„Verhalten inakzeptabel“

Angst, ins Taxi zu steigen? Merz erntet Spott


Aktualisiert am 30.09.2024Lesedauer: 3 Min.

CDU-Chef Friedrich Merz wird für eine Antwort in einem Interview kritisiert. (Quelle: IMAGO/Bernd Elmenthaler/imago)

Friedrich Merz erregt mit seiner Antwort in einem Interview Aufsehen. Für ihn sei es eine Frage des Geschlechts, ob er zu einem Taxifahrer ins Auto steigt, der ein Palästinensertuch trägt.

Union-Kanzlerkandidat Friedrich Merz (CDU) hat für eine Antwort in einem Interview mit der „Bild am Sonntag“ Kritik geerntet. Merz wurde gefragt, ob er wie die scheidende Grünen-Chefin Ricarda Lang in ein Taxi steigen würde, das von einem Mann mit Palästinensertuch gefahren wird.

Merz entgegnete: „Als Mann wahrscheinlich ja, als Frau wahrscheinlich nicht“. Auf die Nachfrage, wieso er da unterscheide, antwortete Merz: „Naja, weil ich als Mann vielleicht ein anderes Selbstbewusstsein habe, aber auch vielleicht einen anderen Respekt in Anspruch nehmen kann.“ Die Art und Weise, wie Frauen von Taxifahrern teilweise behandelt würden, sei inakzeptabel. Er müsse da als Mann vielleicht nichts befürchten, so Merz.

Die Frage beruht auf einem Foto aus dem August, das Ricarda Lang und ihren Ehemann in einem Taxi nach ihrer Hochzeit zeigt. Der Taxifahrer trug eine grüne Kufiya auf dem Kopf, umgangssprachlich als Palästinensertuch bezeichnet. Die Interviewfrage zielte offenbar darauf ab, dass der Taxifahrer mit der Kufiya zur pro-palästinensischen Szene gehören könnte, und ob das mit Merz‘ Position im Nahostkonflikt vereinbar sei.

Ricarda Lang reagierte am Montag auf X auf Merz‘ Aussagen. Sie schrieb: „Lieber Friedrich Merz, keine Sorge, ich habe das notwendige Selbstbewusstsein, um in ein Taxi zu steigen. Und auch, wenn es Sie überraschen mag: Frauen können sich ganz gut Respekt verschaffen. Willkommen im 21. Jahrhundert!“

Sie fügte hinzu, dass der Taxifahrer freundlich gewesen sei und es keinen Grund gebe, dass er öffentlich an den Pranger gestellt werde. Auch die Grünen-Abgeordnete Renate Künast meldete sich zu Wort. „Männer haben mehr Selbstbewusstsein als Frauen!? Was erzählt Merz da? Und haben sich schon die Taxifahrer zu der Unterstellung gegen sie geäußert? Er kann nicht Kanzler“, schrieb Künast ebenfalls auf X.

Es war nicht die einzige Aussage von Merz in dem Interview, die für Aufsehen sorgte. Unter anderem griff er die FDP und seinen Freund Christian Lindner an und forderte „mehr Respekt für finanziellen Erfolg“ ein. „Ich möchte ein bisschen unsere Mentalität ändern“, so Merz. „Wirtschaftlicher Erfolg gehört dazu, den darf man auch – man muss nicht protzen – zeigen.“

Damit könne man auch „andere ermutigen und ermuntern und sagen: Macht es nach“. Besorgt zeigte sich Merz über die Einstellung mancher Menschen zur Arbeit. Wenn diese nur als „unangenehme Unterbrechung unserer Freizeit“ gesehen werde, führe dies „in einen massiven Wohlstandsverlust“.

Stolz äußerte sich Merz über seinen früheren Millionen-Verdienst in der freien Wirtschaft: „Ich freue mich darüber, es ist nichts vom Himmel gefallen, ich habe dafür gearbeitet“, sagte er – und fügte hinzu: „Ich habe auch vielleicht mehr gearbeitet als acht Stunden am Tag. Ich habe es gerne gemacht, und ich habe auch Glück gehabt.“

Nachdem er sich 2009 für mehrere Jahre aus der Politik zurückgezogen hatte, machte Merz in der Wirtschaft unter anderem als Aufsichtsratschef der deutschen Abteilung der Fondsgesellschaft Blackrock ein Vermögen. Sein Jahreseinkommen gab er 2018 mit etwa einer Million Euro an. Seinen Posten bei Blackrock und weitere Beraterposten in der Wirtschaft legte Merz 2020 nieder.

Merz warf in der „Bild am Sonntag“ die Frage auf, ob die Bürgerinnen und Bürger künftig mehr Arbeitsstunden leisten sollten. „Warum leisten wir heute eigentlich mit 45 Millionen Erwerbstätigen nicht mehr Arbeitsstunden als vor 30 Jahren? Da hatten wir sieben Millionen Erwerbstätige weniger.“ Arbeit könne „ein Stück unserer Lebenserfüllung, ein Stück unserer Selbstverwirklichung“ sein.

Als Vorbild für den Umgang mit Arbeit und Wohlstand nannte Merz die USA. Deutschland müsse „ein Land sein – und das habe ich in Amerika immer sehr geschätzt –, das Erfolg nicht diskreditiert, sondern sagt: Daran nehmen wir uns ein Beispiel. Und ich möchte ein bisschen unsere Mentalität ändern.“

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