„Amnesty International“ veröffentlicht seinen Bericht zur Menschenrechtslage weltweit. Auch Deutschland steht stark in der Kritik.

Ein schlechtes Jahr für die Menschenrechte: So lautet das Fazit der Menschenrechtsorganisation „Amnesty International“ für 2023. Neben Kriegsverbrechen prangerte die Organisation den Missbrauch von künstlicher Intelligenz und eine schlechter werdende Lage der Frauenrechte an.

„Weltweit gewinnen nationalistische, rassistische und frauenfeindliche Kräfte Zuspruch“, sagte Julia Duchrow, promovierte Völkerrechtlerin und Generalsekretärin von „Amnesty International“ in Deutschland bei der Pressekonferenz zum Jahresbericht 2023. Die Werte der gleichen Würde und der gleichen Rechte für alle Menschen würden durch diese Kräfte angegriffen werden. Auch in Deutschland könnten die Auswirkungen des globalen Rechtsrucks beobachtet werden: „Die Zahl der Angriffe auf Geflüchtete ist um mehr als zwei Drittel gestiegen“, so Duchrow unter Verweis auf das Bundesinnenministerium.

Während es in den Kriegsgebieten der Welt zu immer weiteren Kriegsverbrechen gekommen ist, steht Deutschland in diesem Jahresbericht ebenfalls stark in der Kritik. t-online gibt einen Überblick über einige Aspekte des aktuellen „Amnesty International Reports“ und hat bei Betroffenen sowie Beschuldigten nachgefragt.

Menschenrechtsverletzungen in Gaza und der Ukraine

Der Krieg in Europa hielt auch im Jahr 2023 an: In der Ukraine wurden im Zuge des russischen Angriffskriegs massive Kriegsverbrechen begangen. Die schwerwiegendsten sollen in den russisch besetzten Gebieten erfolgt sein. Gleichzeitig hat sich die Menschenrechtslage in Russland selbst verschlechtert, so die Einschätzung von „Amnesty International“. Folter und Misshandlungen in Haft seien dort weit verbreitete Praktiken, die zumeist ungestraft bleiben würden.

Menschenrechtsverletzungen stellte die NGO auch im Nahen Osten fest. Im Gazastreifen seien etwa Hinrichtungen durch militante islamistische Gruppen verübt worden. Bei dem Angriff der Hamas auf Israel seien mindestens 1.000 Menschen getötet worden. Und bei den Vergeltungsschlägen durch Israel seien wiederum rund 21.600 Zivilisten im Gazastreifen getötet worden.

Die deutsche Außenministerin, Annalena Baerbock (Grüne), würde in Bezug auf den Gaza-Krieg Doppelstandards anlegen, kritisierte Duchrow bei der Veröffentlichung in Berlin. Sie appellierte an die Ampel-Regierung, dass sich Deutschland stärker für die Befreiung der israelischen Geiseln einsetzen müsse.

Menschenrechte dürften nicht zur Verhandlungsmasse werden, weshalb sich die Bundesregierung für Frieden in Nahost einsetzen müsse. Dazu müssten die Waffenlieferungen an Israel ausgesetzt werden, da mit diesen mutmaßlich völkerrechtswidrige Angriffe ermöglicht würden. Aber auch den Umgang mit dem Nahostkonflikt auf deutschen Straßen kritisierte die Organisation in ihrem Bericht deutlich.

Kritik an Situation auf deutschen Straßen

Präventive Pauschalverbote von pro palästinensischen Demonstrationen in Berlin werden von „Amnesty International“ kritisiert – sie würden das Recht auf Versammlungsfreiheit verletzten. Ebenso kritisierte die NGO zunehmende Gewalt von Seiten der Polizei bei Palästina-solidarischen Demonstrationen. Die Berliner Polizei, Exekutivorgan und Versammlungsbehörde der Hauptstadt, wollte sich vor der Veröffentlichung des Berichts nicht zu konkreten Vorwürfen äußern.

Insgesamt hätte die Polizei Berlin zwischen 7. Oktober 2023 und 31. März insgesamt 22 Veranstaltungen mit Nahost-Bezug verboten, 128 pro-palästinensische Veranstaltungen konnten in diesem Zeitraum jedoch stattfinden, wie es von der Behörde heißt. Eine Veranstaltung unter dem Motto „Demonstration für das Grundrecht auf Versammlungs- und Meinungsfreiheit zum 75. Jahrestag der Nakba“ sei ebenfalls abgesagt worden, später bestätigte das Verwaltungsgericht Berlin das Verbot. Für ein Verbot sei die Gefahrenprognose der Polizei ausschlaggebend, so die Polizei Berlin.

Neben Demonstrationen rund um die Geschehnisse in Nahost fanden die Klimaproteste der „Letzten Generation“ Erwähnung in dem Bericht der Menschenrechtsorganisation. Während der friedlichen Protesten soll es mehrfach zu unverhältnismäßiger Gewaltanwendung durch die Polizei gekommen sein.

Gerade auch die Anwendung sogenannter Schmerzgriffe wird von der Menschenrechtsorganisation stark kritisiert. Solche Griffe wurden auch am 12. April in Berlin, gegen eine Straßenblockade der „Letzten Generation“ eingesetzt – das belegen Videos, die der Redaktion vorliegen. Von ihnen war auch Carla Hinrichs, Sprecherin der Gruppe, betroffen.

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