Schwarz-Rot will das „Heizungsgesetz abschaffen“. So steht es im Koalitionsvertrag. Doch Union und SPD sind sich nicht einig, was das bedeutet.
Markus Söder braucht einige Minuten, bis er rhetorisch im Heizungskeller angekommen ist. „Übrigens“, sagt der CSU-Chef am Mittwoch, als Schwarz-Rot den Koalitionsvertrag vorstellt: Das „Heizgesetz“ werde „abgeschafft“ und wie das Bürgergeld „durch wesentlich effizientere Systeme ersetzt“. Dann aber ist der sonst so wortgewaltige Markus Söder, der das Gesetz mal als „echtes Desaster“ bezeichnet hat, auch schon beim nächsten Thema.
Es ist erstaunlich, wie beiläufig das vermeintliche Ende des Heizungsgesetzes an diesem Tag daherkommt. Bald-Kanzler Friedrich Merz und SPD-Chef Lars Klingbeil, die beide vor Söder reden, erwähnen es nicht einmal. Ein Gesetz immerhin, das vor allem die Union mit freundlicher Unterstützung des Boulevards („Habecks Heiz-Hammer“) monatelang für Attacken gegen die Ampelregierung genutzt hatte.
Über kein anderes Vorhaben hat Deutschland in den vergangenen Jahren so erbittert gestritten. Und jetzt findet es ein so beiläufiges Ende? Die schwarz-rote Zurückhaltung – sie liegt vielleicht auch daran, dass nach wie vor nicht klar ist, was das eigentlich bedeuten soll: das Heizungsgesetz „abzuschaffen“.
In den 144 Seiten des Koalitionsvertrags findet sich zum Heizungsgesetz, das eigentlich Gebäudeenergiegesetz heißt, kurz GEG, nur wenig mehr als das, was Markus Söder am Mittwoch referiert. „Wir werden das Heizungsgesetz abschaffen“, heißt es dort auf Seite 24 unter anderem. Und: „Das neue GEG machen wir technologieoffener, flexibler und einfacher.“
Es ist ein Formelkompromiss, der wie alle Formelkompromisse den Nachteil hat, dass jeder etwas anderes darunter verstehen kann. Den Eindruck gewinnt schnell, wer sich bei den Verhandlern von Union und SPD umhört. Viele wollen sich mit Details lieber nicht zitieren lassen, die Sache ist heikel, weil die Regierung noch nicht mal im Amt ist – und die Vorstellungen weit auseinandergehen.
Es fängt schon damit an, dass in der SPD längst nicht alle glücklich darüber sind, dass das mit dem „Abschaffen“ nun überhaupt im Koalitionsvertrag steht. Manche haben die Sorge, dass solche vollmundigen Versprechen und erneut geänderte Regeln alles noch mal schlimmer machen könnten. Zumal sich die entstandene Verunsicherung durch das Gesetz natürlich nicht einfach so „abschaffen“ lässt.
Wer besser verstehen will, warum es gerade bei diesem Gesetz nicht mehr Klarheit gibt, muss ein paar Wochen zurückschauen. In die Zeit nämlich, als die 16 Facharbeitsgruppen von Union und SPD die Grundlagen für den Koalitionsvertrag erarbeitet und in den inzwischen allesamt öffentlichen Papieren festgehalten haben.
Alles beginnt mit einem Koordinationsproblem. Für das Heizungsgesetz fühlte sich damals nicht nur die AG „Klima und Energie“ zuständig, sondern auch die AG „Verkehr und Infrastruktur, Bauen und Wohnen“. Die Bau-AG wird schneller fertig als viele andere Arbeitsgruppen. Und ihr Ergebnispapier landet auf den Tischen der Klima-AG.
- Fragen und Antworten: Das steht aktuell im Heizungsgesetz
Das Papier enthält schon die Formulierung, die es am Ende in den Koalitionsvertrag schafft: „Wir werden das Heizungsgesetz abschaffen.“ In der Klima-AG sind die Vertreter der SPD gar nicht begeistert, so wird es kolportiert. Zum einen, weil sie sich für das Heizungsgesetz zuständig sehen. Aber vor allem, weil sie das mit dem „Abschaffen“ anders als die Genossen in der Bau-AG gar nicht in den Text schreiben wollen.
Das Papier der Bau-AG, so berichten es Beteiligte, beendet die Verhandlungen über das Heizungsgesetz in der Klima-AG faktisch, bevor es eine Einigung gibt. Im Klima-Papier wird anschließend nur noch der Dissens festgeschrieben. Es gibt dort zwei Textblöcke zum Heizungsgesetz: einen in Blau mit der Unionsformulierung. Und einen in Rot mit dem Vorschlag der SPD.
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