Die AfD will sich derzeit professionell geben. Doch beim Sommerfest der Bundestagsfraktion fließt viel Alkohol – und Parteiprominenz stimmt ein hochumstrittenes Lied an.

Es gibt Nackensteak und Bratwurst, Bier und Wein fließen reichlich: Beim Sommerfest der AfD-Fraktion am Dienstagabend haben sich Bundestagsabgeordnete, Mitarbeiter und Unterstützer der AfD in einem Biergarten an der Berliner Spinnerbrücke getroffen. Das Lokal im äußersten Südwesten der Stadt ist bekannt als Bikertreff, normalerweise stehen Dutzende Motorräder vor der Tür.

Am Dienstag ab 18 Uhr aber fahren Limousinen von der Fahrbereitschaft des Bundestags vor, mehrere Hundert Teilnehmer kommen. Unwürdig für ein Fest einer Bundestagsfraktion findet mancher der Anwesenden schon die Location. Noch unwürdiger aber wird’s zum späten Abend.

„Mausland den Mäusen“

Nach 21 Uhr nämlich stellt sich einer der vier Parlamentarischen Geschäftsführer der AfD-Fraktion, Enrico Komning, auf eine Bierbank. So berichten es mehrere Teilnehmer t-online. Über eine Lautsprecherbox läuft die Musik von „L’amour toujours“ von Gigi D’Agostino.

Der Song ist eigentlich ein Liebeslied, simpel gestrickt – und gerade deswegen in rechten Kreisen seit Monaten beliebt. Denn die Neonazi-Parole „Deutschland den Deutschen, Ausländer raus“ wird von ihnen auf die eingängige Melodie gesungen. Der eigentliche Partysong ist so zu einem rassistischen Ohrwurm verkommen. Zuletzt wurde er auch von Gutbetuchten in einer Strandbar auf Sylt gegrölt, das Video von der Szene mit vielen jungen Menschen löste bundesweite Debatten aus.

Stieg spät auf eine Bierbank: Enrico Komning, Bundestagsabgeordneter und Parlamentarischer Geschäftsführer der AfD. (Quelle: IMAGO/dts Nachrichtenagentur/imago)

Der Parlamentarische Geschäftsführer Komning hält den Song beim AfD-Sommerfest offenbar für den richtigen Einheizer. Offensichtlich aber weiß er auch, dass das Lied und vor allem der in rechten Kreisen verbreitete ausländerfeindliche Alternativtext ein Problem ist. Also ändert er den Text, dichtet ihn etwas um: Statt „Deutschland den Deutschen, Ausländer raus“ singt er: „Mausland den Mäusen, Maushändler Klaus.“ Mehrfach habe Komning die Menge zum Mitsingen aufgefordert, so erzählen es Teilnehmer des Abends t-online.

Einige finden das witzig, singen mit. Andere wiederum wenden sich ab, suchen das Weite.

„Ich fand das oberpeinlich“, sagt einer t-online. Ein anderer sagt, er habe nur den Kopf schütteln können, der Skandal sei ja programmiert. Groß sei auch die Sorge gewesen, dass mitgefilmt und Videos von der Szene verbreitet werden könnten. „AfD, Alkohol und solche Songs – das kann ja nur schiefgehen.“

Viele in der Partei hätten immer noch nicht verstanden, was es bedeutet, im Bundestag zu arbeiten, kritisiert er: „Wir sind nicht unter uns, wir sind da nicht privat, das ist eine steuergeldfinanzierte Veranstaltung.“

Komning teilt auf Anfrage von t-online mit, das Lied sei „von einer Zufallsliste Partymusik abgespielt“ worden und von ihm „mit einem parodistischen Refrain versehen“ worden. Ein „Anheizen“ von ihm habe es nicht gegeben. „Vielmehr habe ich das Lied nach kurzem Anspielen beendet, nachdem Lautstärke und Lied selbst von dem sich unterhaltenden Publikum nachdrücklich kritisiert wurden.“

AfD-Doppelspitze Alice Weidel, Tino Chrupalla: Sie leiten Partei wie Fraktion – und verließen das Sommerfest nach Aussage ihrer Sprecher früh. (Quelle: Bernd von Jutrczenka/dpa/dpa-bilder)

Inzwischen aber ist der Gigi-Eklat auf den Fluren der AfD-Fraktion das Gesprächsthema Nummer eins. Im Gespräch mit t-online stöhnen viele beim Stichwort „Sommerfest“ gleich auf – man wisse, welche Fragen jetzt kämen.

Die Fraktionsspitze gibt sich derweil zugeknöpft. Auf Anfrage von t-online will sie weder sagen, wie viel die Veranstaltung die Steuerzahler gekostet hat noch wie viele Teilnehmer genau da waren. Über fraktionsinterne Veranstaltungen gebe man grundsätzlich keine Auskunft. Man begrüße aber „ausdrücklich“, dass das „zufällig ausgewählte Lied nach kurzem Anspielen beendet“ wurde, teilt ein Fraktionssprecher fast wortgleich zu Komning mit.

In AfD-Kreisen war der Song mit seinem rassistischen Alternativtext bereits lange vor dem Vorfall auf Sylt bekannt – und hat sich inzwischen zu einer beliebten Chiffre für Ausländerfeindlichkeit entwickelt. So verteilte und verkaufte die als rechtsextrem eingestufte Jugendorganisation „Junge Alternative“ auf dem AfD-Bundesparteitag am Wochenende Merchandise in Anlehnung an die Melodie des Sommerhits: Sticker mit der Aufschrift „Dööp dödö dööp“ sowie Shirt mit einem simplen „Döp“.

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