Zu viel der Russlandnähe? Die AfD-Fraktionsspitze diskutiert über den Fall Matthias Moosdorf – und zieht nach Informationen von t-online erste Konsequenzen.

Ein Bundestagsmandat und zugleich ein bezahlter Job in Moskau an einer staatlich finanzierten Hochschule? Das ist vielleicht auch für die russlandfreundliche AfD zu viel: Die Spitze der AfD-Fraktion im Bundestag diskutiert über den Fall ihres außenpolitischen Sprechers Matthias Moosdorf, zeigt sich öffentlich skeptisch und hat hinter den Kulissen erste Konsequenzen gezogen. Der AfD-Abgeordnete Moosdorf ist seit September auch Honorarprofessor in Moskau.

Nach Informationen von t-online hat der AfD-Fraktionsvorstand bereits am Montag entschieden, dass Moosdorf an zwei Auslandsreisen nicht wie geplant teilnehmen darf – eine sollte nach Japan führen, die andere nach Doha, Hauptstadt von Katar. Über den Arbeitskreis Außen, dem Moosdorf vorsteht, soll ihm außerdem nahegelegt werden, die Honorarprofessur in Moskau aufzugeben. Moosdorf fehlte am Dienstag bei der Sitzung der AfD-Fraktion wegen Krankheit.

Offiziell hält sich der Vorstand bedeckt

Offiziell hält sich die Fraktionsspitze allerdings bedeckt. Man warte auf eine Stellungnahme von Moosdorf, sagte Alice Weidel, Chefin der Bundespartei und der Fraktion, am Dienstag in einem Pressestatement. Solange wolle man sich zu dem Fall nicht äußern.

Etwas mehr hatte bereits am Morgen Bernd Baumann, Erster Parlamentarischer Geschäftsführer und Mitglied des Fraktionsvorstands, zu dem Fall mitgeteilt: „Wir sind mit Herrn Moosdorf im Gespräch“, sagte er bei einer Pressekonferenz auf Nachfrage von t-online. Der Fall habe eine „politische Komponente“.

Es sei Beschlusslage der Partei, dass Russlands Krieg gegen die Ukraine als Angriffskrieg gewertet und verurteilt werde. Eine Professur in Russland sei daher anders zu beurteilen als „eine Professur irgendwo im Ausland“, so Baumann. „Da sehen wir eine Problematik und in die Richtung gehen auch die Gespräche.“ Welche Lösungen möglich seien? Dazu äußerte sich Baumann nicht.

Parlamentarischer Geschäftsführer Bernd Baumann (vorne), AfD-Fraktionschef Tino Chrupalla und Alice Weidel im Bundestag: Der Vorstand diskutiert über ihren außenpolitischen Sprecher. (Quelle: IMAGO/Emmanuele Contini)

Nach Informationen von t-online stört Abgeordnete in der Fraktion nicht nur Moosdorfs neue Anstellung, sondern insbesondere, dass er dafür Gehalt aus Moskau erhalten soll. Der Vorstand soll in den vergangenen Tagen Recherchen darüber angestrengt haben, in welchem Verhältnis die Gnessin-Musikhochschule, Moosdorfs künftige Arbeitsstätte, genau zum Kreml steht.

Der 59-jährige Moosdorf ist seit Kurzem außenpolitischer Sprecher der Fraktion und seit September zugleich Honorarprofessor in Moskau, wie t-online vergangene Woche berichtete. Neben seiner Diät im Bundestag von rund 11.000 Euro pro Monat würde Moosdorf damit künftig auch eine Bezahlung von der Moskauer Gnessin-Musikhochschule erhalten, die vom russischen Kulturministerium finanziert wird. „Die Ausgestaltung des weiteren Vertrages ist noch offen, richtet sich aber nach international völlig üblichen Honoraren“, teilte Moosdorf t-online vergangene Woche auf Anfrage mit.

Die Schule freut sich: Moosdorf im September bei der Urkunden-Übergabe an der Moskauer Gnessin-Musikhochschule. (Quelle: Gnessin-Akademie/Gleb Chuchalin)

Moosdorf sitzt seit 2021 für die AfD im Bundestag. In seinem sächsischen Wahlkreis Zwickau holte er mit 25,6 Prozent das Direktmandat. Vor seiner Zeit als Abgeordneter war er erfolgreicher Cellist und Berufsmusiker. Er begründet seinen neuen Nebenjob damit, dass er ein „Zeichen der Verständigung“ speziell an junge Menschen senden möchte. „Musik kennt keine ideologischen Grenzen.“

Die Gnessin Russian Academy of Music ist eine international bekannte Musikhochschule in Russland. 2022, nur wenige Tage nach Putins Invasion in der Ukraine, machte sie wegen Kriegspropaganda Schlagzeilen. Moosdorf behauptet, er könne keine politische Ausrichtung der Gnessin-Musikhochschule erkennen. „Sie interessiert mich auch nicht.“ Seine Tätigkeit gelte „ausschließlich der Musik als weltweiter Sprache der Versöhnung und Verständigung“.

In der AfD sind die Verbindungen nach Russland stark: Funktionäre reisen immer wieder zu Beobachterreisen, um die undemokratischen Wahlen des Kremls zu legitimieren – zuletzt machten das drei bayerische Landtagsabgeordnete im März, als Wladimir Putin als Präsident wiedergewählt wurde. Sie traten ebenso wie zahlreiche andere AfD-Mandatsträger in russischen Propaganda-TV-Sendern auf. Inhaltlich geriert sich die AfD als „Friedenspartei“: Ihre Funktionäre fordern ein Ende der Sanktionen gegen Moskau, Gebietsabtretungen der Ukraine an Russland und betonen die Mitschuld des Westens am Krieg in der Ukraine.

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