Außenminister Wadephul hat seine Kommunikation im Griff. Es sollte aber keine Überraschung sein, dass er in sein neues Amt hineinwachsen muss. Er muss „lernen“, wie er selbst sagt. Immerhin ist der CDU-Politiker nicht einmal 50 Tage im Amt. Es gibt die gute Tradition im politischen Berlin, dass ein neuer Amtsinhaber 100 Tage Zeit bekommt, bevor der Kritiksturm über ihn hereinbricht. Diese Gnadenfrist ist fair, sie ist vernünftig.
Wadephul eine falsche Kommunikation zu attestieren, ist aber auch in der Sache falsch. Schließlich ist Kanzler Friedrich Merz für die Kommunikationslinie seiner Regierung verantwortlich, er setzt auch den Rahmen für die Minister. Kommunikation ist Chefsache. Trotzdem trifft die Kritik gegenwärtig vor allem Wadephul.
Dabei stehen sich Kanzler und Außenminister nahe. So übte Merz aufgrund der katastrophalen humanitären Lage im Gazastreifen Ende Mai heftige Kritik an der israelischen Regierung, Wadephul zog nach, indem er deutsche Waffenlieferungen an Israel infrage stellte. Die Kritik aus der CSU bekam vor allem der Außenminister ab. Dabei waren seine Aussagen diplomatischer als die von Merz. Aber die Union traut sich offenbar nicht, den Chef zu kritisieren.
Auch als Wadephul die Steigerung der deutschen Verteidigungsausgaben beim Nato-Außenministertreffen in Antalya auf fünf Prozent des Bruttoinlandsprodukts verkündete, war die Empörung des Koalitionspartners SPD scheinheilig. Zugegeben, es war ein kommunikativer Schnellschuss. Doch der war mit Merz abgestimmt. Denn der Vorstoß orientierte sich an einem Papier, das zuvor Nato-Generalsekretär Mark Rutte ausgearbeitet hatte. Zudem wird das künftige Rüstungsziel ohnehin von den Staats- und Regierungschefs der Nato festgelegt.
Mit Blick auf Israels Krieg gegen den Iran und Trumps Eingreifen dagegen tat Wadephul lediglich seinen Job. Ein Außenminister darf sich nicht freuen, wenn Bomben fallen – denn das ist immer ein Versagen von Diplomatie. Der CDU-Politiker hatte zusammen mit seinem Amtskollegen aus Frankreich und Großbritannien noch am Freitag mit dem iranischen Außenminister verhandelt, und die USA haben diesen diplomatischen Prozess mit ihrem Angriff untergraben. Es ist vollkommen nachvollziehbar, dass Wadephul dies kritisiert – alles andere wäre unehrlich. Merz dagegen hatte zuvor Israels Krieg gegen den Iran als „Drecksarbeit“ bezeichnet – eine völlig verfehlte Tonalität für einen deutschen Regierungschef. Hat der Kanzler etwa seine Kommunikation nicht im Griff?