Streit in der Ampel

Ampel streitet über richtige Wirtschaftspolitik

Aktualisiert am 25.10.2024 – 15:32 UhrLesedauer: 3 Min.

In der Ampel hakt es immer wieder. Finanzminister Lindner kritisiert nun das Auftreten der Koalition in der Wirtschaftspolitik – und geht Kanzler Olaf Scholz und Vizekanzler Robert Habeck direkt an. (Archivbild) (Quelle: Michael Kappeler/dpa/dpa-bilder)

Arbeiten die Ampel-Parteien noch mit- oder doch gegeneinander? Diese Frage stellt sich nun auch in der Wirtschaftspolitik. Selbst mit Gipfelgesprächen macht man sich in der kommenden Woche Konkurrenz.

Deutschlands Wirtschaft steckt in der Krise – und der Weg daraus wird zunehmend zu einem Streitthema der Ampel-Koalition. Gerungen wird vor allem um die richtigen Maßnahmen, die die lahmende Wirtschaft ankurbeln könnten. Einen Einblick in die angespannte koalitionsinterne Atmosphäre geben aber auch zwei Veranstaltungen am kommenden Dienstag. Nachdem Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) zu einem Industriegipfel geladen hatte, organisierte die FDP ein „wirtschaftspolitisches Spitzengespräch“ mit wichtigen Verbandsvertretern.

Bundesfinanzminister Christian Lindner kritisierte im ZDF, dass jüngste wirtschaftspolitische Vorstöße von Kanzler Scholz und Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) nicht abgestimmt gewesen seien. Der FDP-Chef forderte eine rasche Richtungsentscheidung. Da werde sich zeigen, „ob wir als Koalition zusammenkommen“, sagte er in der ARD. In diesem Herbst müsse Klarheit geschaffen werden, „in welche Richtung in der Wirtschafts- und Finanzpolitik geht dieses Land“. Sonst nehme die wirtschaftliche Entwicklung weiter Schaden.

„Nein, die Vorschläge von Herrn Scholz waren nicht abgestimmt und die von Herrn Habeck auch nicht“, sagte Lindner im ZDF-„Heute Journal“. „Wir reden miteinander, aber diese Vorschläge kenne ich nicht. Und das ist für sich genommen ein Problem.“

Was Lindner nicht sagte: Auch das FDP-Präsidium produziert regelmäßig Papiere zur Wirtschaftspolitik und anderen Fragen, die vorher nicht mit den Koalitionspartnern abgestimmt werden.

Habeck hatte zuvor vorgeschlagen, die Wirtschaft mit einem schuldenfinanzierten staatlichen Investitions- und Infrastrukturfonds anzukurbeln. Nach seinen Vorstellungen sollen Unternehmen zehn Prozent aller Investitionen vom Staat erstattet bekommen.

Lindner hatte die Machbarkeit des Habeck-Vorschlags bereits infrage gestellt und legte nun nach. „Mich überzeugt das in der Sache nicht“, sagte er. „Nachdem wir gesehen haben, dass bei Intel Subventionen nichts gebracht haben, soll auf das Scheitern bei Intel jetzt Intel zum Quadrat folgen.“ Für ihn sei das ein „Zeichen von konzeptioneller Hilflosigkeit“. Die Bundesregierung wollte eine Intel-Chipfabrik in Magdeburg mit Milliardenaufwand fördern, deren Bau wurde nun aber verschoben.

Kanzler Scholz hatte vergangene Woche im Bundestag eine industriepolitische Offensive angekündigt. Er will sich mit Vertretern von Unternehmen, Gewerkschaften und Verbänden zu einem Industriegipfel im Kanzleramt treffen. Es sollten Maßnahmen ausgelotet werden, „damit wir gemeinsam nach vorne marschieren“, sagte Scholz in der ZDF-Sendung „Maybrit Illner“. Das Treffen ist für den Dienstagnachmittag angesetzt. Wirtschaftsminister Habeck ist zu dem Gipfel nicht eingeladen, sieht das aber gelassen. „Ich brauche jetzt keinen Gipfel. Ich bin permanent am Bergsteigen“, sagte er in der indischen Hauptstadt Neu-Delhi. Er sei mit den Wirtschaftsverbänden täglich im Gespräch.

Am Vormittag wollen der FDP-Fraktionsvorsitzende Christian Dürr und Parteichef Lindner mit Spitzenvertretern von Wirtschaftsverbänden über dasselbe Thema beraten. Erwartet werden die Präsidenten der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände, des Zentralverbandes des Deutschen Handwerks und des Bundesverbandes der Freien Berufe, Rainer Dulger, Jörg Dittrich und Stephan Hofmeister. Teilnehmen werden auch der Hauptgeschäftsführer der Deutschen Industrie- und Handelskammer, Martin Wansleben, und das Präsidiumsmitglied des Verbandes der Familienunternehmer, Reinhold von Eben-Worlée.

In den vergangenen Monaten war wegen der vielen Streitereien in der Ampel immer wieder über ein vorzeitiges Ende der Koalition spekuliert worden. Der Finanzminister trat im ZDF dem Eindruck entgegen, schon nach Opposition zu klingen. „Wenn sich alle an den Koalitionsvertrag halten wollen und an seinen Geist, dann habe ich jedenfalls keine Vorsätze, eine Regierungskoalition zu beenden.“

Klar sei aber: „Wenn das, was das Land braucht, dringlicher wird, und das, was politisch erreichbar ist, kleiner ist, müssen alle sich die Karten legen.“ In den ARD-„Tagesthemen“ sagte der Finanzminister, man werde nach seiner Rückkehr miteinander sprechen müssen. „Sind unsere Gemeinsamkeiten so groß, dass wir die Probleme des Landes lösen können? Ich hoffe darauf.“

Scholz räumte Schwierigkeiten in der Ampel ein, forderte die Partner aber zur Weiterarbeit bis zum Ende der Wahlperiode auf. Wer von den Bürgerinnen und Bürgern ein Mandat zum Regieren bekommen habe, müsse seine Aufgaben erfüllen, sagte er in der ZDF-Sendung „Maybrit Illner“. Das sei eine Pflicht. „Und da sollte sich keiner einfach in die Büsche schlagen. Mein Stil ist das jedenfalls nicht.“

Vize-Kanzler Habeck sagte in Neu-Delhi auf die Frage, ob die Ampel-Partner angesichts der vielstimmigen wirtschaftspolitischen Vorschläge noch gut zusammenarbeiten: „Absolut. Das tun wir.“

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