Der Leiter der Münchner Sicherheitskonferenz, Christoph Heusgen, sprach bei „Maischberger“ über einen möglichen Krieg mit Russland. Außerdem Thema: das Bürgergeld.
Deutschland steht vor großen Herausforderungen – innenpolitisch wie weltpolitisch. Wie schwierig beide Situationen tatsächlich sind, diskutierte am Mittwochabend eine Expertenrunde bei „Maischberger“.
Die Gäste
- Christian Dürr: FDP-Fraktionsvorsitzender
- Gregor Gysi: Langjähriger Fraktionsvorsitzender der Linkspartei
- Christoph Heusgen: Ehemaliger Diplomat und Leiter der Münchner Sicherheitskonferenz
- Theo Koll: Langjähriger Leiter des ZDF-Hauptstadtstudios
- Susanne Gaschke: Autorin der Neuen Zürcher Zeitung
- Luisa Thomé: Stellvertretende Leiterin im Ressort X bei Zeit Online
Zunächst stand eine Bestandsaufnahme der Ampelkoalition auf dem Programm. Überschwänglich positiv wollte keiner der Gesprächsteilnehmer deren Arbeit kommentieren. „Ist die Ampel besser als ihr Ruf?“, fragte Moderatorin Sandra Maischberger im Laufe der Diskussion. Der langjährige Leiter des ZDF-Hauptstadtstudios Theo Koll beantwortete dies wenig schmeichelnd: „Die Lage ist so schlecht, dass man vielleicht sagen kann, die Ampel ist ein bisschen besser als die Lage“.
Über den für Olaf Scholz’ Verhältnisse durchaus hitzigen Schlagabtausch mit CDU-Chef Friedrich Merz meinte Koll, dass man zwar einen emotionalen Kanzler erlebt habe, jedoch keinerlei Anzeichen von Konsens zwischen Koalition und Opposition habe erkennen können. Genau das sei aber das, was sich die Bürger und Bürgerinnen Deutschlands von der Politik erwarten.
Ähnlich sah das die Journalistin Luisa Thomé: Man habe zwar „immerhin einen emotionalen Kanzler“ erlebt, jedoch sei dies nichts, was Bürger und Bürgerinnen beruhigen würde. Auch sie betonte, dass ein Konsens wichtig wäre. Susanne Gaschke kritisierte, Scholz würde viel von Respekt reden, dann aber keine einzige Journalistenfrage beantworten. „Jetzt nennt er Merz eine Mimose – und das liegt daran, dass er sich doch getroffen fühlt von der harten Kritik an seiner Regierungsführung“. Die Ampel agiere gegenüber der Opposition mit Arroganz.
Gysi über Bürgergeld: „Du darfst nicht nach unten gucken“
Ein besonderer Streitpunkt ist derzeit die Erhöhung des Bürgergelds. Viele Bürger kritisieren, dass dadurch der Anreiz zu arbeiten für viele wegfalle. Im Zwiegespräch mit dem FDP-Fraktionsvorsitzenden Christian Dürr meinte der langjährige Chef der Linken, Gregor Gysi, dass man diese Situation den Bürgern anders erklären müsse. „Du darfst nicht nach unten gucken, du musst nach oben gucken. Da oben wird viel mehr verdient. Und wenn die weniger Bürgergeld hätten, hättest du ja auch nicht mehr.“
Dürr erklärte, man wolle nicht Arbeitende gegen Arbeitslose ausspielen, sondern Arbeitsanreize setzen. Während Koll meinte, Bürger würden sich bei all dem Fokus auf Sozialleistungen fragen, ob dies noch die Regierung der Arbeitnehmer sei, unterstrich Dürr die eigene Arbeit: „Wir senken für die Mitte die Einkommensteuer. Da geht es ganz konkret um mehr Netto in der Tasche, für die, die morgens aufstehen und ranklotzen.“
171 Milliarden Euro gehen im nächsten Jahr an Soziales – das sind neun Milliarden mehr als im vergangenen Jahr. Allerdings fließe der Großteil davon nicht in das Bürgergeld, sondern in die Rentenversicherung, die „nicht enkelfit“ sei, so Dürr. Gysi hatte hier wenig überraschend andere Vorstellungen als die FDP: „Ich würde die Rente nicht dem Aktienmarkt aussetzen. Die Lösung besteht in etwas anderem.“ Es sei etwa notwendig, dass alle mit Erwerbseinkommen in die Rentenversicherungen einzahlen müssen, so Gysi.
Auch auf seine ehemalige Parteikollegin und jetzige Konkurrentin Sahra Wagenknecht kam er zu sprechen – und rechnete ihrem Wahlprogramm keine langfristigen Chancen zu. „Sie will eine Mischung anbieten. Flüchtlingspolitik wie die AfD, Wirtschaftspolitik wie Ludwig Erhard schwebt ihr vor. Die Sozialpolitik ein bisschen wie die Linken. Sie glaubt, dass sie von allen Kreisen Wähler bekommt. Das kann am Anfang sogar funktionieren, aber langfristig nicht. Meine Erfahrung ist: Immer, wenn du eine Mischung anbietest, ist das schlussendlich eine Verlustrechnung.“
Dürr versteht indes nicht, wofür das Bündnis Sahra Wagenknecht steht. „Sie wollen aus der Nato raus, das ist AfD-Programmatik, das muss man ganz klar sagen.“ Er glaube, dass sich die Wähler irgendwann fragen, wofür Wagenknecht eigentlich stehe. Bislang sei sie mehr durch die Chaotisierung in der Linkspartei aufgefallen. „Deswegen bin ich mir unsicher, ob sie das als eigene Partei reißen kann“.
Wagenknecht habe etwas erkannt, was andere Parteien bislang vernachlässigt haben, attestierte Thomé später: „Nämlich dass die Wählerschaft sehr heterogen ist. Es werden Wähler zu oft in Schubladen gesteckt.“ Über die umstrittene Bezahlkarte für Flüchtlinge meint sie, dass dies nur eine schnelle Lösung, aber kein besonders würdiges Instrument sei. Man betreibe damit Pauschalisierung. „Ich glaube, es ist erstmal ein gut funktionierendes Zeichen“, meinte sie – Probleme löse dies jedoch nicht.