abgewogen werden.
In Israel wird deutlich, dass der deutsche Außenminister zunächst einmal zuhören möchte. Er möchte Klarheit, welchen Plan Netanjahu mit Blick auf den Gazastreifen und den Umgang mit den Palästinensern verfolgt. Erst zuhören, reflektieren, danach politische Ableitungen vornehmen. Wadephul bittet um Zeit und indirekt auch um einen kleinen Bonus, den er nach wenigen Tagen im Amt sicherlich noch hat.
Spätestens beim zweiten Besuch im Nahen Osten dürfte sich die Lage für ihn aber verändern. Deutschland wird in der Region durchaus als Vermittler mit beschränkten Möglichkeiten wahrgenommen, und der Außenminister kennt nun viele wichtige Akteure und hat ersten Kontakt zu gesellschaftlichen Gruppen wie Geisel-Familien geknüpft. Damit steigen im Nahen Osten aber nun auch wieder die Erwartungen an Wadephul persönlich, aber vor allem auch an Deutschland.