Ausgerechnet Philipp Amthor
Jetzt soll die Transparenz verschwinden
27.03.2025 – 10:40 UhrLesedauer: 2 Min.
Die Koalitionsverhandlungen zwischen SPD, CDU und CSU stehen am Anfang, doch schon stiftet ein heikler Unionsvorschlag Unruhe. Der Vorschlag zur Abschaffung des Informationsfreiheitsgesetzes wirft Fragen auf.
Seit Beginn der Woche hat sich der neue Bundestag konstituiert. Nun liegt es an der SPD und den Unionsparteien von CDU und CSU, in Koalitionsverhandlungen eine neue Regierung zu bilden. Doch noch bevor konkrete Ergebnisse sichtbar sind, mehren sich Zweifel an der Integrität und den Beweggründen einer möglichen schwarz-roten Koalition – ausgelöst durch erste Forderungen aus den Reihen der Union.
Besonders brisant ist ein Vorstoß aus der Arbeitsgruppe „Bürokratierückbau, Staatsmodernisierung, Moderne Justiz“. Dort setzen sich Vertreter der CDU/CSU aktuell dafür ein, das Informationsfreiheitsgesetz (IFG) abzuschaffen. Seit 2006 verpflichtet das Gesetz Bundesbehörden, auf Antrag amtliche Dokumente herauszugeben – ohne dass Antragsteller ein besonderes Interesse nachweisen müssen. Es garantiert damit das Recht auf staatliche Transparenz. Einer der lautesten Befürworter der Abschaffung ist ausgerechnet Philipp Amthor, der die Union in der Arbeitsgruppe vertritt.
Brisant ist dieser Vorstoß auch deshalb, weil Amthor selbst in der Vergangenheit durch eine IFG-Anfrage unter Druck geraten war. 2020 wurde bekannt, dass er sich als junger CDU-Abgeordneter für das US-Tech-Unternehmen Augustus Intelligence eingesetzt hatte – unter anderem durch ein Schreiben an das Bundeswirtschaftsministerium, das auf offiziellem Bundestags-Briefkopf verfasst war. Öffentlich wurde das Dokument durch eine Anfrage nach dem Informationsfreiheitsgesetz über die Transparenzplattform „FragDenStaat“.
Die damit verbundene Recherche deckte auf, dass Amthor Aktienoptionen des Unternehmens besaß sowie eine Direktorenstelle bei Augustus Intelligence begleitete – ein möglicher Fall von Interessenkonflikt zwischen politischem Amt und Lobbyismus. Das IFG war hier der entscheidende Hebel zur Aufklärung.
Auf Anfrage von t-online zur geplanten Abschaffung des Gesetzes äußerte sich Amthors Büro nicht zu den Vorhaben und verwies lediglich darauf, dass die Sitzungen der Arbeitsgruppen nicht öffentlich seien.
Seit seiner Einführung hat das Informationsfreiheitsgesetz maßgeblich zur Aufklärung politischer Skandale beigetragen. Beispielsweise wurden unter anderem durch Anfragen an das IFG aufgedeckt, dass der frühere CSU-Verkehrsminister, Andres Scheuer, bereits Verträge zur Pkw-Maut unterzeichnete, bevor der Europäische Gerichtshof das Projekt genehmigte. Nach dem Urteil, das die Maut-Pläne kippte, musste der Bund mehrere Millionen Euro an Schadensersatz zahlen.
Das Informationsfreiheitsgesetz ist ein zentrales Instrument, um politische Entscheidungen transparent zu machen und Verantwortung einzufordern. Es unterstützt die demokratische Kontrolle von Amtsträgern und ermöglicht eine kritische Öffentlichkeit. Aus der journalistischen Arbeit ist es kaum noch wegzudenken. Die Forderung nach seiner Abschaffung sendet nicht nur fatale Signale an eine ohnehin politikverdrossene Gesellschaft – sie ist auch ein Angriff auf die Informationsfreiheit, die allen Bürgerinnen und Bürgern zusteht.