Was plant ein Milliardär aus der Provinz mit dem krawalligen Portal des früheren „Bild“-Chefs Julian Reichelt? Investor Frank Gotthardt spricht erstmals darüber – und redet von „staatsbürgerlicher Verantwortung“.
Neuer Wirbel um das Krawall-Internetportal „Nius“: Gerade erst ist durch t-online-Recherchen bekannt geworden, dass die Webseite des früheren „Bild“-Chefredakteurs Julian Reichelt nach Beschwerden zu möglichen Verstößen gegen die journalistische Sorgfaltspflicht ins Visier der Landesmedienanstalt geraten ist. Jetzt erscheint – wohl tatsächlich zufällig passend dazu – ein Gespräch, in dem Reichelts milliardenschwerer Investor sein Schweigen bricht.
Frank Gotthardt, Gründer der börsennotierten Compugroup Medical (CGM), hat für Kritik wenig Verständnis – und noch einige Pläne mit dem Portal. Der 73-jährige Informatiker und Unternehmer lebt in einem Ort vor den Toren von Koblenz, wo auch seine Firma CGM ihren Sitz hat. In einem regionalen Podcast hat Gotthardt nun erstmals darüber gesprochen, was ihn bei seinem Engagement antreibt – ein Novum, denn bislang hatte er Anfragen dazu nie beantwortet. Politik, das wird in dem gut einstündigen Gespräch klar, spielt für Gotthardt dabei eine große Rolle – und „Nius“, so der Milliardär, stehe „sicher nicht in der Mitte“.
Das sagt Gotthard im Podcast „Rund ums Eck – der Koblenz-Podcast“ über …
… seine Motive: Gotthardt engagiert sich seit zehn Jahren bei kleinen Sendern, die bundesweit nur auffielen, weil dort eine Kooperation mit Material chinesischer Staatsmedien im Programm war, wie die „Süddeutsche Zeitung“ enthüllte. Im Podcast sagt er nun, er sei mit „Nius“ „weitergehend eingestiegen“. Der Grund: Er glaube, „dass unsere Medienlandschaft eine Ergänzung im konservativen Bereich braucht“. Die Übermacht der Medien, die eher links zu verorten seien, sei sehr groß, „da muss man einfach was tun.“ Das sei sein Anreiz gewesen, „aus der staatsbürgerlichen Verantwortung“. Er glaube aber auch, dass das Vakuum es ermögliche, unternehmerisch „in der sonst so umkämpften Medienwelt dann doch noch mal als Newcomer einzusteigen“.
… die Zukunft von „Nius“: Gotthardt verrät, dass das Portal mit vielen Videoanteilen „demnächst auch mit Radio und vielleicht irgendwann auch mal mit Fernsehen“ auftreten soll. Fürs Radio gebe es konkrete Pläne, für einen Fernsehkanal noch nicht. Bisher sei die Entwicklung sehr zufriedenstellend. „Ob das jetzt erfolgreich ist, wird die Zukunft zeigen.“ Man habe aber noch gar nicht angefangen, Marketing zu machen. Es sei richtig, dass das Angebot „eher leichte Kost“ ist. Aber es gebe „demnächst Formate, wo das Thema Hintergrundberichterstattung herausgearbeitet wird“.
… Julian Reichelt: Der frühere „Bild“-Chef, der im Springer-Verlag nach Vorwürfen des Machtmissbrauchs gehen musste, ist seit ein paar Tagen auch einer der geschäftsführenden Direktoren von Gotthardts Medienfirma. Die Diskussion um Reichelt nach dem Rauswurf bei Springer habe „den einen oder anderen abgeschreckt, und ich habe mir auch meine Gedanken gemacht“, sagt Gotthardt. Er habe sich zum ersten Treffen aber „schlau gemacht (…) und ich glaube, einschätzen zu können, was es mit den Themen, die um ihn herum aufgebaut wurden, auf sich hatte“. Reichelt, der von sich sagt, er stehe politisch bei der Strauß-CSU und den Reagan-Republikanern, sei „enorm motiviert und 100 Prozent in unserem Gefüge Deutschland eingebettet“. Gotthardt weiter: „Es gibt nicht beliebig viele Menschen, die eine gute Einordnung in ein Gefüge haben und sich da auch verlässlich zeigen, die gleichzeitig enorme Motivation, enormen Energieüberschuss und Charisma haben.“
… die Ausrichtung von „Nius“: „Nius“ sei „sicher nicht“ in der Mitte. „Die neue Mitte ist ja links, insofern müssen wir rechts von der Mitte sein. In einem Gefüge vor 30 Jahren wären wir in der Mitte gewesen, weil die Mitte nach links gedriftet ist.“ „Nius“ solle einen Gegenpol darstellen, „in einem heute noch unterbelichteten Bereich“.
… seine politische Orientierung: Er sei schon als Kind politisch und früh ein Kümmerer und Organisator gewesen. Sein erstes politisches Engagement sei es gewesen, ein Sit-in von Tausenden Schülern gegen eine Fahrpreiserhöhung der Wuppertaler Stadtwerke zu organisieren. Mit dem Informatikstudium – er war in Bonn einer der ersten Studenten des Studiengangs – habe er sich weniger engagiert. Als Unternehmer sei er dann in den Wirtschaftsrat der CDU eingetreten. „Da war ich wieder politisch unterwegs.“ Über seine Verbindungen zu CDU-Politikern spricht er nicht. Er sei kein Parteimitglied, „aber natürlich arbeite ich Themen ab, die dann auch der CDU dienlich sind“.