Es ist der frühe Startschuss für den Wahlkampf: Die AfD in Sachsen-Anhalt stellt sich für die Landtagswahl 2026 auf. Ihr Ziel ist es, allein zu regieren – und die Ausgangslage ist für sie günstig.
Eigentlich steht die AfD unter Druck. Gerade wurde sie vom Verfassungsschutz auf Bundesebene als „gesichert rechtsextrem“ eingestuft, gegen mehrere ihrer früheren Aushängeschilder laufen Ermittlungen wegen Korruption.
Ulrich Siegmund aber klingt so gar nicht, als sei seine Partei in Schwierigkeiten. Im Gegenteil. „Wir haben in Sachsen-Anhalt das klare Ziel, eine Alleinregierung zu stellen“, sagt er t-online. „Unser Anspruch sind 40 Prozent plus x. Darauf arbeiten wir hin.“
Siegmund ist Fraktionsvorsitzender der AfD in Sachsen-Anhalt und ihr designierter Spitzenkandidat. Dort wird am 6. September 2026 ein neuer Landtag gewählt. Mehr als ein Jahr noch bis dahin – doch Siegmunds Landesverband bereitet sich schon seit einer ganzen Weile darauf vor. „Dauerwahlkampf“ nennen das einige in der Partei. „Professionell“ nennt es Siegmund.
Anfang April schon haben sie den ersten Direktkandidaten gewählt, an diesem Wochenende soll die gesamte Landesliste folgen. 40 bis 70 Kandidaten wollen sie vermutlich küren. Eine sehr hohe Anzahl für die AfD, die weniger Mitglieder und eine dünnere Personaldecke hat als andere Parteien. Doch die AfD will vorbereitet sein, sich zumindest so präsentieren – für den Ernstfall, dass sie tatsächlich regieren darf und Abgeordnete plötzlich zu Ministern werden müssen.
Siegmund wird an diesem Freitag als Spitzenkandidat auf Platz 1 landen, daran gibt es in seiner Partei keine Zweifel. Mit einer Mehrheit, die deutlicher nicht sein könnte, wurde er von seinen Parteikollegen am Dienstag bereits zum Direktkandidaten im Wahlkreis Genthin gewählt: 100 Prozent.
Unter seiner Leitung soll im nächsten Jahr gelingen, woran die AfD-Landesvorsitzenden Björn Höcke in Thüringen und Jörg Urban in Sachsen im Herbst scheiterten: die absolute Mehrheit holen, um allein zu regieren – oder zumindest so stark abschneiden, dass die CDU kippt und erstmals mit der AfD koaliert.
Es wäre die erste Regierungsbeteiligung der AfD. Und die Ausgangsbedingungen für sie sind günstig.

37 Prozent holte die AfD in Sachsen-Anhalt im Februar bei der Bundestagswahl. In der Partei runden sie seither auf und reden von 40 Prozent. Das hat einen Grund: Mit knapp über 40 Prozent nämlich kann es unter Umständen schon für die absolute Mehrheit reichen – je nachdem, wie viele kleine Parteien weniger als fünf Prozent erreichen und es nicht in den Landtag schaffen.
Eine Landtagswahl aber ist keine Bundestagswahl, die Ergebnisse lassen sich nicht einfach übertragen. Und Höcke hatte im Herbst in Thüringen zwischenzeitlich ähnliche Zustimmungswerte. Auch er warb für sich als Ministerpräsident. Am Ende wurde die AfD in Thüringen stärkste Kraft, holte das für sie beste Ergebnis – für die absolute Mehrheit reichte es dennoch nicht.
Die Spitzen der AfD in Bund und Ländern haben ihre Lehren aus diesem Wahlkampf gezogen. Hieß es früher, die Partei könne im Osten auch einen Besenstiel aufstellen und werde dennoch gewählt, wissen sie nun: Es kommt für die letzten, entscheidenden Prozente auch für sie auf die Köpfe im Wahlkampf an.
Radikalität ist dabei kein Störfaktor, im Gegenteil. Nicht einmal Höcke habe schließlich Wähler abgeschreckt, so die parteiinterne Analyse. Vorwürfe machen sie vielmehr Jörg Urban in Sachsen – zu blass, zu unauffällig, zu wenig aggressiv sei der im Wahlkampf aufgetreten und deswegen in Sachsen nur auf Platz 2 gelandet.
Mit dem 34-jährigen Siegmund testet die AfD einen bei den Landtagswahlen für sie neuen Typus: radikal, aber mit Schwiegermutters-Liebling-Ausstrahlung und einer enormen Reichweite in den sozialen Netzwerken. Eine halbe Million Follower hat er allein auf der Plattform TikTok, wo seine Videos kurze, wütende Titel mit Ausrufezeichen tragen wie „So will man uns manipulieren!“, „So wirst du belogen!“ oder „CDU verkauft sich – mal wieder!“