Mehrere Jahre in Haft
Abgeschobener Intensivtäter droht mit Rückkehr – und Anschlag
Aktualisiert am 13.09.2024 – 03:41 UhrLesedauer: 4 Min.
Ein mehrfach straffälliger Asylbewerber wird nach langem Gezerre schließlich abgeschoben. Zurück in seiner Heimat droht er nun deutschen Behörden.
Zehn Jahre hielt Tarike J. die Behörden im thüringischen Apolda in Atem. Der marokkanische Asylbewerber war polizeibekannt, er beging dutzende Straftaten, fiel unter anderem durch Drogenschmuggel, Nötigung, Körperverletzung und Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte auf. Er saß mehrere Jahre in Haft. Einmal aus dem Gefängnis entlassen, wurde er wenig später wieder straffällig.
In der vergangenen Woche wurde der 42-Jährige schließlich in seine Heimat abgeschoben. Begleitet von vier Sicherheitsbeamten schafften die deutschen Behörden den abgelehnten Asylbewerber nach Casablanca, wie mehrere Medien berichten. Nachdem kommunale Behörden offenbar lange Zeit vergeblich versucht hatten, den Mann loszuwerden, soll sich zuletzt sogar Thüringens Innenminister Georg Maier (SPD) des Falles angenommen und auf eine rasche Abschiebung hingewirkt haben. Der Prozess hatte sich auch deshalb hingezogen, weil der Marokkaner keine Ausweispapiere besaß und marokkanische Behörden die nötigen Papiere erst beschaffen und nach Deutschland transferieren mussten.
Wie die „Bild“-Zeitung berichtet, soll Tarike J. zuletzt selbst auf seine Abschiebung gedrängt haben, wohl auch, weil ihm in Deutschland ein weiterer Prozess wegen gefährlicher Körperverletzung drohte. Dieses Verfahren ist nun vorerst eingestellt worden, da der Angeklagte abgeschoben wurde. Sollte der abgelehnte Asylbewerber Deutschland wieder betreten, würde der Prozess gegen ihn fortgesetzt werden.
Und genau das, nämlich eine Rückkehr, deutete der Intensivtäter nun in sozialen Medien an. In einem Video auf TikTok kündigte er nicht nur einen Anschlag auf die deutsche Polizei an, er droht offenbar auch angeblichen Schuldnern in Deutschland. Diese sollten ihm umgehend Geld überweisen, ansonsten würde er „seine Jungs“ anrufen, die das dann „für ihn regeln“, wie unter anderem die „Thüringer Allgemeine“ berichtet.
In dem TikTok-Video sendet er auch eine Droh-Botschaft an die deutschen Behörden. So schreibt er in dem sozialen Kanal, dass er sich nach einer Rückkehr nach Deutschland auch an staatlichen Behörden rächen wolle („Ich komm zurück, ficke jeden von euch. Bullen, Bastard, aber mit C.“). Er werde dann nicht mehr nur einen Geldautomaten „springen“ (offenbar meint er „sprengen“), sondern auch eine Polizeistation. Tarike J. trägt in dem Video ein Fußballtrikot der deutschen Nationalmannschaft und lacht in die Kamera.
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Ob er wirklich plant, nach Deutschland zurückzukehren, ist fraglich. Der Zeitung „Welt“, die ihn in Marokko aufspürte, sagte er, er plane keine Rückkehr. Allerdings ist J. schon einmal nach Deutschland zurückgekehrt, nachdem ihn die deutschen Behörden nach Italien abgeschoben hatten. Dort war er 2014 zum ersten Mal registriert worden. Nach dem Dublin-Abkommen war Italien als Erstaufnahmeland für den geflüchteten Marokkaner zuständig. Doch nur vier Tage nach seiner Ausreise nach Italien war er schon wieder zurück in Thüringen.
Dort hat er eine fünfjährige Tochter mit einer Deutschen. Seine ehemalige Partnerin erwirkte gegen Tarike J. offenbar bereits eine einstweilige Verfügung, demnach darf er sich seiner Familie nicht nähern. Dennoch will er seine Tochter bald wiedersehen, wie er der „Welt“ sagte.
Der Fall zeigt die Schwierigkeiten, mit denen die Behörden in der deutschen Asylpolitik zu kämpfen haben. Die Verfahren sind oftmals lang, die Kooperation zwischen den einzelnen EU-Staaten, vor allem aber auch zwischen der EU und den Herkunftsländern oft schwierig. So zeigte sich Marokko lange unwillig, in dem Fall tätig zu werden und J. neue Papiere auszustellen. Diese sind für eine ordnungsgemäße Abschiebung aber zwingend notwendig.
Da Marokko, Algerien und Tunesien nach wie vor nicht als sichere Herkunftsstaaten anerkannt sind, sind Abschiebungen in diese Länder hohe Hürden gesetzt. Zwar hatte der Bundestag diese Anerkennung im Jahr 2019 bereits beschlossen – gegen die Stimmen der Linken, der Grünen und Teilen der SPD –, doch das Vorhaben scheiterte schließlich an der fehlenden Zustimmung durch den Bundesrat. Die damalige Grünen-Chefin Annalena Baerbock hatte erklärt, ihre Partei habe Zweifel, ob die Maghreb-Staaten tatsächlich für alle Menschen sicher seien. Für Homosexuelle, Frauen, Journalisten oder Gewerkschafter sei dies etwa „nicht der Fall.“