Am Mittwoch startet die neue Show von Stefan Raab. Ab 20.10 Uhr wird die erste Folge des RTL+-Formats verfügbar sein – eine Sendezeit mit großer Bedeutung.
Noch verschwitzt von seiner dritten Niederlage gegen Weltmeisterin Regina Halmich kündigte Stefan Raab am vergangenen Samstag nach seinem Boxkampf an: „Ich habe mir überlegt, ich mache wieder Shows!“ Das Livepublikum im Düsseldorfer PSD Bank Dome brach daraufhin in tosenden Applaus aus.
Wenige Tage später hüpft Stefan Raab in einem Instagram-Video aufgedreht durch sein neues Studio. „Das ist die erste Entertainment-Quiz-Competition-Hybrid-Show der Welt“, erklärt der Moderator. Was genau das bedeuten soll, geht aus einer RTL-Pressemitteilung hervor. Bei „Du gewinnst hier nicht die Million bei Stefan Raab“ führt der Entertainer nicht nur durch die Show, sondern tritt auch in verschiedenen Duellen gegen einen Herausforderer an. Ab 18. September ist die Sendung immer mittwochs ab 20.10 Uhr beim Streamingdienst RTL+ abrufbar – ein Termin, hinter dem Kalkül steckt?
Im Dezember 2015 verabschiedete sich Stefan Raab mit Tränen in den Augen und wackliger Stimme von seinem „TV total“-Publikum. 16 Jahre hatte er durch die Comedyshow geführt und nebenbei etliche Formate für seine TV-Heimat ProSieben entwickelt. Nach seinem Abschied tauchte der Kölner unter. Er zog sein Vorhaben, sich nicht mehr in der Öffentlichkeit blicken zu lassen, eisern durch – und wurde von seinen Fans dafür gefeiert.
Viele glaubten daher an einen Aprilscherz, als Stefan Raab vor einigen Monaten ankündigte, ein letztes Mal gegen Regina Halmich in den Ring zu treten. Noch mehr als sein Comeback überraschte die Tatsache, dass der 57-Jährige künftig für RTL tätig sein wird. Der Sender, über den er sich in seiner aktiven Zeit immer wieder lustig gemacht hatte. Jetzt bindet sich Raab mit einem Fünfjahresvertrag an seinen neuen Arbeitgeber.
„Du gewinnst hier nicht die Million bei Stefan Raab“ ist der erste gemeinsame Coup von RTL und Raab. Da die Show bei RTL+ zu sehen sein wird, steht außer Frage, dass damit der sendereigene Streamingdienst gestärkt werden soll. Doch die Entscheidung, das neue Format immer mittwochs ab 20.10 Uhr zum Abruf bereitzustellen, kann auch als direkter Affront gegen Raabs ehemaligen Haussender ProSieben gewertet werden. Dort ist die Primetime am Mittwochabend seit 2021 für „TV total“ reserviert – Raabs ehemalige Show, die mittlerweile von Sebastian Pufpaff moderiert wird.
André Piefenbrink, Senior Manager für Kommunikation bei RTL, kann auf t-online-Anfrage keine Konkurrenz zwischen „Du gewinnst hier nicht die Million bei Stefan Raab“ und „TV total“ erkennen. „Streaming und TV bedienen ein unterschiedliches Publikum. Die Show ist ab Mittwochabend erstmalig verfügbar und steht danach jederzeit zum Abruf auf RTL+ bereit.“
Medienexperte Jo Groebel vertritt im t-online-Interview einen anderen Standpunkt: „Das war auf jeden Fall bewusst. Das ist eine Ansage.“ Der 73-Jährige stimmt André Piefenbrink zwar zu, dass sich Bezahlangebote und Free-TV-Programme nicht mit direkten Zahlen vergleichen lassen, doch heute gehe es um mehr als nur um die Quote. „Der Effekt, den eine Sendung erzielt, ist ja nie nur das Programm selbst, sondern auch das Drumherum. Zum Beispiel: Wie ist die Resonanz bei Social Media? Wie wird danach in den Medien darüber berichtet? Die Einschaltquote misst im Prinzip nur die Reichweite, aber mindestens genauso wichtig ist die ganze Metakommunikation“, erläutert Groebel. Der Veröffentlichungstermin von „Du gewinnst hier nicht die Million bei Stefan Raab“ sei seiner Meinung nach daher „nicht zufällig gewählt“.
Will sich Stefan Raab mit diesem Schachzug weiter von seinem ehemaligen Arbeitgeber distanzieren? Bei seiner TV-Rückkehr fehlten jedenfalls zahlreiche ProSieben-Stars, die den Entertainer während seiner Karriere begleitet hatten. Reiner Zufall, so RTL: „Bei der Zusammenstellung unserer Gästeliste haben wir nicht auf Senderzugehörigkeit geachtet“, sagt André Piefenbrink. So seien auch bei der neuen wöchentlichen Raab-Sendung künftig die unterschiedlichsten Gäste eingeladen, „völlig unabhängig davon, ob sie bei RTL oder einem anderen Sender arbeiten“.