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Alice Weidel ist nun nicht nur Chefin, sondern erste Kanzlerkandidatin der AfD. Auf dem Parteitag in Riesa setzt sie ein Zeichen, das ihre Partei verändern wird.

Alice Weidel steht in der Sachsenarena von Riesa vor einer blauen Wand, acht Deutschlandfahnen links von ihr, acht rechts von ihr. Von den Delegierten im Saal ist sie gerade als erste Kanzlerkandidatin der AfD bestätigt worden – ohne Kritik, ohne Gegenstimme. Weidel könnte sich nun zurücklehnen. Doch sie tut etwas anderes. In der Rede, die sie nun hält, setzt sie ein Signal.

In einem 100-Tage-Zukunftsplan verspricht sie viel – für den derzeit aussichtslosen Fall, dass die AfD regiert. Am lautesten verspricht sie dabei, was für viele ihrer Parteikollegen im Saal am wichtigsten ist. Eine klare Ansage werde die AfD machen, ruft Weidel laut: „Die deutschen Grenzen sind dicht. Sie – sind – dicht!“ Sozialleistungen für „Nicht-Aufenthaltsberechtigte“ sollten zudem nicht mehr ausgezahlt, Asylbewerbern Sach- statt Geldleistungen gegeben und: Rückführungen vorgenommen werden.

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Weidel zuckt mit den Schultern. „Und ich muss ganz ehrlich sagen: Wenn es dann Remigration heißen soll, dann heißt es eben Re – Mi – Gra – Tion.“

Der Saal jubelt, klatscht. Delegierte halten große blaue Pappherzen in die Luft, die vorher auf ihren Tischen verteilt wurden. „Alice für Deutschland“, steht auf einer Seite.

Der neue Weidel-Werbeslogan „Alice für Deutschland“ beim Parteitag in Riesa: Inspiriert von Höcke und Hitlers SA. (Quelle: Sebastian Kahnert/dpa)

Alice Weidel tut in diesen Momenten zwei Dinge, die sie vorher noch nie getan hat. Sie sind beide tiefgreifende Kehrtwenden der AfD-Spitzenkandidatin. Und sie sind ein Bekenntnis, ein Geschenk – an die Rechtsextremisten in ihrer Partei: Ich gehe euren Weg mit. Wir sind jetzt eins.

Novum Nummer 1: Weidels Slogan ist jetzt „Alice für Deutschland“

Da wäre zuerst der neue Wahlkampfslogan „Alice für Deutschland“. Mit einigem Vorlauf muss der Slogan auf die blauen Herzen gedruckt worden sein, die die jubelden Delegierten hochhalten. Der Gastgeber in Riesa, AfD-Landeschef Jörg Urban, hat sich außerdem bereits kurz vor Weidels Auftritt mit diesen Worten nach einer Rede von der Bühne verabschiedet: „Damit schließe ich mit dem Wahlspruch, mit dem wir in Sachsen in die Wahl gehen werden: Alice für Deutschland!“ Immer wieder werden die 600 Männer und Frauen im Saal während Weidels Rede den Slogan auch in der Gruppe skandieren.

Das Problem an dem Slogan: Er erinnert bewusst stark an eine Parole von Adolf Hitlers SA, mit der zuletzt der Thüringer AfD-Chef und Rechtsextremist Björn Höcke für internationale Schlagzeilen und ein Gerichtsurteil gesorgt hat.

Höcke vor Gericht: Er nutzte die Bühne. (Quelle: Christian Mang/reuters)

Der Hintergrund: Weil Höcke den SA-Spruch „Alles für Deutschland“ bei einem Auftritt verwendete, wurde er angeklagt und im Mai 2024 wegen des Verwendens von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen zu einer Geldstrafe von 13.000 Euro verurteilt. Höcke aber tat viel, um die Parole wieder zu beleben: Immer wieder deutete er den von Historikern klar als Nazi-Slogan definierten Spruch nach seiner Anklage bei öffentlichen Auftritten an und behauptete fälschlicherweise, er sei von der SA gar nicht besonders genutzt worden – beobachtet von der nationalen und internationalen Presse.*

Wegen des ähnlichen Klangs fingen AfD-Fans auf Veranstaltungen rasch an, „Alice für Deutschland“ zu fordern. Die SA-Parole, in neuer Gestalt.

Weidel aber nutzte die Steilvorlage bisher selbst nie. Bei einer Veranstaltung mit Björn Höcke und Weidel in Erfurt im Herbst sollen Ordner sogar durch die Menge geschickt worden sein, um einzelne Rufer des Slogans zum Schweigen zu bitten – zumindest erzählten das AfD-Leute dort unter der Hand. Nun nimmt Weidel die nur leicht abgewandelte SA-Parole, made by Höcke, gerne und gezielt an.

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