Häufig wird bei Verkäufen oder Krediten von Wucher gesprochen. Wir klären auf, wann tatsächlich Wucher vorliegt und welche Rechte bestehen.
Ein Kreditgeber verlangt für einen Privatkredit 40 Prozent Zinsen; ein Getränkehändler verkauft im Sommer eine Flasche Mineralwasser für zehn Euro. In beiden Fällen sagen viele, dass es sich hierbei um Wucherpreise handelt. Doch ab wann spricht man eigentlich von „Wucher“?
Die Rechtsgrundlage für den Tatbestand des Wuchers ist im § 138 BGB (Bürgerliches Gesetzbuch) geregelt. Demnach müssen zwei Tatbestände erfüllt sein.
Für die Beurteilung, ob ein Missverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung vorliegt, gilt die folgende Grundnorm. Der Preis darf nicht mehr als das Doppelte des marktüblichen Preises betragen. Das Problem hierbei ist die Ermittlung des marktüblichen Preises.
Die zweite Voraussetzung hängt von den Umständen ab. Befindet sich der Käufer in einer sehr schwierigen Zwangslage, verfügt er über wenig Sachverstand oder ist völlig unerfahren, liegt eine Notlage vor. Damit Wucher angenommen werden kann, muss der Vertragspartner diese Notlage bewusst zu seinen Gunsten ausgenutzt haben.
Bei einem Privatkredit mit einem Zinssatz von 40 Prozent dürfte es sich um Wucher handeln. Wenn ein Kreditnehmer bei keiner Bank einen Kredit zu marktüblichen Konditionen bekommt und einen Privatkredit mit derart hohen Zinsen abschließt, ist anzunehmen, dass er sich in einer Notlage befindet.
Anders verhält es sich beim Verkauf von Mineralwasser zum Preis von zehn Euro pro Flasche. Der Preis dürfte zwar das Doppelte des marktüblichen Preises übersteigen. Bei der Beurteilung der Ausnutzung einer Notlage kommt es aber auf die Umstände an.
Wenn ein potenzieller Käufer an akutem Durst leidet und kein anderer Verkäufer in der Nähe ist, liegt eindeutig eine Ausnutzung einer Notlage vor. Befinden sich jedoch andere Getränkegeschäfte mit günstigeren Getränkepreisen in der Nähe, kann nicht von einer Notlage gesprochen werden.
Rechtsgeschäfte, die gegen die guten Sitten verstoßen, sind nach § 138 Abs. 1 BGB nichtig. Somit besteht die Möglichkeit einer Rückabwicklung. Sollte dies nicht mehr möglich sein, ist ein Schadensersatz seitens des Verkäufers zu leisten.
Nach § 291 StGB (Strafgesetzbuch) können sogar Geldstrafen oder Freiheitsstrafen verhängt werden, wenn das bewusste Ausnutzen einer Notlage vorliegt. Die Beurteilung, ob Wucher vorliegt und ob Strafmaßnahmen verhängt werden, hängt immer vom Einzelfall ab. Darüber entscheiden die Gerichte.